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Daniela Dröscher verfasst ein einzigartiges Porträt über soziale Herkunft, das überraschende Antworten gibt: auf Grundprobleme politischen Engagements, das Auseinanderdriften verschiedener Milieus, öffentliche Wahrnehmung und auf die Frage, warum Klasse mit so viel Scham besetzt ist (das gilt für die ganz oben und die ganz unten).
Zeige deine Klasse beschwört ein Stück deutscher Geschichte herauf, das die politischen Verhältnisse aus einer radikal subjektiven Perspektive beleuchtet. Als Instrument dient Dröscher dabei ein längst ausgedienter Begriff, der der Klasse. War es für die Autorin
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Produktbeschreibung
Daniela Dröscher verfasst ein einzigartiges Porträt über soziale Herkunft, das überraschende
Antworten gibt: auf Grundprobleme politischen Engagements, das Auseinanderdriften verschiedener Milieus,
öffentliche Wahrnehmung und auf die Frage, warum Klasse mit so viel Scham besetzt ist (das gilt für die ganz oben und die ganz unten).

Zeige deine Klasse beschwört ein Stück deutscher Geschichte herauf, das die politischen Verhältnisse aus einer radikal subjektiven Perspektive beleuchtet. Als Instrument dient Dröscher dabei ein längst ausgedienter Begriff, der der Klasse. War es für die Autorin lange selbstverständlich, alles durch die Brille von Gender und Rasse wahrzunehmen, hilft ihr Klasse die Unterschiede herauszuarbeiten, die Herkunft letztlich bedeutet und warum das Wir-Gefühl sich verloren hat. Identität und Schicht sind ihr zu wage. Von ihrer frühen Kindheit bis jetzt erlebt sie immer wieder Macht- und Ohnmachtsverhältnisse, die kein Wohlstand aufzulösen vermag. Hellsichtig in dem Blick ins Innere unseres sozialen Umgangs miteinander. Wütend über die Politikverdrossenheit unserer Gegenwart, entwaffend in der Offenheit, Unangenehmes zu benennen und berührend in dem Versuch, zu seiner Herkunft zu stehen und die damit einhergehende Scham nicht zu verheimlichen. Ein Buch, wie wir es seit Didier Eribons Rückkehr nach Reims über Deutschland ersehnt haben.
Autorenporträt
Dröscher, DanielaDaniela Dröscher, geboren 1977, wuchs in Rheinland-Pfalz auf. Nach ihrem Studium der Germanistik, Philosophie und Anglistik in Trier und London promovierte sie im Fach Medienwissenschaft an der Universität Potsdam mit einer Arbeit zur Poetologie Yoko Tawadas. Sie veröffentlichte in Zeitschriften und Anthologien. Von 2008 bis 2010 studierte sie Szenisches Schreiben bei uniT Graz. Ihren ersten Roman Die Lichter der George Psalmanazar, eine Romandoppelbiographie über Samuel Johnson und den Orientbürger George Psalmanzar, nannte Martin Halter in der FAZ eine »barocke Wunderkammer voll wunderlicher Fata, herzzerreißender Melancholie und Klugheit.« Sie ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland. Daniela Dröscher lebt heute in Berlin.
Rezensionen
»Daniela Dröscher legt eine genaue Recherche darüber vor, was es für jemanden bedeutet, von der Mittelschicht in die Akademikerklasse aufzusteigen.« Margrit Irgang SWR2 Lesenswert 20181205

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.10.2018

Alles eine Frage der Klassenlage?
Rückblick auf die Rolle feiner und weniger feiner Unterschiede: Daniela Dröscher schreibt eine Autobiographie in gesellschaftskritischer Absicht

"Als Kind wollte ich Clown werden." So beginnt Daniela Dröschler ihr Buch. Die Schriftstellerin, Jahrgang 1977, entschloss sich dazu, ein autobiographisches Buch in gesellschaftskritischer Absicht zu schreiben. "Zeige deine Klasse", appelliert der Titel, und Dröscher geht mit gutem Beispiel voran, indem sie die Geschichte ihrer "sozialen Herkunft" erzählt. Und die findet statt in der "ganz normalen", weißen, westdeutschen "Mittelklassen-Realität der 1980er- und 90er-Jahre".

Dröscher wächst in einem kleinen Dorf in Rheinland-Pfalz auf, ein Einzelkind, behütet, es ist von allem genug da. Ihre Eltern, beide nach dem Krieg geboren, sieht sie als Angehörige des "westdeutschen Wirtschaftswunder-Aufsteigermilieus". Ihre Mutter, Tochter eines schlesisch-deutschen Bergmanns, arbeitet als Fremdsprachenkorrespondentin, ihr Vater, Sohn rheinlandpfälzischer Bauern, ist Maschinentechniker. Sie haben es geschafft, wohnen, bevor sie ein eigenes Haus bauen, im Elternhaus des Vaters, der in der Wahrnehmung seiner Tochter seine "unwillkürlich bäuerlichen Gesten" behält, aber hinter sich gelassen hat, was ein Leben in materieller Not prägt: "Sie hatten als Kind nichts gehabt, also sollte ich alles haben."

Und doch wird Daniela Dröscher ihre Herkunft und die ihrer Eltern nicht los - auch das nicht, wofür sie sich schämt: "dicke Mutter, Dorf, Dialekt", die "drei Ds" ihres "Schamdreiecks". Und so kommt es, wie man es sich schon denken kann: Die Schullaufbahn bereitet ihre Emanzipation vor, mit dem Wechsel aufs Gymnasium, den sie als entscheidenden "Akt im Drama meiner sozialen Geburt" beschreibt, homogenisiert sich das Umfeld Dröschers zunehmend und verringert die Anzahl derjenigen, die sozial schlechter gestellt sind und in ihr eine "Scham nach unten verursachen"; ein nochmaliger Schulwechsel lehrt sie "die Scham nach oben", was sie nicht davon abhält, in Trier Germanistik, Anglistik und Soziologie zu studieren. Die Scham wird geringer, verschwindet aber nie ganz, Dröscher fühlt sich minderwertig im Kreis von Kommilitonen, die aus einem Bildungshaushalt kommen, hadert mit sich, macht aber weiter, ist frei, verreist viel, promoviert, entschließt sich, das Schreiben zum Beruf zu machen.

Das ist der biographische Rahmen: eine gewöhnliche Lebensgeschichte in einer friedlichen Gesellschaft, die stetig ihren Wohlstand vermehrt. Die Idee, daraus ein Buch zu machen, muss nicht schlecht sein. Interessant ist etwa die Feststellung, es brauche vier Generationen, bis ein Milieuwechsel vollzogen ist. Interessant ist es auch, "die feinen Unterschiede" zu sehen, wie der Soziologe Pierre Bourdieu die sozialisationsbedingten Ausformungen des "Habitus" genannt hat, des schichtspezifischen Auftretens und Selbstverständnisses, des Geschmacks, der Gewohnheiten. Die Frage ist allerdings, wie man so etwas erzählt. Und genau daran scheitert Dröschers Buch.

Das liegt am Stil, an sprachlichen Ungenauigkeiten, an der Form. Regelmäßig unterbricht die Autorin den Haupttext durch eine störende "Liste", die sie als "wichtige Gefährtin" ihres Erzählens bezeichnet. Dazu kommen Fußnoten, die nicht Fußnoten im eigentlichen Sinne sind, sondern willkürliche Assoziationen, die unbeholfen wirken, zumeist redundant, manchmal naiv und mitunter auch peinlich sind.

Noch problematischer aber ist der eindimensionale Blick auf das, was Dröscher als "klassenspezifische" Verhaltensweisen einstuft. So erklärt sie sogar ihren eigenen Perfektionismus im Studium, ihre Unsicherheit, sich in Seminaren zu Wort zu melden, ihren überhöhten Anspruch an sich selbst mit ihrem "milieuspezifischen Habitus". Das Milieu wird auf diese Weise viel zu schnell eine Entschuldigung für alle Vorzüge und Defizite, die eigentlich vor allem von der jeweiligen Persönlichkeit abhängen.

Deutlich sind aus Dröschers Rückblick die Erkenntnisse Bourdieus zu lesen: Die Neigung, das Wort zu ergreifen, schreibt er, stehe in direktem Zusammenhang "mit dem Gefühl, ein Recht auf Meinungsäußerung zu besitzen". Hier wäre in seinem und Dröschers Sinne zu ergänzen, dass dazu auch das milieuspezifische Selbstverständnis zählt, gehört zu werden. Und in dieser Hinsicht hat die sozialkritische Perspektive des Buches ihre Berechtigung: Große Namen höherer Kreise vererben sich ebenso wie Reichtum und selbstbewusste Bildungsbeflissenheit weiter. Ja, da gibt es diese Ungleichheit. Ja, das ist ungerecht. Ja, es ist richtig, ein System verwirklichen zu wollen, das allen ungeachtet ihrer Herkunft offensteht (wobei die ketzerische Frage erlaubt sei, ob wir mittlerweile nicht überwiegend ein solches System haben, trotz sozialer Bildungsungleichheit, die ja vielleicht gar nicht so sehr systemische Ursachen hat als vielmehr genau jene Langsamkeit des Milieuwechsels abbildet, die Dröscher beschreibt, und abgesehen davon Ausdruck einer unscharfen Bestimmung des Gleichheitsbegriffs ist).

Nur: Wer sagt denn, dass die Sprösslinge höherer Kreise es in allem einfacher haben als sozial schlechter Gestellte? Gewiss ist es ein Privileg, keine materiellen Sorgen zu haben. Aber das hatten jene wie Dröscher, die aus der "Mittelklasse" kommt, auch nicht. Die soziale Distinktion spiegelt sich im Selbstverständnis, im Habitus, wie Bourdieu sagen würde, Auftreten und Selbstbewusstsein sind ein anderes. Trotzdem blendet eine solche Gleichung alle Abweichungen aus. Was ist mit den Professoren-, Ärzte- oder Anwaltskindern, die kein Abitur machen oder ihr Studium abbrechen und in der Bildungsökonomie nach unten absteigen? Passiert das, weil sie es in allem so viel einfacher haben?

Das Defizit in der Darstellung Dröschers - und überhaupt in pauschalen Formeln zu den Ursachen und Fortschreibungen sozialer Ungleichheit - liegt in der Ausblendung nahezu aller anderen Faktoren, die eine Disposition im gesellschaftlichen Gefüge ausmachen. Dazu gehört, und zwar relativ unabhängig von sozialen Schichtungen, das komplexe Geflecht der Familie, das sich nicht in sozialisationsbedingten Prägungen erschöpft. Und dazu gehört auch und vielleicht noch mehr der eigene Charakter, die eigene Persönlichkeit, das eigene Ich - sofern es aus der ihm zugeschriebenen Unmündigkeit befreit wird, ein bloßes Produkt seines jeweiligen Umfelds zu sein.

Und schlussendlich stellt sich wieder einmal die Frage: Wo bleibt die positive Gegenerzählung? Anders als die permanenten Klagen vermuten lassen, hat dieses Land ein sehr durchlässiges Bildungssystem. Unabhängig von ihrer Herkunft ist es Menschen möglich, höhere Schulen zu besuchen, ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, ihren Neigungen nachzugehen. Das alles sind Errungenschaften, die es vor gar nicht so langer Zeit noch nicht gegeben hat. Es würde die schief geratene Bildungsperspektive gerade rücken, wenn endlich einmal jemand daran erinnern würde.

HANNAH BETHKE

Daniela Dröscher: "Zeige deine Klasse". Die Geschichte meiner sozialen Herkunft.

Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2018. 256 S., geb., 20,- [Euro].

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