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Die unrühmliche Wahrheit über die britische Herrschaft in Indien - erstmals erzählt aus indischer Sicht
Das Britische Kolonialreich präsentierte sich nach außen hin als aufgeklärter Despotismus im Namen des Guten und zum Wohle der Beherrschten. Gestützt auf eine Fülle von Fakten demontiert Shashi Tharoor diese weitverbreitete Legende. Das Empire feuerte Kanonen gegen Aufständische ab, massakrierte unbewaffnete Demonstranten, schuf einen institutionalisierten Rassismus und ließ Millionen Menschen verhungern. Die Formen der Ausbeutung reichten von der Abschöpfung der inländischen Ressourcen…mehr

Produktbeschreibung
Die unrühmliche Wahrheit über die britische Herrschaft in Indien - erstmals erzählt aus indischer Sicht

Das Britische Kolonialreich präsentierte sich nach außen hin als aufgeklärter Despotismus im Namen des Guten und zum Wohle der Beherrschten. Gestützt auf eine Fülle von Fakten demontiert Shashi Tharoor diese weitverbreitete Legende. Das Empire feuerte Kanonen gegen Aufständische ab, massakrierte unbewaffnete Demonstranten, schuf einen institutionalisierten Rassismus und ließ Millionen Menschen verhungern. Die Formen der Ausbeutung reichten von der Abschöpfung der inländischen Ressourcen über die Zerstörung der indischen Textilindustrie bis hin zur Vernichtung der heimischen Landwirtschaft. In seinem scharfsinnigen, minutiös recherchierten und glänzend geschriebenen Essay enthüllt Tharoor die unrühmliche Wahrheit über die britische Herrschaft in Indien und deren bis heute nachwirkendes verheerendes Erbe.

Nummer-1-Bestseller in Indien

Mit einem Essay von Mithu Sanyal: Und was hat das alles mit uns zu tun?
Autorenporträt
Shashi Tharoor wurde 1956 in London als Kind einer keralischen Diplomatenfamilie geboren und wuchs in Indien auf. Er ist Jurist, Politiker und zählt zu den bedeutendsten zeitgenössischen indischen Schriftstellern. Als Bestseller-Autor hat er mehr als zwanzig Bücher, Belletristik wie Sachbücher, veröffentlicht und ist darüber hinaus ein bekannter Kritiker und Kolumnist. Tharoor hat als Diplomat bei der UNO-Kommission für Flüchtlinge in Genf, Singapur und New York gearbeitet. Von 2002 bis 2007 war er einer der Stellvertreter von UNO-Generalsekretär Kofi Annan und von 2009 bis 2010 Staatsminister im indischen Außenministerium. Im indischen Parlament zählt er heute zu dessen prominentesten Mitgliedern. Cornelius Reiber, geboren 1973, studierte Germanistik, Geschichte und Kulturwissenschaften in Köln und lebt als Übersetzer in Berlin, daneben lehrt er an der Universität Basel. Zuletzt übersetzte er von Paul Theroux 'Figuren in der Landschaft. Begegnungen auf Reisen' und Maggie Nelson 'Freiheit: Vier Variationen über Zuwendung und Zwang'. Mithu Sanyal wurde 1971 in Düsseldorf geboren und ist Kulturwissenschaftlerin, Autorin, Journalistin und Kritikerin. Ihr erster Roman 'Identitti' wurde mit dem Literaturpreis Ruhr und dem Ernst-Bloch-Preis 2021 ausgezeichnet.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Andreas Fahrmeir liest Shashi Tharoors Buch von 2017 in der leicht aktualisierten deutschen Fassung weiterhin mit Gewinn, auch wenn sich die Diskussion um Reparationszahlungen und die britische Kolonialherrschaft in Indien weiterbewegt hat, wie er feststellt. Was der Autor über die britische Zollpolitik, über Vermögenstransfers und den Rassismus der Eliten berichtet, ist für Fahrmeir zwar nicht neu, doch wie der Autor es fasst, elegant, empathisch und manchmal zornig, sagt dem Rezensenten zu. Neben den wenigen positiven Folgen der britischen Herrschaft in Indien fokussiert sich der Autor vor allem auf die negativen, erklärt Fahrmeir. Und hier wird der Text für ihn mitunter auf ärgerliche Weise ahistorisch, so wenn Tharoor ein allzu rosiges Bild Indiens vor der britischen Herrschaft zeichnet. Das kommt der religiös-nationalistischen Sicht der Ära Modi recht nah, bedauert er.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.07.2024

War nicht alles
schlecht?
Doch. Shashi Tharoors Bestseller „Zeit der Finsternis“
räumt mit einer gewissen Nostalgie für die britische
Kolonialherrschaft in Indien auf. Punkt für Punkt.
VON DAVID PFEIFER
Von den vielen Dingen, die man aus dem Buch „Zeit der Finsternis“ über die britische Kolonialherrschaft in Indien lernen kann, sei zuerst erwähnt, dass das englische Wort „loot“, plündern, vom Hindi-Wort „lut“ abgeleitet wurde, es bedeutet „Beute, gestohlenes Eigentum“. Shashi Tharoor, 68, der „Zeit der Finsternis“ geschrieben hat und in Indien eine bedeutende politische und intellektuelle Figur ist, lässt diese Pointe eher nebenher fallen. Aber er setzt sie gekonnt. Die Briten haben nicht nur das Land ausgeplündert, sondern auch gleich noch das Wort dafür geraubt. Und wenn man Tharoors Argumenten folgt, ist damit das britische Empire ziemlich gut charakterisiert.
Wer sich für Indien interessiert – und das sollte man, spätestens seitdem es das bevölkerungsreichste Land und die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt geworden ist –, kommt um die Geschichte des britischen Kolonialismus nicht herum. Nur wurde diese Geschichte bislang meist von den Kolonialisten erzählt. Daher schwingt, auch wenn die Unterdrückung der Bevölkerung angeprangert wird, häufig ein bisschen Nostalgie mit, über das untergegangene Reich. Nach dem Motto: Es war doch nicht alles schlecht, immerhin haben die Briten ihre Sprache, Kultur, die Eisenbahn und viele schöne Gebäude dagelassen.
Solche rückwirkende Schönfärberei gibt es bei Tharoor nicht. Er geht die Sache als Historiker und scharfer Denker an, der seine Erfahrungen mit dieser Art der nostalgischen Betrachtung durch westliche Politiker bereits als stellvertretender Generalsekretär der Vereinten Nationen machen konnte. Er kennt all die Argumente und er kontert sie in seinem Buch Punkt für Punkt.
So haben die Briten die Industrialisierung nicht nach Indien gebracht, und damit auch nicht die Grundlage für den heutigen wirtschaftlichen Aufstieg geschaffen, wie häufig im Westen argumentiert wird, vor allem wenn es darum geht, dass man dem Land, das man einst beherrschte, nichts schuldet. Tharoor entlarvt das als „eine höchst fragwürdige Behauptung“. Dass die indische Industrie im Gegensatz zur britischen nicht florierte, lag an Zöllen, die es den Briten ermöglichten, Geschäfte in Indien zu machen – nicht aber umgekehrt.
Tharoor zitiert in diesem Zusammenhang sicher nicht ohne Absicht einen britischen Wirtschaftshistoriker, Angus Maddison, der recherchierte, dass Indiens Anteil an der Weltwirtschaft zu Beginn des 18. Jahrhunderts bei 23 Prozent lag, etwa auf der Höhe von Europa. Als die Briten ihr Kolonialreich in die Unabhängigkeit entließen, war der Anteil auf knapp über drei Prozent gesunken. „Der Grund dafür ist einfach“, schreibt Tharoor, „der Aufstieg Großbritanniens wurde 200 Jahre lang durch die Plünderung Indiens finanziert.“ Die Briten wurden reicher, die Inder ärmer, durch die Kolonialisierung. Dass Indien heute boomt, hat man nicht den Briten zu verdanken.
Es folgt Beispiel auf Beispiel für diese These. Selbst wenn man sich als Laie durch unbekannte Geschichtsereignisse und Zahlenwerk kämpfen muss, wird rasch klar, dass man mit einem gewissen Entsetzen auf jene Zeit zurückblicken sollte, in der die Briten eine rassistische und menschenverachtende Herrschaft errichteten, und dabei selbst in ihren Clubs Tee tranken, zu denen Inder nur als Bedienstete Zutritt hatten. Um das Land zunächst mit ihrer Ostindien-Kompanie und später als Kronkolonie im Stil einer Verbrecherorganisation mit äußerster Brutalität und Gewissenlosigkeit auszunehmen.
Die Briten zerstörten die indische Textilproduktion, um in der Folge Textilien zu importieren, die in England mit indischen Rohstoffen hergestellt wurden. Diese verkauften sie, „höhnisch zurück nach Indien und in den Rest der Welt.“ Wenn Tharoor mit Adjektiven wie „höhnisch“ hantiert, merkt man, dass er vor allem ein geübter Redner ist, der weiß, wann man einen Punkt so dick unterstreichen muss, dass er im Gedächtnis des Publikums haften bleibt. „Als Indien für den britischen Wohlstand immer wichtiger wurde, starben Millionen Inder völlig unnötigerweise in Hungersnöten“, schreibt er. Zwischen 30 und 35 Millionen Inder verhungerten, während tonnenweise Weizen nach Großbritannien exportiert wurde.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war Indien schließlich nicht nur Großbritanniens wichtigste Einnahmequelle und der weltweit größte Abnehmer britischer Exporte, sondern bot britischen Beamten und Soldaten hochbezahlte Arbeitsplätze. Die Soldaten, die dafür sorgten, dass die Inder sich nicht gegen diese Umstände auflehnten, wurden von der indischen Regierung bezahlt, ausgerüstet und verpflegt, sogar ihre Rente musste der indische Staat später übernehmen. „Wir haben buchstäblich für unsere eigene Unterdrückung gezahlt“, schreibt Tharoor.
Tharoor bezieht sich immer wieder auf die Auswirkungen dieses Handelns aufs Heute. „Alles, was die Briten taten, hallt bis in unsere Zeit nach“, schreibt er in einem Nebensatz und liefert zwischendurch Pointen, die die Geschichte selbst anbietet, wenn man sie denn erkennt.
So stiegen die britischen Soldaten, als sie ihr neues Reich eroberten, häufig vom Pferd, um ihr Schwert gegen das eines getöteten Inders zu tauschen, so gut war die Qualität ihrer Klingen. Schließlich eigneten sie sich das Wissen über die Stahlherstellung an und brachten dann das indische Hüttenwesen zum Erliegen.
„Versuche einer Wiederbelebung stießen erst auf Widerstand und später auf rassistischen Spott“, schreibt Tharoor – um dann darauf hinzuweisen, dass etwa der Unternehmer Jamshedji Tata Ziel dieses Rassismus wurde. Ein hoher britischer Beamter lästerte, er werde „persönlich jedes Gramm Stahl fressen, das ein Inder produzieren könne“, doch heute ist Tata einer der größten Mischkonzerne der Welt, groß geworden mit Stahl, und mittlerweile auch ein erfolgreicher Autohersteller. Tata Motors übernahm vor einigen Jahren die maroden britischen Traditionsmarken Jaguar und Land Rover. In England war man über den Vorgang not amused. In Indien wurde gejubelt.
Man versteht die Jetztzeit besser, wenn man sich von Shashi Tharoor in die finstere Vergangenheit führen lässt. Dass er den Briten ihre Sünden von gestern so konsequent und faktenreich auftischt, ist für Leser im Westen wertvoll im Rahmen der aktuellen Kolonialismusdiskussionen, die man bei den ehemaligen Kolonialisten gerne hinter sich lassen würde, während sie bei den Unterdrückten gerade erst losgehen. In Indien war „Zeit der Finsternis“ ein Bestseller, auch weil das Buch für die Menschen im Land Verständnis schafft.
Denn einerseits sind viele gebildete Inderinnen und Inder stolz darauf, international als Arbeitskräfte begehrt zu sein – auch weil sie gut Englisch sprechen. Andererseits ist da dieses Unwohlsein, an einen Kulturkreis gebunden zu sein, der ihnen von Menschen aufgezwungen wurde, die noch ihre Großeltern beraubt und misshandelt haben.
Ihre letzte, fast schon Absolution schaffende Großtat bleibt in der Eigenwahrnehmung der Briten ihr Rückzug aus Indien, das sie 1947 in die Unabhängigkeit entließen. Doch auch diese Darstellung lässt Tharoor nicht durchgehen: „als sie Indien den Rücken kehrten, hinterließen sie ein gespaltenes Land, von dem sie behauptet hatten, es zum Besseren zu regieren, sie hinterließen eine Million Tote, dreizehn Millionen Vertriebene, Milliarden Rupien an zerstörtem Eigentum und die Flammen des Hasses, die heiß loderten in dem verwüsteten Land.
Es lässt sich kein sprechenderes Zeugnis für das Versagen der britischen Herrschaft in Indien finden als die tragische Art ihres Endes.“ Die Verbrechen dieser Zeit lassen sich nicht wiedergutmachen, das betont Tharoor mehrfach in seinem Buch. Er schreibt auch, dass er für das Vergeben sei – nicht aber für das Vergessen.
Shashi Tharoor: Zeit
der Finsternis. Das
britische Empire in Indien.
Aus dem Englischen
von Cornelius Reiber.
Mit einem Essay von
Mithu Sanyal. Die Andere Bibliothek, Berlin 2024.
480 Seiten, 28 Euro.
Der Maharaja von Gwalior und der Prinz von Wales bei der Wildtierjagd in Indien 1906.
Foto: Mauritius/Alamy
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»In seiner ebenso fundierten wie scharfen Anklageschrift 'Zeit der Finsternis' räumt Tharoor gründlich mit den apologetischen Mythen über den britischen Kolonialismus in Indien auf.« NZZ 20240929