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  • Broschiertes Buch

Produktdetails
  • Verlag: B & S Siebenhaar
  • Seitenzahl: 287
  • Deutsch, Englisch
  • Abmessung: 260mm
  • Gewicht: 981g
  • ISBN-13: 9783934189621
  • ISBN-10: 3934189628
  • Artikelnr.: 24082647
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.06.2001

Reich' den Völkern deine Hand
Der Mauer zugewandt: Das Berliner Künstlerprogramm des DAAD

Wer umhertelefoniert, hört nur Gutes über das Berliner Künstlerprogramm des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Und es gibt reichlich Gründe, die 1963 mit Mitteln der Ford Foundation zur Berlinförderung gegründete Einrichtung als nationales Stipendienprogramm beizubehalten: Das BKP ist renommiert, so daß seine Einladung etwas zählt; es ist gut im Ausland vernetzt, so daß sich die Einzuladenden besonnen wählen lassen; und es ist gut im Inland vernetzt, so daß die Eingeladenen schnell integriert werden, auftreten und ausstellen, ihrerseits Beziehungen ins Ausland eröffnen, das Geld wieder einspielen. Es spricht sogar einiges dafür, die Mittel weiter in Berlin zu bündeln: Berlin dürfte besonders begehrt sein, die Gäste können untereinander in Kontakt treten, die Dichte des Netzes, von der der Ertrag des Aufenthaltes unmittelbar abhängt, ist hier besonders hoch. Obendrein würde gegenüber der Sensations- und Seilschaftsorientierung der neuen Berliner Festspielleitung ein bundeskulturpolitisches Gegengewicht geschaffen.

Warum hat diese erfolgreich und ohne Getröte agierende Institution es nötig, einen Jubelband herauszugeben? Daß die ankommunizierten Ehemaligen kaum mehr als unausgeschlafene Grußadressen von sich geben, war ebenso zu erwarten wie daß der zur Verleimung dieser Adressen engagierte freie Autor persönliches Interesse durch Emphase und Erfahrung durch Gesinnung ersetzt: ". . . macht Berlin für die als seine Gäste kommenden Künstler so erregend. . . . trägt dieser Blick auch zum Selbstverständnis dieses Landes bei." Dabei sagt Hans-Joachim Neubauer nicht nur einfach nichts, sondern auch noch das falsche Nichts. Er sagt nicht: gerade heute, sondern "auch heute noch". Er hängt die Legitimation des Berliner Künstlerprogramms an die Geschichte. Zwar endet er dann mit einem Zitat von Jimmie Durham: "Was ich an Berlin so mag, ist, daß es bereit ist, ohne Geschichte zu leben." Doch zuvor hat er vor allem von Berlin als Drehscheibe zum Osten und den besonderen Beziehungen des BKP zu Künstlern sozialistischer Länder gesprochen.

Nun ist ja die Mauer bekanntlich nicht mehr da, und die Ostavantgarden haben auch an Interesse verloren. Also muß das Programm "nicht mehr nur als Reaktion auf den Mauerbau, sondern auch als Antwort auf die deutsche Geschichte von 1933 bis 1945 und die Jahrzehnte danach" erhalten bleiben. Deutschland habe eine besondere Verpflichtung, verfolgten Künstlern Exil zu gewähren. Auch angesichts der "Persistenz des Unmenschlichen". Und ganz besonders persistent sind für Neubauer die Berliner. Mit Genuß und Wiederholung zitiert er despektierliche Berichte. Unkultiviert, uninteressiert, unfreundlich, aggressiv seien sie. Zumal die Busfahrer und die Radfahrer auf ihren Radwegen. Hätten wir da nicht eher eine besondere Verpflichtung, Ausländern ihren Berlin-Wunsch mit allen Mitteln auszureden?

GUSTAV FALKE

Hans-Joachim Neubauer: "Zeitenwechsel". Das Berliner Künstlerprogramm des DAAD und seine Gäste (1988-2000). Herausgegeben vom Berliner Künstlerprogramm des DAAD. Verlag Bostelmann & Siebenhaar, Berlin 2001. 287 S., Farb- u. S/W-Abb., br., 58,- DM.

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