Unter den südbadischen Verlagen der frühen Nachkriegszeit verdient der Konstanzer »Südverlag« besonderes Interesse. Mit den beiden wichtigen Zeitschriften »Die Erzählung« und »Vision« stellte er nicht nur höchst ehrgeizige Ambitionen unter Beweis - er sammelte auch eine respektable Autorenschar um sich.Im Südverlag veröffentlichten jüdische Exilautoren wie Martin Gumpert und Otto Zoff ebenso wie Vertreter der »Inneren Emigration«, hier brachte Karl Krolow seinen ersten Gedichtband heraus, hier erschienen Erich Ohsers »Vater und Sohn«-Geschichten und Viktor Manns Familienbiographie »Wir waren fünf«.Dieses Programm ist nicht denkbar ohne den ehemaligen »Ullsteiner« Johannes Weyl, der nach Kriegsende eine Reihe ehemaliger Kollegen und Mitarbeiter an den Bodensee holte, um neben dem »Südkurier« auch einen Buchverlag zu gründen, der ein heimisches Publikum mit neuen Ansprüchen konfrontierte.Der »Südverlag« existiert bis heute. Diese Darstellung beschränkt sich jedoch auf dessen aktivste Zeit - die sieben Jahre zwischen 1945 und 1952. Der Autor stellt sie in den Zusammenhang von Nachkriegs- und Besatzungszeit, von früher AuseinanderSetzung mit dem Nationalsozialismus und Literaturgeschichte, von südwestdeutscher Verlags- und Lokalgeschichte. Dies macht den reich illustrierten Band zugleich zu einer kleinen lokalen bzw. regionalen Kulturgeschichte der Nachkriegszeit.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.08.2009Vater und Sohn
Verlagsgeschichte ist ein Paradox. Denn sollte man nicht lieber die verlegten Bücher selbst lesen als etwas über sie? Aber bisweilen ist Institutionengeschichte denkbar interessant. Wie im Falle des Konstanzer Südverlags, einer der ersten Neugründungen nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Treibende Kraft war 1945 der im "Dritten Reich" bei Ullstein (und damit in einem weitgehend politisch unverdächtigen Hause) beschäftigte Berliner Johannes Weyl, der in den letzten Kriegsjahren als Sanitäter Dienst getan und nicht viel mehr als seinen guten Ruf und einen Band von John Steinbeck übers Kriegsende gerettet hatte; Lizenznehmerin aber war seine Frau Barbara. Schon am 7. September kam die erste Ausgabe der von ihnen initiierten Zeitung "Südkurier" heraus, und dieses Engagement für die Tagespublizistik hemmte die Entwicklung des gleichzeitig gestarteten Buchverlags. Doch mit "Vater und Sohn", der berühmten Comicserie von Erich Ohser alias e.o.plauen, sicherte sich die Zeitung eines der raren Relikte der Nazi-Zeit, die auch nach 1945 bestehen konnten. Und die Sammelbände mit den Episoden kamen wiederum ins Programm des Südverlags und sind auch heute noch dessen Bestseller. Das ist natürlich nur eine Facette in dem umfangreichen Band, der einzelne Studien zu den Verlagsautoren und deren Werken aus den Jahren 1945 bis 1952 versammelt. Und fast wäre auch Gottfried Benn, den Weyl aus Berliner Tagen kannte, in Konstanz verlegt worden. Aber eben nur fast. (Manfred Bosch [Hrsg.]: "Zeit der schönen Not". Die Anfangsjahre des Südverlags in Konstanz 1945 bis 1952. UVK Verlag, Konstanz 2009. 432 S., Abb., geb., 25,60 [Euro].) apl
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Verlagsgeschichte ist ein Paradox. Denn sollte man nicht lieber die verlegten Bücher selbst lesen als etwas über sie? Aber bisweilen ist Institutionengeschichte denkbar interessant. Wie im Falle des Konstanzer Südverlags, einer der ersten Neugründungen nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Treibende Kraft war 1945 der im "Dritten Reich" bei Ullstein (und damit in einem weitgehend politisch unverdächtigen Hause) beschäftigte Berliner Johannes Weyl, der in den letzten Kriegsjahren als Sanitäter Dienst getan und nicht viel mehr als seinen guten Ruf und einen Band von John Steinbeck übers Kriegsende gerettet hatte; Lizenznehmerin aber war seine Frau Barbara. Schon am 7. September kam die erste Ausgabe der von ihnen initiierten Zeitung "Südkurier" heraus, und dieses Engagement für die Tagespublizistik hemmte die Entwicklung des gleichzeitig gestarteten Buchverlags. Doch mit "Vater und Sohn", der berühmten Comicserie von Erich Ohser alias e.o.plauen, sicherte sich die Zeitung eines der raren Relikte der Nazi-Zeit, die auch nach 1945 bestehen konnten. Und die Sammelbände mit den Episoden kamen wiederum ins Programm des Südverlags und sind auch heute noch dessen Bestseller. Das ist natürlich nur eine Facette in dem umfangreichen Band, der einzelne Studien zu den Verlagsautoren und deren Werken aus den Jahren 1945 bis 1952 versammelt. Und fast wäre auch Gottfried Benn, den Weyl aus Berliner Tagen kannte, in Konstanz verlegt worden. Aber eben nur fast. (Manfred Bosch [Hrsg.]: "Zeit der schönen Not". Die Anfangsjahre des Südverlags in Konstanz 1945 bis 1952. UVK Verlag, Konstanz 2009. 432 S., Abb., geb., 25,60 [Euro].) apl
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