In dem Jugendroman „Zeit der großen Worte“ schildert Herbert Günther anhand einer beispielhaften Familie die Auswirkungen des ersten Weltkriegs auf das Leben in Deutschland.
Zu Beginn des ersten Weltkriegs ist Paul 14 Jahre alt und lebt seit zwei Jahren mit seiner Familie in einer Kleinstadt, wo
seine Mutter von ihrer Familie ein Lebensmittelgeschäft geerbt hat. Als Junge vom Land ist Paul in der…mehrIn dem Jugendroman „Zeit der großen Worte“ schildert Herbert Günther anhand einer beispielhaften Familie die Auswirkungen des ersten Weltkriegs auf das Leben in Deutschland.
Zu Beginn des ersten Weltkriegs ist Paul 14 Jahre alt und lebt seit zwei Jahren mit seiner Familie in einer Kleinstadt, wo seine Mutter von ihrer Familie ein Lebensmittelgeschäft geerbt hat. Als Junge vom Land ist Paul in der Schule eher ein Außenseiter, der unvermittelte Kriegsbeginn stellt ihn und seine Familie vor neue große Veränderungen. Der große Bruder Max lässt sich von den begeisterten Parolen mitreißen und meldet sich freiwillig als Soldat, der Vater fühlt sich als Landmensch in dem Geschäft seiner Frau fehl am Platz und sieht im Kriegsdienst eine Chance sich zu beweisen.
Schon bald folgt jedoch die Ernüchterung. Das Alltagsleben wird schwierig, da ein großer Teil der erwerbsfähigen Männer an der Front ist, die Lebensmittel werden schnell knapp und rationiert, harte Winter machen der Bevölkerung das Leben schwer.
An der Front geht es nicht so schnell voran, wie es sich die Führung vorgestellt hatte, der Zweifrontenkrieg reibt die Truppen auf. Die jungen Soldaten müssen schnell fest stellen, dass die Propaganda den Krieg schönt, die Wirklichkeit aber ganz anders aussieht.
Dem Leser werden diese Entwicklungen aus der Sicht Pauls geschildert. Er ist eine Art unbefangener Beobachter, der die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse und Veränderungen schildert und seine Eindrücke und Ängste mit kindlicher Ehrlichkeit und Offenheit dar legt. Über seinen Bruder und seinen Vater bekommt er einen Einblick in die Wirklichkeit des Krieges, bei Fronturlauben wird die Veränderung im Wesen seines Bruders und seines Vaters deutlich. Paul lässt den Leser an seinen Gedanken teilhaben und an seinen Zweifeln, die großen Worte und Parolen wirklich richtig sind.
Das Buch wirkt sehr authentisch und lässt den Leser in die Zeit vor 100 Jahren eintauchen. Die Figuren wirken sehr lebendig und sind mir schnell ans Herz gewachsen. Neben dem Krieg gehen das Leben und die Normalität weiter. Paul entwickelt sich, steckt mitten in der Pubertät, erlebt di erste Liebe und muss neben den äußeren Umbrüchen auch mit seinen eigenen Entwicklungen fertig werden. Für ihn stellt sich die Frage, wo es für ihn in der Zukunft hin geht.
Gerade in der Einfachheit der Worte liegt eine große Intensität. Es gab immer wieder prägnante Sätze und Szenen, die mir nahe gegangen sind und mir die Tränen in die Augen getrieben haben. Das Buch gibt einen berührenden Einblick in die einschneidenden Veränderungen, die die Jahre des ersten Weltkrieges für die Bevölkerung bedeutet haben. Es ist in erster Linie an die Zielgruppe der 14-17-jährigen gerichtet, hat aber auch mich als Erwachsene sehr bewegt. Für Jugendliche ist es sicher ein guter Weg, die damalige Zeit ein wenig besser verstehen zu können.
Wer sich weitergehend informieren möchte, findet im Anhang eine Zeittafel, die bis in die Anfänge der Nazizeit reicht, sowie ein Glossar und Vorschläge für ergänzende Literatur.
Von mir bekommt der Roman eine uneingeschränkte Leseempfehlung.