Das Buch erörtert die Grundfrage des historischen Denkens nach dem Sinn der Geschichte. Die Wissenschaft kann diesen Sinn nicht hinreichend verbürgen, sondern setzt ihn voraus. Die Sinnfrage betrifft die Geschichtskultur im Ganzen. Ihre Voraussetzungen, Leistungen, Möglichkeiten und Grenzen werden daher kritisch in den Blick genommen. Es geht um elementare und fundamentale Aspekte des Geschichtsbewusstseins, um historisches Erzählen und um Grundfragen einer Ästhetik des Historischen. Vor allem aber - und damit betritt das Buch das Niemandsland der Geschichtstheorie - geht es um die historischen Sinnlosigkeitserfahrungen des 20. Jahrhunderts und ihre geistige Verarbeitung in geschichtlichen Deutungen. Die Erfahrung des Holocaust steht im Zentrum von Überlegungen zu den Grenzen der historischen Erkenntnis, zum Verhältnis von Geschichte, Identität und Trauma. Ein eigenes Kapitel ist der deutschen Identität im Blick auf den Nationalsozialismus gewidmet. So kann ein neuer Zugang zum Sinn der Geschichte erschlossen werden.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Der mit "uha" zeichnende Rezensent wirkt nicht gerade restlos begeistert von dieser Aufsatzsammlung Jörn Rüsens. Die Forderung nach einer Geschichtswissenschaft, die auch die Bedeutung der "Trauerarbeit" in den Umgang mit den Katastrophen des 20. Jahrhunderts mit einbeziehen soll, scheint ihm zwar verständlich, doch bemängelt er, dass diese Gedanken teilweise "mehr um sich selbst als um den Gegenstand zu kreisen" scheinen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Er gewinnt (...) dem Streit um die 'Historisierung des Nationalsozialismus' eine neue Perspektive ab, in der die Objektivierung der Erkenntnisse nicht notwendig die Relevanz der Geschichte für die Gegenwart einfriert. Wen das Gefühl umtreibt, in einer 'Wende-Zeit' zu leben, wen die Zukunft beunruhigt, der wird hier eine Lektüre finden, die ihm geduldig ausholend Anleitungen zum Nachdenken gibt." (Karl-Ernst Jeismann, Das Historisch-Politische Buch 49 Jg., Nr. 5, 2001, 09.04.2002)