Zazie in der Metro ist kein Buch über die Pariser Metro und nur nebenbei ein Buch über die Göre Zazie; es ist vielmehr ein Buch über Paris, ein Buch über die Sprache des Alltags, ein Buch, das alles auf den Kopf stellt, sich über alles lustig macht, auch über sich selbst. Die Verfilmung des Romans von Louis Malle ist ein Muss für alle Liebhaber des klassischen Slapstick-Films.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.07.2019Waschtinkndiso, dachte Gabriel entnervt
Ein schönes Geschenk zum Sechzigsten: Der Roman "Zazie in der Metro", das Meisterwerk des großen Sprachartisten Raymond Queneau, liegt nun in einer Neuübersetzung vor.
Was ist Frechheit? Bürgerlich gesehen, ist jemand frech, der zu direkt und damit unverschämt ist, den Ton nicht trifft, die Grenzen überschreitet - aber nur ein Stück weit, sonst kommt man in den Bereich von Beleidigung abwärts. Justitiabel ist Frechheit nicht. Dafür hat sie einen soliden ästhetischen Anschluss: Sie erlaubt sich freien Umgang mit etablierten Formen; wenn sie Witz und Wortspiel einsetzt, dann wird sie zu jener produktiven Transgression, die seit 200 Jahren als Nonplusultra von Literatur gilt. Freilich ist sie eine gemäßigte Variante: Die Brutalität avantgardistischer Bilderstürmerei ist ihr fremd.
Raymond Queneau (1903 bis 1976) ist einer der großen Frechen des zwanzigsten Jahrhunderts, und seine frechste Figur ist Zazie. Frank Heibert weist im Nachwort zur Neuübersetzung von "Zazie in der Metro" (1959) darauf hin: Sie erinnert an Pippi Langstrumpf, Astrid Lindgrens Kinderbuchheldin, die, das sei ergänzt, in Frankreich bis 1995 nur gezähmt ihr Unwesen treiben durfte. Zazie hingegen ist eine obszöne Göre, die in ihrem Kaff Saint Montron (der Ankunftsbahnhof legt Saint-Amand-Montrond im Département Cher nahe) ordentlich schimpfen gelernt hat: "Mon cul!" ("Leck mich!") ist die Floskel, mit der sie Erwachsene bedenkt.
Anlass dazu hat sie. Ihre Mutter Jeanne Grossestittes bringt sie nach Paris mit, weil "sie einen Kerl am Start hat". Sie wird, wie der geneigte Leser am Schluss erfährt, einen Tag und zwei Nächte mit seinem "Detail" verbracht haben, das "jetzt eher nach einem glücklich gestillten Säugling aussah". In der Zwischenzeit vertraut sie Zazie ihrem Bruder und seiner Frau Marceline an. Gabriel ist offiziell Nachtwächter, arbeitet in Wirklichkeit jedoch als Cabaret-Tänzerin; die stets als "sanft" bezeichnete Marceline hütet brav das Haus, hat am Ende aber einen Inkognito-Auftritt, der eine gewisse sexuelle Ambivalenz nahelegt. Der Mikrokosmos wird komplettiert durch Gabriels Freund Charles, Taxifahrer, Restaurantbesitzer Turandot, dessen Papagei Laverdure ("Du quatscht und quatscht, sonst hast du nichts zu bieten"), Kellnerin Mado Clainefousse, die von Charles umworben wird, und Schuster Gridoux.
Eine Metro-Fahrt: Was sie sich sehnlichst erhofft, bekommt Zazie nicht oder zumindest nicht richtig (am Ende, im Halbschlaf). Sie erlebt dennoch einiges: Am ersten Morgen büxt sie aus und wird von einem Unbekannten angesprochen, der ihr eine Jeans kauft. Er bringt sie nach Hause, will sich nach den Familienumständen erkundigen, wird jedoch kurzerhand abserviert. Es folgt ein Eiffelturm-Besuch mit Gabriel und Charles, der damit endet, dass Gabriel von einer Touristengruppe entführt wird, denen er die Sainte-Chapelle zeigen muss. Zazie jagt ihm mit der Witwe Dassemire und einem Polizisten namens Ramlère hinterher, der niemand anders als der anonyme Schnüffler ist. Als sie Gabriel finden, hat der "Erzführer" seine Rolle akzeptiert: Er bringt die Touristen in ein billiges Bistro und zum "Mont-de-Piété", "der berühmtesten Disco für Tunten in der Hauptstadt (und an solchen fehlte es nicht)", um ihnen seine Tanznummer zu zeigen. Die Nacht endet in einer Schlägerei, welcher die Witwe zum Opfer fällt; es tagt, Zazie wird zurück zum Bahnhof gebracht.
Das wird so rasant erzählt, wie es klingt - nicht umsonst wurde "Zazie in der Metro" in ein Dutzend Sprachen übersetzt, über eine Million Mal verkauft und von Louis Malle verfilmt. Der Roman funktioniert, weil hinter Abgebrühtheit und Sprachwitz Abgründe stecken, sowohl psychologisch als auch literarisch. Psychologisch: Zazie ist nach einem Übergriff ihres Vaters und dessen Ahndung durch die Mutter ("schon hat er ne Axt im Kopf") Halbwaise. Sprachlich: Queneau zieht eine zweite Ebene ein und schafft Fallhöhe. So steht am Anfang, nach der Pöbelsequenz am Bahnhof, ein Erzählerkommentar zu Zazies Onkel, der ahnen lässt, dass dem Autor Schimpfen kein Selbstzweck ist: ",Bedien dich mal deiner Vernunft.' Zuweilen zeichneten sich Gabriels Äußerungen durch einen leicht kantischen Thomismus aus." Relevantes wird im Medium des Spielerischen verhandelt.
Die auf den ersten Blick schnoddrige Sprache trägt wesentlich dazu bei, dass "Zazie in der Metro" so frisch wirkt. Nach einer surrealistischen Phase hatte Queneau seit etwa 1930 an einer Spracherneuerung durch das Mündliche und die Umgangssprache gearbeitet: Im Anschluss an Louis-Ferdinand Céline - der seinen Stilbegriff ausgerechnet am Motiv der Metro entwickelt - versucht er, dem abstrakten und stark normierten Französischen neues Leben einzuhauchen, durch Umgangssprache und phonetische Schreibweise. Im Spätwerk hielt Queneau den Versuch für gescheitert und kultivierte wieder einen traditionelleren Stil.
Die Übersetzung von Frank Heibert will 59 Jahre nach der Erstübertragung Eugen Helmlés eine Aktualisierung vorlegen - denn tatsächlich hat Mündlichkeit den Nachteil, dass sie schwächer kodifiziert und damit wandelbarer ist als Schriftsprache. Die neue Ausgabe hat den zusätzlichen Vorteil, dass sie zwei verworfene Kapitel enthält, die in der Pléiade-Ausgabe zugänglich sind: In diesen fährt Zazie tatsächlich Metro. Die Anmerkungen des Übersetzers sind eine Verständnishilfe, ebenso manche Erläuterungen des Nachworts.
Der Eindruck der Übersetzerleistung aber ist zwiespältig. Einerseits sind einige, auch wichtige, Entscheidungen nicht nachvollziehbar. Warum wird im dritten Satz "nicht mal elf Prozent" zu "nur jede neunte"? Die Präzision des Originals erzeugt erstens Fallhöhe zum berühmten Anfangssatz ("Waschtinkndiso, dachte Gabriel entnervt"), zweitens ist sie bei Queneau, Mitglied der Société mathématique de France, kein Detail. Oder die Übersetzung der Abreisezeit: "6 h 60" ist zwar absurd, aber klar am Morgen (was der Handlung entspricht) - "18 Uhr 60" führt in die Irre. Im Hintergrund dazu steht die Frage, ob Heibert Queneaus Sprachphilosophie richtig einschätzt. Heibert betont die Lust am Sprachspiel und kritisiert, dass die Literaturwissenschaft "die phonetische Notierung von Mündlichkeit" bei Queneau "etwas hoch gegriffen" als "néo-français" bezeichne - allerdings stammt der Ausdruck aus Queneaus Essaysammlung "Bâtons, chiffres et lettres" (1950), deren Reflexionen linguistisch genährt sind. Der Oulipo-Mitbegründer ist gerade als Sprachspieler wissenschaftsaffin, was Heibert übergeht.
Die - unübliche - Veränderung der Eigennamen ist diskutabel. Mado Ptits-pieds zu Mado Clainefousse phonetisierend halb zu übersetzen, wirkt etwas unausgegoren; dasselbe gilt für Zazies Mutter, Jeanne Lalochère ("les loches" ist Argot für "großer Busen"), die zu Jeanne Grossestittes wird. Weniger gravierend: Warum wird "Eh bien, tu te trompes, ptite mère, tu te trompes" zu "Tja da hast du recht, bloß anders, als du denkst"? Die Wiederholung geht flöten, die neue Anspielung ist dunkel, die "ptite mère" (Helmlé: "Mütterchen") fehlt. "Pas bête la guêpe, hein?" überträgt Heibert mit "Fuchs, oder?", ohne Gleichklang, ohne die Besonderheit der Wendung (die Klugheit der Wespe) und ohne ihre leichte Veraltung (schon 1959 sagte man eher "Pas folle, la guêpe").
Andererseits korrigiert er Überfälliges, etwa Gabriels Beruf von "Schönheitstänzerin" (Helmlé) zu "Cabaret-Tänzerin", was "danseuse de charme" besser trifft. "Leck mich" für "Mon cul" ist genauer als "am Arsch" (Helmlé), weil ähnlich beleidigend; auch der Gebrauch der Zeiten ist sorgfältiger. Vor allem überzeugt der Gesamtton: Queneaus Roman wirkt wie eben geschrieben, prickelt vor Witz und Dreistigkeit; museale Mündlichkeit meidet Heibert ebenso wie Anbiederung an den heutigen Zeitgeist. Das ist ein schönes Geschenk zum 60. Geburtstag des Romans.
NIKLAS BENDER.
Raymond Queneau: "Zazie in der Metro". Roman.
Aus dem Französischen, mit Anmerkungen und einem Nachwort von Frank Heibert. Suhrkamp Verlag, Berlin 2019. 240 S., geb., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein schönes Geschenk zum Sechzigsten: Der Roman "Zazie in der Metro", das Meisterwerk des großen Sprachartisten Raymond Queneau, liegt nun in einer Neuübersetzung vor.
Was ist Frechheit? Bürgerlich gesehen, ist jemand frech, der zu direkt und damit unverschämt ist, den Ton nicht trifft, die Grenzen überschreitet - aber nur ein Stück weit, sonst kommt man in den Bereich von Beleidigung abwärts. Justitiabel ist Frechheit nicht. Dafür hat sie einen soliden ästhetischen Anschluss: Sie erlaubt sich freien Umgang mit etablierten Formen; wenn sie Witz und Wortspiel einsetzt, dann wird sie zu jener produktiven Transgression, die seit 200 Jahren als Nonplusultra von Literatur gilt. Freilich ist sie eine gemäßigte Variante: Die Brutalität avantgardistischer Bilderstürmerei ist ihr fremd.
Raymond Queneau (1903 bis 1976) ist einer der großen Frechen des zwanzigsten Jahrhunderts, und seine frechste Figur ist Zazie. Frank Heibert weist im Nachwort zur Neuübersetzung von "Zazie in der Metro" (1959) darauf hin: Sie erinnert an Pippi Langstrumpf, Astrid Lindgrens Kinderbuchheldin, die, das sei ergänzt, in Frankreich bis 1995 nur gezähmt ihr Unwesen treiben durfte. Zazie hingegen ist eine obszöne Göre, die in ihrem Kaff Saint Montron (der Ankunftsbahnhof legt Saint-Amand-Montrond im Département Cher nahe) ordentlich schimpfen gelernt hat: "Mon cul!" ("Leck mich!") ist die Floskel, mit der sie Erwachsene bedenkt.
Anlass dazu hat sie. Ihre Mutter Jeanne Grossestittes bringt sie nach Paris mit, weil "sie einen Kerl am Start hat". Sie wird, wie der geneigte Leser am Schluss erfährt, einen Tag und zwei Nächte mit seinem "Detail" verbracht haben, das "jetzt eher nach einem glücklich gestillten Säugling aussah". In der Zwischenzeit vertraut sie Zazie ihrem Bruder und seiner Frau Marceline an. Gabriel ist offiziell Nachtwächter, arbeitet in Wirklichkeit jedoch als Cabaret-Tänzerin; die stets als "sanft" bezeichnete Marceline hütet brav das Haus, hat am Ende aber einen Inkognito-Auftritt, der eine gewisse sexuelle Ambivalenz nahelegt. Der Mikrokosmos wird komplettiert durch Gabriels Freund Charles, Taxifahrer, Restaurantbesitzer Turandot, dessen Papagei Laverdure ("Du quatscht und quatscht, sonst hast du nichts zu bieten"), Kellnerin Mado Clainefousse, die von Charles umworben wird, und Schuster Gridoux.
Eine Metro-Fahrt: Was sie sich sehnlichst erhofft, bekommt Zazie nicht oder zumindest nicht richtig (am Ende, im Halbschlaf). Sie erlebt dennoch einiges: Am ersten Morgen büxt sie aus und wird von einem Unbekannten angesprochen, der ihr eine Jeans kauft. Er bringt sie nach Hause, will sich nach den Familienumständen erkundigen, wird jedoch kurzerhand abserviert. Es folgt ein Eiffelturm-Besuch mit Gabriel und Charles, der damit endet, dass Gabriel von einer Touristengruppe entführt wird, denen er die Sainte-Chapelle zeigen muss. Zazie jagt ihm mit der Witwe Dassemire und einem Polizisten namens Ramlère hinterher, der niemand anders als der anonyme Schnüffler ist. Als sie Gabriel finden, hat der "Erzführer" seine Rolle akzeptiert: Er bringt die Touristen in ein billiges Bistro und zum "Mont-de-Piété", "der berühmtesten Disco für Tunten in der Hauptstadt (und an solchen fehlte es nicht)", um ihnen seine Tanznummer zu zeigen. Die Nacht endet in einer Schlägerei, welcher die Witwe zum Opfer fällt; es tagt, Zazie wird zurück zum Bahnhof gebracht.
Das wird so rasant erzählt, wie es klingt - nicht umsonst wurde "Zazie in der Metro" in ein Dutzend Sprachen übersetzt, über eine Million Mal verkauft und von Louis Malle verfilmt. Der Roman funktioniert, weil hinter Abgebrühtheit und Sprachwitz Abgründe stecken, sowohl psychologisch als auch literarisch. Psychologisch: Zazie ist nach einem Übergriff ihres Vaters und dessen Ahndung durch die Mutter ("schon hat er ne Axt im Kopf") Halbwaise. Sprachlich: Queneau zieht eine zweite Ebene ein und schafft Fallhöhe. So steht am Anfang, nach der Pöbelsequenz am Bahnhof, ein Erzählerkommentar zu Zazies Onkel, der ahnen lässt, dass dem Autor Schimpfen kein Selbstzweck ist: ",Bedien dich mal deiner Vernunft.' Zuweilen zeichneten sich Gabriels Äußerungen durch einen leicht kantischen Thomismus aus." Relevantes wird im Medium des Spielerischen verhandelt.
Die auf den ersten Blick schnoddrige Sprache trägt wesentlich dazu bei, dass "Zazie in der Metro" so frisch wirkt. Nach einer surrealistischen Phase hatte Queneau seit etwa 1930 an einer Spracherneuerung durch das Mündliche und die Umgangssprache gearbeitet: Im Anschluss an Louis-Ferdinand Céline - der seinen Stilbegriff ausgerechnet am Motiv der Metro entwickelt - versucht er, dem abstrakten und stark normierten Französischen neues Leben einzuhauchen, durch Umgangssprache und phonetische Schreibweise. Im Spätwerk hielt Queneau den Versuch für gescheitert und kultivierte wieder einen traditionelleren Stil.
Die Übersetzung von Frank Heibert will 59 Jahre nach der Erstübertragung Eugen Helmlés eine Aktualisierung vorlegen - denn tatsächlich hat Mündlichkeit den Nachteil, dass sie schwächer kodifiziert und damit wandelbarer ist als Schriftsprache. Die neue Ausgabe hat den zusätzlichen Vorteil, dass sie zwei verworfene Kapitel enthält, die in der Pléiade-Ausgabe zugänglich sind: In diesen fährt Zazie tatsächlich Metro. Die Anmerkungen des Übersetzers sind eine Verständnishilfe, ebenso manche Erläuterungen des Nachworts.
Der Eindruck der Übersetzerleistung aber ist zwiespältig. Einerseits sind einige, auch wichtige, Entscheidungen nicht nachvollziehbar. Warum wird im dritten Satz "nicht mal elf Prozent" zu "nur jede neunte"? Die Präzision des Originals erzeugt erstens Fallhöhe zum berühmten Anfangssatz ("Waschtinkndiso, dachte Gabriel entnervt"), zweitens ist sie bei Queneau, Mitglied der Société mathématique de France, kein Detail. Oder die Übersetzung der Abreisezeit: "6 h 60" ist zwar absurd, aber klar am Morgen (was der Handlung entspricht) - "18 Uhr 60" führt in die Irre. Im Hintergrund dazu steht die Frage, ob Heibert Queneaus Sprachphilosophie richtig einschätzt. Heibert betont die Lust am Sprachspiel und kritisiert, dass die Literaturwissenschaft "die phonetische Notierung von Mündlichkeit" bei Queneau "etwas hoch gegriffen" als "néo-français" bezeichne - allerdings stammt der Ausdruck aus Queneaus Essaysammlung "Bâtons, chiffres et lettres" (1950), deren Reflexionen linguistisch genährt sind. Der Oulipo-Mitbegründer ist gerade als Sprachspieler wissenschaftsaffin, was Heibert übergeht.
Die - unübliche - Veränderung der Eigennamen ist diskutabel. Mado Ptits-pieds zu Mado Clainefousse phonetisierend halb zu übersetzen, wirkt etwas unausgegoren; dasselbe gilt für Zazies Mutter, Jeanne Lalochère ("les loches" ist Argot für "großer Busen"), die zu Jeanne Grossestittes wird. Weniger gravierend: Warum wird "Eh bien, tu te trompes, ptite mère, tu te trompes" zu "Tja da hast du recht, bloß anders, als du denkst"? Die Wiederholung geht flöten, die neue Anspielung ist dunkel, die "ptite mère" (Helmlé: "Mütterchen") fehlt. "Pas bête la guêpe, hein?" überträgt Heibert mit "Fuchs, oder?", ohne Gleichklang, ohne die Besonderheit der Wendung (die Klugheit der Wespe) und ohne ihre leichte Veraltung (schon 1959 sagte man eher "Pas folle, la guêpe").
Andererseits korrigiert er Überfälliges, etwa Gabriels Beruf von "Schönheitstänzerin" (Helmlé) zu "Cabaret-Tänzerin", was "danseuse de charme" besser trifft. "Leck mich" für "Mon cul" ist genauer als "am Arsch" (Helmlé), weil ähnlich beleidigend; auch der Gebrauch der Zeiten ist sorgfältiger. Vor allem überzeugt der Gesamtton: Queneaus Roman wirkt wie eben geschrieben, prickelt vor Witz und Dreistigkeit; museale Mündlichkeit meidet Heibert ebenso wie Anbiederung an den heutigen Zeitgeist. Das ist ein schönes Geschenk zum 60. Geburtstag des Romans.
NIKLAS BENDER.
Raymond Queneau: "Zazie in der Metro". Roman.
Aus dem Französischen, mit Anmerkungen und einem Nachwort von Frank Heibert. Suhrkamp Verlag, Berlin 2019. 240 S., geb., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
»Aktueller als Zazie dans le Métro kann ein Roman nicht sein, dabei ist Zazie schon 60 Jahre alt.« Eva Erdmann der Freitag 20190822