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Im Anfang war der Kalender
Was ein Kalender ist, weiß wohl jeder, aber wie umfassend und nachhaltig er unseren Alltag, unsere Zeitrhythmen, unser Denken und Fühlen prägt, ist kaum jemandem bewußt. Jörg Rüpke zeichnet die Geschichte des Kalenders von der Antike bis zur Gegenwart nach und präsentiert in unterhaltsamer Form ebenso überraschende wie faszinierende Erkenntnisse über diesen wirkungsmächtigen kulturellen Zeitgeber.
Im Anfang war der Kalender - und zwar in Gestalt des Mondkalenders. Er bot unseren Vorfahren die Möglichkeit, ihr durch den Ackerbau bestimmtes Jahr angemessen zu
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Produktbeschreibung
Im Anfang war der Kalender

Was ein Kalender ist, weiß wohl jeder, aber wie umfassend und nachhaltig er unseren Alltag, unsere Zeitrhythmen, unser Denken und Fühlen prägt, ist kaum jemandem bewußt. Jörg Rüpke zeichnet die Geschichte des Kalenders von der Antike bis zur Gegenwart nach und präsentiert in unterhaltsamer Form ebenso überraschende wie faszinierende Erkenntnisse über diesen wirkungsmächtigen kulturellen Zeitgeber.

Im Anfang war der Kalender - und zwar in Gestalt des Mondkalenders. Er bot unseren Vorfahren die Möglichkeit, ihr durch den Ackerbau bestimmtes Jahr angemessen zu organisieren. Je weiter sich die Menschheitskultur entwickelte, um so mehr wuchs das Unbehagen an diesem Zeitgeber. Das Mondjahr mußte dem Sonnenjahr weichen, doch selbst dieses mußte noch nachjustiert werden. Feste wollten exakt im Jahreskreis fixiert, Gerichtstermine bestimmt, Zinstermine festgelegt sein. Nicht zuletzt die Religion verlangte nach zuverlässig bestimmbaren Daten, um den kultischen Verpflichtungen nachzukommen und die Götter nicht zu verstimmen. Herrschaft über die Zeit bedeutete zudem stets auch Herrschaft über die Menschen, ja sogar über ihr Bewußtsein - und das wurde den Mächtigen bald bewußt. So macht dieser Band auch deutlich, weshalb es wichtig war, dieses Instrument unter Kontrolle zu bekommen.
Autorenporträt
Prof. Dr. Jörg Rüpke war von 1995 bis 1999 Professor für Klassische Philologie an der Universität Potsdam und von 1999 bis 2008 Professor für Vergleichende Religionswissenschaft mit dem Schwerpunkt Europäische Polytheismen an der Universität Erfurt und dort Koordinator des DFG-Schwerpunktprogramms Römische Reichs- und Provinzialreligion. Seit 2008 ist er Sprecher der DFG-Kollegforschergruppe Religiöse Individualisierung in historischer Perspektive und Fellow für Religionswissenschaft am Max-Weber-Kolleg Erfurt. Seit 2011 ist er Honorarprofessor an der Universität Aarhus und im Jahr 2012 wurde er in den Wissenschaftsrat berufen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.11.2006

Wie man die Zeit totschlagen kann

Die Organisation der Zeit scheint ein Kinderspiel zu sein. Für Jörg Rüpke hat sich der Kalender von der Antike bis in die Gegenwart so gut wie nicht verändert. Was gerne in der Aneinanderreihung von Reformen und Revolutionen daherkomme, erklärt er frei heraus, sei eher Langeweile denn Geschichte. Er legt eine "Eine Kulturgeschichte des Kalenders" vor und teilt dem Leser mit, daß es sich dennoch um "keine Geschichte", "keine Geschichte der kleinen Unterschiede", "keine Kultur-Geschichte" handle (Jörg Rüpke: "Zeit und Fest". Eine Kulturgeschichte des Kalenders. C. H. Beck Verlag, München 2006. 256 S., 19 Abb., geb., 22,99 [Euro]).

Das Werk beginnt mit einer Reihe von Fragen und Verneinungen, die Originalität erheischen. Doch schon der erste Satz ist ein Kalauer: "Läßt der Kalender Zeit, ein Buch über den Kalender zu lesen?" Der Autor schlüpft anfangs in die Rolle des dekonstruktivistischen Zynikers und schlägt zunächst einen leichten Ton an: "Kalender klingt schon fast drohend: Termine, deadlines, knappe Zeit, verplante Freizeit, Hetze. Der Kalender als Ordner der Zeit? Lachhaft! Zeit ist doch die Abwesenheit von Kalendern." Für einen Moment blitzt die Einsicht auf, daß sich im Augenblick durch die Diskussion um die Ladenöffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen die Rhythmen des Kalenders womöglich grundlegend verändern.

Der Autor hat ein Faible dafür, seine Vertrautheit mit aktuellen Diskursen zu bekunden und Probleme anzuschneiden, doch er schreckt davor zurück, die Dinge anschaulich zu machen und eine eigene Position zu entwickeln. Er verschanzt sich rasch hinter Bergen von historischem Material, das er oft nur kryptisch behandelt, um zur nächsten Quelle überzugehen. Da für ihn keine wesentlichen Unterschiede zwischen antik-heidnischen oder mittelalterlich-christlichen Kalendern bestehen, springt er nicht selten in ein und demselben Absatz zwischen den Epochen hin und her.

Die Gesetze der Dramaturgie, wonach die Spannung eines Werkes durch die Ausarbeitung von Konflikt und Gegensätzlichkeit entsteht, scheint Rüpke außer Kraft setzen zu können. Gerade die Gleichförmigkeit, so verspricht er, mache den Kalender so "spannend". Ohne systematisch vorzugehen, werden tröpfchenweise wichtige Etappen in der Geschichte des Kalenders markiert, die der Autor unverhofft "revolutionär" nennt.

Die verschiedenen, natürlichen astromischen Vorgaben für den Kalender, die täglichen Wechsel von Licht und Dunkelheit, die monatlichen Zu- und Abnahmen des Mondes sowie die jährlichen Sonnenwenden, lassen sich nicht ohne weiteres harmonisch in einem mathematischen Modell vereinen. Es mußte einst zu den Vorgaben der Natur das Menschenwerk hinzukommen, um ein durchlaufendes, gleichmäßiges System von Tagen, Monaten und Jahren für den Kalender zu schaffen. Im vierten und dritten Jahrhundert vor Christus fingen die Römer damit an, den vom Mond bestimmten Kalender durch den von der Sonne geprägten zu ersetzen, indem sie die Tage des Monats nicht mehr genau nach der Zu- und Abnahme des Mondes zählten, sondern abstrakt festlegten. Etwa zur selben Zeit wurde von den Römern auch der achttägige Wochenrhythmus eingeführt. Die Julianische Kalenderreform im Jahr 46 vor Christus perfektionierte dieses neue System und ersetzte die Schaltmonate durch Schalttage.

Rüpke hat sich mit einem Werk über die Religion der Römer einen Namen gemacht, und so befaßt er sich auch in diesem Buch über weite Strecken mit dem Kalender der Römer. Er deutet an, daß sich der Wechsel vom Mond- zum Sonnenkalender parallel zur der Entwicklung vom dörflich-bäuerlichen zum städtisch-imperialen Rom vollzog. Bevor solche übergreifenden Gedanken an Schwung gewinnen, bleiben sie in der Stoffmasse stecken. Nicht nur das Material wird diffus strukturiert, dem Leser werden verschachtelte Sätze, gestelzte Ausdrücke oder holprige Genitiv-Konstruktionen zugemutet, etwa: "Die Datierungsform der Durchzählung der Tage des Monats tritt seit dem sechsten Jahrhunderts auf."

Man erfährt, mit wieviel sonstigen Dingen die astronomischen Daten des Kalenders aufgefüllt wurden: mit Gedenk-, Fest- und Feiertagen aus Religion, Geschichte und Politik oder mit Daten der alltäglichen Geschäfte, mit Gerichts- und Versammlungsterminen, Markt- und Zahltagen. Der Leser merkt, daß sich die kalendarischen Gewichte zwischen Alltag und Fest oder zwischen Politik und Religion im Laufe der Jahrhunderte verlagerten, aber er wartet vergeblich darauf, daß der Autor diese Verschiebungen konsequent verfolgt und bewertet. Nirgends wird über die Conditio humana reflektiert, über ein angemessenes Verhältnis von Arbeit, Erholung und Erinnerung, das vom Kalender zu regeln sei.

Immer noch zehrt der Verlag C. H. Beck in München von dem Ruf, historische Werke zu veröffentlichen, die auf der Grundlage zuverlässiger wissenschaftlicher Forschung ein breiteres Publikum ansprechen, weil die Autoren es schaffen, das Material übersichtlich zu ordnen und einen eleganten, essayistischen Ton zu entwickeln. Das vorliegende Buch gehört zu denen, die dieses Image zu beschädigen drohen.

ERWIN SEITZ

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mit diesem Buch über die Geschichte des Kalenders geht Erwin Seitz hart ins Gericht. Schon gleich zu Anfang geht ihm der offenbar bemüht originelle Ton von Jörg Rüpke auf die Nerven. Eine Fülle von Themen und wissenschaftlichen Diskursen werde in diesem Buch aufgegriffen, aber kaum je ausgeführt, meckert der Rezensent weiter, der bei den vielen Einzelpunkten übergreifende Themenschwerpunkte vermisst. Auch sprachlich genügt das Werk nicht den Ansprüchen Seitz', er beklagt Schachtelsätze, ungelenke Genitivkonstruktionen und Wortdrechseleien. Verschiebungen in den Kalendern von der Antike bis zur Gegenwart im Verhältnis zu Alltags- und Festtagen, religiösen oder politischen Gedenktagen werden bei Rüpke zwar benannt, deren Bedeutung aber nirgends reflektiert, so der enttäuschte Rezensent, der diesem Buch sogar zutraut, den guten Ruf des Beck-Verlags zu schädigen.

© Perlentaucher Medien GmbH