International Booker Prize 2023!
»Große, große Literatur.« Sandra Kegel in 3sat, Buchzeit
»Sein beseeltestes und umwerfendstes Buch.« Dave Eggers
»Das Buch der Stunde.« Deutschlandfunk
»Ein großer europäischer Erzähler. 'Zeitzuflucht' ist ein atemberaubender Roman aus alten Zeiten über das Heute.« Die Zeit
»Der Roman steht in einem besonderen Regal in meiner Bibliothek, das ich für Bücher reserviere, die ich immer wieder lesen muss.« Nobelpreisträgerin Olga Tokarczuk
»Intelligent und berührend.« The New York Times
In Georgi Gospodinovs Roman trifft der Erzähler auf Gaustín, einen Flaneur, der durch die Zeit reist. In Zürich eröffnet Gaustín eine »Klinik für die Vergangenheit«, eine Einrichtung, die Alzheimer-Kranken eine inspirierende Behandlung anbietet: Jedes Stockwerk ist einem bestimmten Jahrzehnt nachempfunden. Patienten können dort Trost finden in ihren verblassenden Erinnerungen. Aber auf einmal interessieren sich auch immer mehr gesunde Menschen dafür, in die Klinik aufgenommen zu werden, in der Hoffnung, den Schrecken der Gegenwart zu entkommen. Und schließlich sind es sogar ganze Länder, die Gaustíns Idee von den Vergangenheitsräumen folgen werden, und in frühere Zeiten zurückkehren wollen... Ein glänzender, hochpolitischer Roman, durchzogen von dunklem Witz, der uns eine neue Art eröffnet, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zusammenzudenken.
»Große, große Literatur.« Sandra Kegel in 3sat, Buchzeit
»Sein beseeltestes und umwerfendstes Buch.« Dave Eggers
»Das Buch der Stunde.« Deutschlandfunk
»Ein großer europäischer Erzähler. 'Zeitzuflucht' ist ein atemberaubender Roman aus alten Zeiten über das Heute.« Die Zeit
»Der Roman steht in einem besonderen Regal in meiner Bibliothek, das ich für Bücher reserviere, die ich immer wieder lesen muss.« Nobelpreisträgerin Olga Tokarczuk
»Intelligent und berührend.« The New York Times
In Georgi Gospodinovs Roman trifft der Erzähler auf Gaustín, einen Flaneur, der durch die Zeit reist. In Zürich eröffnet Gaustín eine »Klinik für die Vergangenheit«, eine Einrichtung, die Alzheimer-Kranken eine inspirierende Behandlung anbietet: Jedes Stockwerk ist einem bestimmten Jahrzehnt nachempfunden. Patienten können dort Trost finden in ihren verblassenden Erinnerungen. Aber auf einmal interessieren sich auch immer mehr gesunde Menschen dafür, in die Klinik aufgenommen zu werden, in der Hoffnung, den Schrecken der Gegenwart zu entkommen. Und schließlich sind es sogar ganze Länder, die Gaustíns Idee von den Vergangenheitsräumen folgen werden, und in frühere Zeiten zurückkehren wollen... Ein glänzender, hochpolitischer Roman, durchzogen von dunklem Witz, der uns eine neue Art eröffnet, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zusammenzudenken.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.04.2022In der Diktatur der Vergangenheit
Georgi Gospodinov schreibt ein erschreckend zeitgemäßes Buch über die Sucht nach Geschichtsklitterung
Zürich ist eine gute Stadt zum Altwerden. Und zum Sterben. Ein Ort mit Friedhofsruhe. Kein Wunder, dass in Georgi Gospodinovs Roman "Zeitzuflucht" ein kosmopolitischer Künstler und Therapeut namens Gaustín seine sehr spezielle Klinik für Alzheimer- und Demenzkranke ausgerechnet hier eröffnet, indem er Zimmer im Stil von Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts einrichtet. Wo, wenn nicht in der Schweiz, fänden sich dafür ausreichend Mäzene und Patienten? Das sorgsam zusammengestellte Interieur nebst originalen Zigaretten, Gerüchen, Zeitungen und vielem mehr soll wie ein Trank aus dem Fluss Mnemosyne die verlorenen Erinnerungen zurückholen, die Gedächtniszellen aufkeimen lassen wie trockene Samen nach einem auf lange Dürre folgenden Regen.
Im Gegensatz zu seinem bulgarischen Landsmann Christo ist Gaustín kein Verpackungs-, sondern ein Entpackungskünstler. Besonders greise Exilanten, die zum Zwecke der Assimilation alles Ehemalige lange verdrängt hatten, finden in der vertraut wirkenden Umgebung zu den oft traumatischen Geschichten aus Kindheit und Jugend zurück. Im Vergleich zur wiedererlangten Vergangenheit, so berichten Patienten, werde die Gegenwart schlagartig farblos. Eine Klinik, aus der man selbst bei Symptombesserung nicht entlassen werden möchte.
Doch die minutiös arrangierten Zeitzufluchten sind Segen und Fluch zugleich. Der Erfolg lässt nicht lange auf sich warten. Einem Virus mit gefährlichen Varianten gleich, breitet sich nicht nur dieses Klinikmodell, sondern auch die ganz banale Obsession mit der Vergangenheit überall in Europa aus. Es ist wie das rapide Schmelzen des Permafrostes, bei dem ein Matsch aus unterschiedlichsten Erdschichten und Epochen entsteht, der giftige Gase entweichen lässt. Während der Zeitenzauberer Gaustín in allen Äras und Historien agieren kann, so erfährt man aus dem Roman, verhielten sich die Normalsterblichen der eigenen Zeit gegenüber, als hätten sie Hunderte davon.
Mit den Nationalstaaten und Nationen sei es nicht viel anders. Einerseits haben die Europäer erfolgreich verdrängt, dass die Nation "ein weinerliches historisches Wickelkind ist, das einen auf biblischen Greis macht". Schließlich gab es ein Leben vor dem Nationalstaat! Andererseits, wenn sie sich schon nicht auf eine gemeinsame Zukunft einigen können, so doch vielleicht auf eine gemeinsame Vergangenheit? Auf ein Jahrzehnt, in das alle zurückwollen? Ein Referendum soll es richten, selbstredend in jedem Land der Europäischen Union ein eigenes, und auch der Schweiz. Und so überwuchern überall auf dem Kontinent die Vergangenheiten wie Unkraut die Gegenwart.
Sie werden wie der Erzähler des Romans, ein bulgarischer Schriftsteller, der als persönlicher Assistent Gaustíns arbeitet, am Beispiel seines Heimatlandes beobachtet, in einer regelrechten Reenactment-Flutwelle mit Statisten und Attrappen von Mausoleen, Diktatoren und Revolutionen inszeniert - egal, ob kommunistischer Totalitarismus oder nationalkonservativer Revanchismus, Hauptsache vorwärts in die Diktatur der Vergangenheit! Das erste Opfer dieses Vergangenheitstsunamis ist das Vergessen selbst. Je mehr Gesellschaften vergessen, desto mehr geschichtsklitternde Pseudo- und Ersatzerinnerungen werden produziert.
Der 1968 in Bulgarien geborene Georgi Gospodinov gehört zu den eigenwilligsten und scharfsinnigsten Stimmen der zeitgenössischen europäischen Literatur. Bereits in seinem letzten Roman, "Physik der Schwermut" (2014), entführte uns der zunächst als Lyriker bekannt gewordene Autor in ein Labyrinth der Erinnerungen. Äußerst kunstvoll verwoben, mit poetischer Verve und reichlich melancholischer Ironie wird dort von und aus Zeitkapseln berichtet, aus unterschiedlichsten Jahrhunderten, verstrickt mit Kindheits- und Familiengeschichten aus dem kommunistischen und post-kommunistischen Bulgarien und klassischer Mythologie. In seinem neuen Meisterwerk, das bereits in fünfzehn Sprachen übersetzt wurde und für das er im vergangenen Jahr den italienischen Literaturpreis Premio Strega Europeo erhalten hatte, wird die postapokalyptische geschichtsversessene europäische Landkarte von ihren Rändern her bis ins Zentrum schonungslos vermessen. Die Melange aus philosophischen Aperçus, burlesken Szenen und berührenden Biographien lassen die Lektüre nie langweilig werden.
Gospodinov ist ein sprachlicher Hochseilakrobat, dessen Kunst dank der frischen Übersetzung von Alexander Sitzmann sicher in der deutschen Sprache landet. So denkt der Erzähler beim Anblick eines nostalgisch reinszenierten kommunistischen Massenevents in Sofia an eine Tante, die 1968 zur Eröffnung der Weltjugendspiele inmitten einer Fahnenchoreographie ein "Barthaar in Lenins Schnauzer" sein durfte, die größte Rolle im Leben der verhinderten Aktrice. Ein paar Seitenstraßen weiter entdeckt der flanierende Erzähler einen an einem Baum gepinnt unscheinbaren Hilferuf: Tausche dreißig Zoll LCD-Fernseher gegen dreißig Flaschen Schnaps. Der Schnaps ist ehrlich, der Fernseher nicht! Doch von den Zetteln mit der Telefonnummer des Anbieters wurde nicht ein einziger abgetrennt. Am Ende dieser Amnesie der kollektiven Erinnerung katapultieren sich die Europäer in eine Schicksalsstunde ihrer Geschichte zurück und zelebrieren ihr gigantisch-martialisches Reenactment mit Millionen von Statisten. Man wiederholt die Katastrophe, auf dass sie sich nicht wiederhole. Man muss kein Schelm sein, um dabei an wahrhaft Böses zu denken. SABINE BERKING
Georgi Gospodinov: "Zeitzuflucht". Roman.
Aus dem Bulgarischen von Alexander Sitzmann. Aufbau Verlag, Berlin 2022. 340 S., geb., 24,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Georgi Gospodinov schreibt ein erschreckend zeitgemäßes Buch über die Sucht nach Geschichtsklitterung
Zürich ist eine gute Stadt zum Altwerden. Und zum Sterben. Ein Ort mit Friedhofsruhe. Kein Wunder, dass in Georgi Gospodinovs Roman "Zeitzuflucht" ein kosmopolitischer Künstler und Therapeut namens Gaustín seine sehr spezielle Klinik für Alzheimer- und Demenzkranke ausgerechnet hier eröffnet, indem er Zimmer im Stil von Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts einrichtet. Wo, wenn nicht in der Schweiz, fänden sich dafür ausreichend Mäzene und Patienten? Das sorgsam zusammengestellte Interieur nebst originalen Zigaretten, Gerüchen, Zeitungen und vielem mehr soll wie ein Trank aus dem Fluss Mnemosyne die verlorenen Erinnerungen zurückholen, die Gedächtniszellen aufkeimen lassen wie trockene Samen nach einem auf lange Dürre folgenden Regen.
Im Gegensatz zu seinem bulgarischen Landsmann Christo ist Gaustín kein Verpackungs-, sondern ein Entpackungskünstler. Besonders greise Exilanten, die zum Zwecke der Assimilation alles Ehemalige lange verdrängt hatten, finden in der vertraut wirkenden Umgebung zu den oft traumatischen Geschichten aus Kindheit und Jugend zurück. Im Vergleich zur wiedererlangten Vergangenheit, so berichten Patienten, werde die Gegenwart schlagartig farblos. Eine Klinik, aus der man selbst bei Symptombesserung nicht entlassen werden möchte.
Doch die minutiös arrangierten Zeitzufluchten sind Segen und Fluch zugleich. Der Erfolg lässt nicht lange auf sich warten. Einem Virus mit gefährlichen Varianten gleich, breitet sich nicht nur dieses Klinikmodell, sondern auch die ganz banale Obsession mit der Vergangenheit überall in Europa aus. Es ist wie das rapide Schmelzen des Permafrostes, bei dem ein Matsch aus unterschiedlichsten Erdschichten und Epochen entsteht, der giftige Gase entweichen lässt. Während der Zeitenzauberer Gaustín in allen Äras und Historien agieren kann, so erfährt man aus dem Roman, verhielten sich die Normalsterblichen der eigenen Zeit gegenüber, als hätten sie Hunderte davon.
Mit den Nationalstaaten und Nationen sei es nicht viel anders. Einerseits haben die Europäer erfolgreich verdrängt, dass die Nation "ein weinerliches historisches Wickelkind ist, das einen auf biblischen Greis macht". Schließlich gab es ein Leben vor dem Nationalstaat! Andererseits, wenn sie sich schon nicht auf eine gemeinsame Zukunft einigen können, so doch vielleicht auf eine gemeinsame Vergangenheit? Auf ein Jahrzehnt, in das alle zurückwollen? Ein Referendum soll es richten, selbstredend in jedem Land der Europäischen Union ein eigenes, und auch der Schweiz. Und so überwuchern überall auf dem Kontinent die Vergangenheiten wie Unkraut die Gegenwart.
Sie werden wie der Erzähler des Romans, ein bulgarischer Schriftsteller, der als persönlicher Assistent Gaustíns arbeitet, am Beispiel seines Heimatlandes beobachtet, in einer regelrechten Reenactment-Flutwelle mit Statisten und Attrappen von Mausoleen, Diktatoren und Revolutionen inszeniert - egal, ob kommunistischer Totalitarismus oder nationalkonservativer Revanchismus, Hauptsache vorwärts in die Diktatur der Vergangenheit! Das erste Opfer dieses Vergangenheitstsunamis ist das Vergessen selbst. Je mehr Gesellschaften vergessen, desto mehr geschichtsklitternde Pseudo- und Ersatzerinnerungen werden produziert.
Der 1968 in Bulgarien geborene Georgi Gospodinov gehört zu den eigenwilligsten und scharfsinnigsten Stimmen der zeitgenössischen europäischen Literatur. Bereits in seinem letzten Roman, "Physik der Schwermut" (2014), entführte uns der zunächst als Lyriker bekannt gewordene Autor in ein Labyrinth der Erinnerungen. Äußerst kunstvoll verwoben, mit poetischer Verve und reichlich melancholischer Ironie wird dort von und aus Zeitkapseln berichtet, aus unterschiedlichsten Jahrhunderten, verstrickt mit Kindheits- und Familiengeschichten aus dem kommunistischen und post-kommunistischen Bulgarien und klassischer Mythologie. In seinem neuen Meisterwerk, das bereits in fünfzehn Sprachen übersetzt wurde und für das er im vergangenen Jahr den italienischen Literaturpreis Premio Strega Europeo erhalten hatte, wird die postapokalyptische geschichtsversessene europäische Landkarte von ihren Rändern her bis ins Zentrum schonungslos vermessen. Die Melange aus philosophischen Aperçus, burlesken Szenen und berührenden Biographien lassen die Lektüre nie langweilig werden.
Gospodinov ist ein sprachlicher Hochseilakrobat, dessen Kunst dank der frischen Übersetzung von Alexander Sitzmann sicher in der deutschen Sprache landet. So denkt der Erzähler beim Anblick eines nostalgisch reinszenierten kommunistischen Massenevents in Sofia an eine Tante, die 1968 zur Eröffnung der Weltjugendspiele inmitten einer Fahnenchoreographie ein "Barthaar in Lenins Schnauzer" sein durfte, die größte Rolle im Leben der verhinderten Aktrice. Ein paar Seitenstraßen weiter entdeckt der flanierende Erzähler einen an einem Baum gepinnt unscheinbaren Hilferuf: Tausche dreißig Zoll LCD-Fernseher gegen dreißig Flaschen Schnaps. Der Schnaps ist ehrlich, der Fernseher nicht! Doch von den Zetteln mit der Telefonnummer des Anbieters wurde nicht ein einziger abgetrennt. Am Ende dieser Amnesie der kollektiven Erinnerung katapultieren sich die Europäer in eine Schicksalsstunde ihrer Geschichte zurück und zelebrieren ihr gigantisch-martialisches Reenactment mit Millionen von Statisten. Man wiederholt die Katastrophe, auf dass sie sich nicht wiederhole. Man muss kein Schelm sein, um dabei an wahrhaft Böses zu denken. SABINE BERKING
Georgi Gospodinov: "Zeitzuflucht". Roman.
Aus dem Bulgarischen von Alexander Sitzmann. Aufbau Verlag, Berlin 2022. 340 S., geb., 24,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Rezensent Jörg Plath ist begeistert. Georgi Gospodinovs Roman über nostalgische Vergangenheitsprojektionen und Geschichtsklitterung hält er angesichts des Krieges in der Ukraine nicht nur für hochaktuell, sondern auch für eine humorvolle Dekonstruktion populistischer Sehnsüchte. Der Ich-Erzähler wird in das Projekt eines Arztes hineingezogen, der Demenzpatienten heilen will, indem er für sie die Umgebung an deren Vergangenheit angleicht. Doch die therapeutische Idee wird zum politischen Programm, von dem bald ganz Europa befallen wird. Plath hält das für einen spöttelnden und kühnen Kommentar zur Gegenwart. Er lobt zudem, dass der Roman trotz seiner Konzentration auf Wiederholung von Vergangenem nicht in eine lineare oder gar sachliche Erzählweise verfällt, sondern mit gewitzten Kniffen die Vorhersehbarkeit der Ereignisse unterläuft.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
»Georgi Gospodinov schreibt ein erschreckend zeitgemäßes Buch über die Sucht nach Geschichtsklitterung« Frankfurter Allgemeine Zeitung 20220407
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.05.2023Das süße Gift der Nostalgie
Mit seinem leider visionären Roman „Zeitzuflucht" hat der bulgarische Autor Georgi Gospodinov
soeben den bedeutenden International Booker Prize bekommen. Erinnerungen an ein Treffen in Sofia
VON ALEX RÜHLE
Als Georgi Gospodinov soeben der Booker-Preis für seinen Roman „Zeitzuflucht“ zugesprochen wurde, da schrieb der Guardian, es sei „fast schon unheimlich“, wie treffend dieses Buch unsere Epoche auf den Punkt bringe. Das stimmt, dem bulgarischen Autor ist eine so beklemmende wie witzige Parabel auf die Gefahren des nostalgischen Populismus gelungen. Aber es gibt Jahr für Jahr viele Bücher, die ihre jeweilige Zeit treffend zusammenfassen. Wirklich unheimlich und zugleich beeindruckend aber wird es, wenn man den Autor dieses Buchs zum Interview trifft und sich im Verlauf des Gesprächs die Straßen vorm Café in Kulissen seines Romans zu verwandeln scheinen, das fiktive Personal plötzlich ganz real da draußen zu grölen anfängt und am Ende ein Nazitrupp mit riesiger Fahne – aber von Anfang an.
Es war der 22. Juni 2022 in Sofia. Am Morgen war bekannt geworden, dass die Opposition am Abend ein Misstrauensvotum gegen die neue Regierung Petkow beantragen würde. Die hatte erstmals wirklich versucht, gegen die mafiösen Korruptionsnetzwerke anzugehen, die das ärmste Land der EU seit Jahrzehnten fest im Griff haben. Jetzt brodelte die Stadt: Progressive Kräfte hatten verzweifelt zu einer Solidaritätsdemonstration vor dem Parlament am frühen Abend aufgerufen. Daraufhin hatten die Netzwerke um den ehemaligen Premier Bojko Borissow ebenfalls dazu aufgerufen, zum Parlament zu kommen. Riesige Polizeiaufgebote wurden im ganze Zentrum zusammengezogen.
Sofia war damals der Schlusspunkt einer Reportagereise durch ganz Europa, 20 000 Kilometer, 33 Grenzen, viele Sprachen, noch mehr Geschichte(n), immer der Frage nach, was die EU noch zusammenhält. Was auf der Reise immer wieder auffiel, war einerseits ein fast schon euphorisch ernstes Gefühl des Zusammenrückens angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine. Andererseits war allerorten der Einfluss populistischer Parteien zu spüren, eine jeweils eigene nationale Rückverpuppung in nationale Mythen und Egoismen. Es gab den lodernden Hass all der Nationalisten, die ihr jeweiliges Lagerfeuer am liebsten mit den Trümmerbalken der EU schüren würden. Und es gab sehr viel Rückbesinnung auf irgendeine gute, alte Zeit. Der größte Mangel in diesem reichen Kontinent schien der einer tragbaren Zukunftsvorstellung zu sein.
Gospodinov hat genau diesen Mangel an Zukunft in „Zeitzuflucht“ in eine geniale Geschichte gegossen: Ein Psychiater kreiert Vergangenheitskliniken für Alzheimerkranke, die Stockwerke voller Objekte, Gerüche, Fotos aus den Sechzigern, Siebzigern, Achtzigern, je nachdem, an welche Dekade die Kranken die glücklichsten Erinnerungen haben. Die fühlen sich in diesen Vergangenheitskulissen erstmals seit Ausbruch ihrer Krankheit wieder irgendwo zu Hause, triggern doch all die alten Gegenstände längst verschüttet geglaubte Bewusstseinssedimente.
Der Clou an der Handlung: Es setzt ein kollektiver Run auf diese Kliniken ein, schließlich sind die gesunden Menschen mittlerweile ähnlich überfordert von der elend komplexen Gegenwart wie die Demenzkranken. Lieber kuscheln mit der eigenen Erinnerung als sich für eine düster dräuende Zukunft zu wappnen. Die Kliniken breiten sich geradezu explosionsartig aus, alle Länder werden erfasst von derart heftigen Nostalgiewellen, dass ein EU-weites Vergangenheitsreferendum abgehalten wird.
Leider darf dabei jedes Land für sich entscheiden, in welcher Dekade es sich dauerhaft einrichten möchte. Die Italiener plädieren für die Sechziger, Schweden wählt die Siebzigerjahre, in denen sie dank Abba und Ikea zum Weltexportschlager wurden, Deutschland sehnt sich in die Zeit vor dem Mauerfall zurück, als man im windstillen Schatten der Geschichte sein beschauliches Wohlstandsdasein führte. Indem die Länder aber in ihrer je eigenen Nostalgie-Bubble Schutz suchen, driften sie gleichzeitig noch weiter auseinander.
Gospodinov hatte Wochen zuvor für das Treffen das „Café Timeless“ in der Nähe des Parlaments vorgeschlagen. Während er jetzt im Innenhof des Cafés über das gefährlich süße Gift der Nostalgie sprach, war es, als hätte sein Roman plötzlich ein Leck bekommen, als würde seine Fiktion hier ins Zentrum von Sofia ausfließen und die Realität kontaminieren. Er erzählte gerade davon, dass er mit dem Buch nach Trumps überraschendem Wahlerfolg angefangen habe. „An dem Tag ist was in der Zeit zerbrochen“, so sagt er es, „Something got wrong in the time“. Am unheimlichsten an Trump war für ihn dessen Slogan: Make America Great Again. „Genauer gesagt dieses Again. Als würde man die Vergangenheit mit Blut füllen.“
Zur selben Zeit fielen ihm in Bulgarien lauter bizarre Nostalgieauswüchse auf, vom Revival folkloristischer Trachten über den Boom militaristischer Tattoos und riesiger Mittelalterfeste zu Reenactments historischer Schlachten: „Angeblich gibt es in Bulgarien 100 000 funktionsfähige Waffen aus dem 19. Jahrhundert. Das wäre eine Vergangenheitsarmee, weit größer als unser aktuelles Heer.“ Und während er davon sprach, strömten draußen immer mehr traditionell gewandete Männer vorbei, ein bisschen wie Tatarenfasching oder das Jahrestreffen der Dschingis-Khan-Fans.
Gospodinov sah einem Trupp junger Männer in paramilitärischer Aufmachung hinterher und sagte, wie seltsam es doch sei, dass der Ukraine-Krieg „gerade dann ausbricht, wenn die letzten, die sich noch an den Zweiten Weltkrieg erinnern, von uns gehen. Als müsste sich alles wiederholen, weil wir immer wieder die elementaren Lektionen vergessen“.
Auf die ironische Frage, ob Gospodinov die ganze Szenerie da draußen für seinen Interviewpartner inszeniert habe, sagte er, er sei von den Überschneidungen seines Buches mit der Wirklichkeit selbst immer wieder überrascht. „Man denkt sich eine Dystopie aus, und dann wird sie im Nachhinein zur Dokumentation.“ Eines der zentralen Bilder des Buchs ist das vom Vergangenheitsvirus, das sich rasend schnell über den Erdball ausbreitet („Und dann machte sich die Vergangenheit auf, die Welt zu erobern … Sie übertrug sich von Mensch zu Mensch wie eine Epidemie, wie die Justinianische Pest oder die Spanische Grippe.“) Direkt nach dem Erscheinen kam der erste Lockdown wegen der Pandemie.
Auf die Frage, in welche Dekade Putins Russland wohl am liebsten zurückkehren würde, hatte Gospodinov sofort eine Antwort: „Der träumt von der heldenhaften Sowjetunion, den frühen Vierzigern, als die Welt zu ihnen hielt im Kampf gegen Nazideutschland.“ Sein Roman endet damit, dass Hunderttausende Europäer zu einem Historienspektakel an der polnischen Grenze zusammenströmen, um den 1. September 1939 nachzustellen. Die Geschichte wiederholt sich, nicht als Farce, sondern als Reenactment.
Die Demonstranten am Abend mussten mit riesigen Polizeiaufgeboten voneinander getrennt werden, vor dem Parlament bürgerliches Publikum mit EU-Fahnen, eine junge Frau in Dreadlocks malte mit Kreide das Nato-Symbol auf die Straße. Hinterm Parlament aber schien sich das dunkle Personal aus Gospodinovs Roman versammelt zu haben, Popen mit großen Kreuzen, seltsame Trachtenensembles, wie Statisten eines bulgarischen Bauernhofmuseums, bunt bestickte Hemden, Lederstiefel, Krummdolche … Und natürlich der obligatorische Trupp Neonazis, einer hatte die SS-Runen auf den nackten Wadenmuskeln, ein anderer trug ein T-Shirt mit riesigem Hakenkreuz.
Seit jenem Tag vor einem Jahr, seit dem Sturz der Regierung Petkow, gab es zwei Wahlen, im Herbst könnte es eine dritte geben, Bulgarien dümpelt manövrierunfähig vor sich hin. Bojko Borissow, der das Land in den Jahren seiner Regentschaft in dichten Filz gehüllt hat (die Europäische Staatsanwaltschaft hat in Bulgarien in 120 Betrugsfällen ermittelt, knapp 300 Millionen Euro sollen in den drei Legislaturperioden, die Borissow das Land regiert hat, aus dem Staatshaushalt verschwunden sein), dieser Borissow zieht die Macht langsam, aber sicher wieder an sich. Währenddessen wuchert der nostalgische Nationalismus weiter vor sich hin. Oder wie es in „Zeitzuflucht“ heißt: „Es gibt Länder, deren einziger Reichtum das eigene Unglück ist. Das Erdöl der Schwermut ist ihre unerschöpfliche Ressource.“ Es lohnt sich wirklich, diesen Roman zu lesen.
Während Trumps Präsidentschaft
fielen ihm auch in Bulgarien
bizarre Nostalgieauswüchse auf
Die Geschichte wiederholt
sich, nicht als Farce,
sondern als Reenactment
Rezeption des DDR-Hostels am Berliner Ostbahnhof: Wenn man sich eine Dekade aussuchen könnte, in der man am glücklichsten war, und immer dort leben, welche würde das sein?
Foto:mauritius images / TNT Magazine Pixate Ltd / Alamy
Der bulgarische Schriftsteller und Booker-Preisträger Georgi Gospodinov.
Foto: Svetla Stoyanova
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Mit seinem leider visionären Roman „Zeitzuflucht" hat der bulgarische Autor Georgi Gospodinov
soeben den bedeutenden International Booker Prize bekommen. Erinnerungen an ein Treffen in Sofia
VON ALEX RÜHLE
Als Georgi Gospodinov soeben der Booker-Preis für seinen Roman „Zeitzuflucht“ zugesprochen wurde, da schrieb der Guardian, es sei „fast schon unheimlich“, wie treffend dieses Buch unsere Epoche auf den Punkt bringe. Das stimmt, dem bulgarischen Autor ist eine so beklemmende wie witzige Parabel auf die Gefahren des nostalgischen Populismus gelungen. Aber es gibt Jahr für Jahr viele Bücher, die ihre jeweilige Zeit treffend zusammenfassen. Wirklich unheimlich und zugleich beeindruckend aber wird es, wenn man den Autor dieses Buchs zum Interview trifft und sich im Verlauf des Gesprächs die Straßen vorm Café in Kulissen seines Romans zu verwandeln scheinen, das fiktive Personal plötzlich ganz real da draußen zu grölen anfängt und am Ende ein Nazitrupp mit riesiger Fahne – aber von Anfang an.
Es war der 22. Juni 2022 in Sofia. Am Morgen war bekannt geworden, dass die Opposition am Abend ein Misstrauensvotum gegen die neue Regierung Petkow beantragen würde. Die hatte erstmals wirklich versucht, gegen die mafiösen Korruptionsnetzwerke anzugehen, die das ärmste Land der EU seit Jahrzehnten fest im Griff haben. Jetzt brodelte die Stadt: Progressive Kräfte hatten verzweifelt zu einer Solidaritätsdemonstration vor dem Parlament am frühen Abend aufgerufen. Daraufhin hatten die Netzwerke um den ehemaligen Premier Bojko Borissow ebenfalls dazu aufgerufen, zum Parlament zu kommen. Riesige Polizeiaufgebote wurden im ganze Zentrum zusammengezogen.
Sofia war damals der Schlusspunkt einer Reportagereise durch ganz Europa, 20 000 Kilometer, 33 Grenzen, viele Sprachen, noch mehr Geschichte(n), immer der Frage nach, was die EU noch zusammenhält. Was auf der Reise immer wieder auffiel, war einerseits ein fast schon euphorisch ernstes Gefühl des Zusammenrückens angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine. Andererseits war allerorten der Einfluss populistischer Parteien zu spüren, eine jeweils eigene nationale Rückverpuppung in nationale Mythen und Egoismen. Es gab den lodernden Hass all der Nationalisten, die ihr jeweiliges Lagerfeuer am liebsten mit den Trümmerbalken der EU schüren würden. Und es gab sehr viel Rückbesinnung auf irgendeine gute, alte Zeit. Der größte Mangel in diesem reichen Kontinent schien der einer tragbaren Zukunftsvorstellung zu sein.
Gospodinov hat genau diesen Mangel an Zukunft in „Zeitzuflucht“ in eine geniale Geschichte gegossen: Ein Psychiater kreiert Vergangenheitskliniken für Alzheimerkranke, die Stockwerke voller Objekte, Gerüche, Fotos aus den Sechzigern, Siebzigern, Achtzigern, je nachdem, an welche Dekade die Kranken die glücklichsten Erinnerungen haben. Die fühlen sich in diesen Vergangenheitskulissen erstmals seit Ausbruch ihrer Krankheit wieder irgendwo zu Hause, triggern doch all die alten Gegenstände längst verschüttet geglaubte Bewusstseinssedimente.
Der Clou an der Handlung: Es setzt ein kollektiver Run auf diese Kliniken ein, schließlich sind die gesunden Menschen mittlerweile ähnlich überfordert von der elend komplexen Gegenwart wie die Demenzkranken. Lieber kuscheln mit der eigenen Erinnerung als sich für eine düster dräuende Zukunft zu wappnen. Die Kliniken breiten sich geradezu explosionsartig aus, alle Länder werden erfasst von derart heftigen Nostalgiewellen, dass ein EU-weites Vergangenheitsreferendum abgehalten wird.
Leider darf dabei jedes Land für sich entscheiden, in welcher Dekade es sich dauerhaft einrichten möchte. Die Italiener plädieren für die Sechziger, Schweden wählt die Siebzigerjahre, in denen sie dank Abba und Ikea zum Weltexportschlager wurden, Deutschland sehnt sich in die Zeit vor dem Mauerfall zurück, als man im windstillen Schatten der Geschichte sein beschauliches Wohlstandsdasein führte. Indem die Länder aber in ihrer je eigenen Nostalgie-Bubble Schutz suchen, driften sie gleichzeitig noch weiter auseinander.
Gospodinov hatte Wochen zuvor für das Treffen das „Café Timeless“ in der Nähe des Parlaments vorgeschlagen. Während er jetzt im Innenhof des Cafés über das gefährlich süße Gift der Nostalgie sprach, war es, als hätte sein Roman plötzlich ein Leck bekommen, als würde seine Fiktion hier ins Zentrum von Sofia ausfließen und die Realität kontaminieren. Er erzählte gerade davon, dass er mit dem Buch nach Trumps überraschendem Wahlerfolg angefangen habe. „An dem Tag ist was in der Zeit zerbrochen“, so sagt er es, „Something got wrong in the time“. Am unheimlichsten an Trump war für ihn dessen Slogan: Make America Great Again. „Genauer gesagt dieses Again. Als würde man die Vergangenheit mit Blut füllen.“
Zur selben Zeit fielen ihm in Bulgarien lauter bizarre Nostalgieauswüchse auf, vom Revival folkloristischer Trachten über den Boom militaristischer Tattoos und riesiger Mittelalterfeste zu Reenactments historischer Schlachten: „Angeblich gibt es in Bulgarien 100 000 funktionsfähige Waffen aus dem 19. Jahrhundert. Das wäre eine Vergangenheitsarmee, weit größer als unser aktuelles Heer.“ Und während er davon sprach, strömten draußen immer mehr traditionell gewandete Männer vorbei, ein bisschen wie Tatarenfasching oder das Jahrestreffen der Dschingis-Khan-Fans.
Gospodinov sah einem Trupp junger Männer in paramilitärischer Aufmachung hinterher und sagte, wie seltsam es doch sei, dass der Ukraine-Krieg „gerade dann ausbricht, wenn die letzten, die sich noch an den Zweiten Weltkrieg erinnern, von uns gehen. Als müsste sich alles wiederholen, weil wir immer wieder die elementaren Lektionen vergessen“.
Auf die ironische Frage, ob Gospodinov die ganze Szenerie da draußen für seinen Interviewpartner inszeniert habe, sagte er, er sei von den Überschneidungen seines Buches mit der Wirklichkeit selbst immer wieder überrascht. „Man denkt sich eine Dystopie aus, und dann wird sie im Nachhinein zur Dokumentation.“ Eines der zentralen Bilder des Buchs ist das vom Vergangenheitsvirus, das sich rasend schnell über den Erdball ausbreitet („Und dann machte sich die Vergangenheit auf, die Welt zu erobern … Sie übertrug sich von Mensch zu Mensch wie eine Epidemie, wie die Justinianische Pest oder die Spanische Grippe.“) Direkt nach dem Erscheinen kam der erste Lockdown wegen der Pandemie.
Auf die Frage, in welche Dekade Putins Russland wohl am liebsten zurückkehren würde, hatte Gospodinov sofort eine Antwort: „Der träumt von der heldenhaften Sowjetunion, den frühen Vierzigern, als die Welt zu ihnen hielt im Kampf gegen Nazideutschland.“ Sein Roman endet damit, dass Hunderttausende Europäer zu einem Historienspektakel an der polnischen Grenze zusammenströmen, um den 1. September 1939 nachzustellen. Die Geschichte wiederholt sich, nicht als Farce, sondern als Reenactment.
Die Demonstranten am Abend mussten mit riesigen Polizeiaufgeboten voneinander getrennt werden, vor dem Parlament bürgerliches Publikum mit EU-Fahnen, eine junge Frau in Dreadlocks malte mit Kreide das Nato-Symbol auf die Straße. Hinterm Parlament aber schien sich das dunkle Personal aus Gospodinovs Roman versammelt zu haben, Popen mit großen Kreuzen, seltsame Trachtenensembles, wie Statisten eines bulgarischen Bauernhofmuseums, bunt bestickte Hemden, Lederstiefel, Krummdolche … Und natürlich der obligatorische Trupp Neonazis, einer hatte die SS-Runen auf den nackten Wadenmuskeln, ein anderer trug ein T-Shirt mit riesigem Hakenkreuz.
Seit jenem Tag vor einem Jahr, seit dem Sturz der Regierung Petkow, gab es zwei Wahlen, im Herbst könnte es eine dritte geben, Bulgarien dümpelt manövrierunfähig vor sich hin. Bojko Borissow, der das Land in den Jahren seiner Regentschaft in dichten Filz gehüllt hat (die Europäische Staatsanwaltschaft hat in Bulgarien in 120 Betrugsfällen ermittelt, knapp 300 Millionen Euro sollen in den drei Legislaturperioden, die Borissow das Land regiert hat, aus dem Staatshaushalt verschwunden sein), dieser Borissow zieht die Macht langsam, aber sicher wieder an sich. Währenddessen wuchert der nostalgische Nationalismus weiter vor sich hin. Oder wie es in „Zeitzuflucht“ heißt: „Es gibt Länder, deren einziger Reichtum das eigene Unglück ist. Das Erdöl der Schwermut ist ihre unerschöpfliche Ressource.“ Es lohnt sich wirklich, diesen Roman zu lesen.
Während Trumps Präsidentschaft
fielen ihm auch in Bulgarien
bizarre Nostalgieauswüchse auf
Die Geschichte wiederholt
sich, nicht als Farce,
sondern als Reenactment
Rezeption des DDR-Hostels am Berliner Ostbahnhof: Wenn man sich eine Dekade aussuchen könnte, in der man am glücklichsten war, und immer dort leben, welche würde das sein?
Foto:mauritius images / TNT Magazine Pixate Ltd / Alamy
Der bulgarische Schriftsteller und Booker-Preisträger Georgi Gospodinov.
Foto: Svetla Stoyanova
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