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Sieben Jahre nach dem Welterfolg von "Gomorrha" legt Roberto Saviano eine bahnbrechende Reportage über Kokain vor. Millionen Menschen konsumieren die Droge, weltweit und quer durch alle Gesellschaftsschichten. Allein in Deutschland wird jährlich tonnenweise Kokain beschlagnahmt. Die geheimen Geldströme, die das "weiße Erdöl" entfesselt, destabilisieren mittlerweile ganze Wirtschaftssysteme. Saviano, der Zugang zu den brisantesten Quellen hat, lässt unterschiedliche Betroffene zu Wort kommen: den Pusher, den infiltrierten Agenten, die Schönheitskönigin, den Broker. Ein alarmierendes Buch von…mehr

Produktbeschreibung
Sieben Jahre nach dem Welterfolg von "Gomorrha" legt Roberto Saviano eine bahnbrechende Reportage über Kokain vor. Millionen Menschen konsumieren die Droge, weltweit und quer durch alle Gesellschaftsschichten. Allein in Deutschland wird jährlich tonnenweise Kokain beschlagnahmt. Die geheimen Geldströme, die das "weiße Erdöl" entfesselt, destabilisieren mittlerweile ganze Wirtschaftssysteme. Saviano, der Zugang zu den brisantesten Quellen hat, lässt unterschiedliche Betroffene zu Wort kommen: den Pusher, den infiltrierten Agenten, die Schönheitskönigin, den Broker. Ein alarmierendes Buch von grandioser Wucht, das zum ersten Mal das Phänomen in seiner ganzen Breite aufzeigt und einen Appell an die Öffentlichkeit richtet - weil Kokain uns alle angeht.
Autorenporträt
Roberto Saviano, 1979 in Neapel geboren, arbeitete nach dem Studium der Philosophie als Journalist. Gomorrha kam rasch nach Erscheinen auf die italienische Bestsellerliste und machte ihn schlagartig berühmt. Nach wiederholten Morddrohungen von Seiten der Camorra steht Saviano permanent unter Personenschutz und lebt seit vielen Jahren im Untergrund. Bei Hanser erschienen Gomorrha (Reise in das Reich der Camorra, 2007), Das Gegenteil von Tod (2009), Der Kampf geht weiter (Widerstand gegen Mafia und Korruption, 2012), ZeroZeroZero (Wie Kokain die Welt beherrscht, 2014), Super Santos (Hanser Box, 2014), Der Clan der Kinder (Roman, 2018) und Die Lebenshungrigen (Roman, 2019). 2009 erhielt Saviano den Geschwister-Scholl-Preis, 2012 den Olof-Palme-Preis für seinen publizistischen Einsatz gegen organisiertes Verbrechen und Korruption und 2016 den M100 Media Award. Er schrieb am Drehbuch zum Film "Paranza - Der Clan der Kinder" mit, das auf der Berlinale 2019 mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet wurde.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.03.2014

Das profitabelste Produkt des Planeten

Der Stoff, den der Kapitalismus braucht: Roberto Saviano zeigt in "Zero Zero Zero" unsere Welt im Würgegriff der Kokain-Mafia.

Ich möchte mit meinen Händen in die Grausamkeit eintauchen, dort herumwühlen, wo es am meisten weh tut, und sehen, was mir an den Fingen kleben bleibt", schreibt Roberto Saviano, und genau das tut er in "Zero Zero Zero", dem neuen Buch, mit dem er zeigen will: Kokain ist die Achse, um die sich die Welt wirklich dreht. Der italienische Publizist nimmt seine Leser mit auf eine halb literarische, halb journalistische Höllenfahrt auf den Spuren des weißen Stoffes, mit dem sich, so Saviano, Geld machen lässt wie mit keinem anderen Produkt auf dieser Welt.

Sie beginnt in Mexiko und endet an den internationalen Finanzmärkten; unterwegs verwandelt sich Materie in Kapital, und Menschenleben werden zerstört. Stromstöße, abgeschnittene Gliedmaßen, aufgebohrte Schädel, Säure - der Autor mutet seinen Lesern die Methoden der mexikanischen und kolumbianischen Kartelle und die der kalabrischen Mafia zu. Er geht ins Detail, wenn Drogenkuriere Kokspäckchen hinunterwürgen, wenn es zum Tod durch Überdosis kommt, er nennt die Toten beim Namen und zeigt eigens für sein deutsches Publikum auf das Blut der 2007 in Duisburg erschossenen Italiener, Opfer eines Kriegs unter verfeindeten kalabrischen Clans der 'ndrangheta.

Dazwischen führt Saviano zusammen, was er jahrelang über den weltweiten Kokainhandel gesammelt hat: Anbau, Inhaltsstoffe, Wirkung, Vertriebswege, die Rollen von Paten, Brokern, Logistikern und Dealern und sogar Hunden. Sein ununterbrochener Redefluss - denn nichts anderes ist dieses Buch - erzeugt eine chaotische Totalität. Sein Autor sagt: "Manchmal glaube ich, es ist eine Obsession. Manchmal sage ich mir, dass diese Geschichten die Wahrheit ans Licht bringen werden." Sie aufzuschreiben sei, wie es wohl sein müsse, auf Koks zu sein.

Vielen anderen würde man Pose unterstellen, nicht Roberto Saviano. Seit der 1979 in Neapel geborene Journalist vor sieben Jahren seinen Tatsachenroman "Gomorrha" veröffentlichte, in dem er die Machenschaften der Camorra offenlegte, wird er von Mafiabossen mit dem Tod bedroht. Seitdem lebt er unter Polizeischutz, alle paar Tage wechselt er seinen Aufenthaltsort, tut keinen Schritt ohne Eskorte, keine Reise ohne langwierige Abstimmungen vorab. Welche Mühe es bereitet, unter diesen Umständen zu recherchieren, ist schwer vorstellbar.

Saviano veröffentlicht regelmäßig in "L'Espresso" und "La Repubblica", er hat Bücher geschrieben, die die Fährten von "Gomorrha" weiterverfolgten. Seine Geschichte der Camorra wurde verfilmt, eine Fernsehserie soll folgen, der Autor trat für kurze Zeit sogar mit einer eigenen Show im Fernsehen auf, auch da ging es um die Mafia. Eine Lokalzeitung prozessiert gegen ihn, weil er sie in seinem Camorra-Buch nicht als Quelle kenntlich gemacht habe. Er wird als Held verehrt und angefeindet, weil er keine Ruhe gibt.

Vor allem aber ist Saviano ein Gefangener. Einer, der ungewollt physisch einsteht für seine Worte und im Weiterschreiben seinen einzigen Ausweg sieht - auch wenn ihn das in ein "Ungeheuer" verwandelt habe. Auch diese Verwandlung beschreibt er in diesem Buch. Es enthält viele autobiographische Passagen, und tatsächlich sind Recherche und Person, Geschichte und Autor in seinem Fall nicht zu trennen. Kein Wunder, dass der Körper die Leitmetapher von "Zero Zero Zero" ist: Vergesst New Economy und körperlose Datensätze. Worte können Leben kosten. Der Turbokapitalismus, so Saviano, wird immer noch von Menschen aus Fleisch und Blut gesteuert, die sich gegenseitig umbringen wollen. Zusammen bilden sie einen Megaorganismus auf Droge: "Die Welt ist wie ein Körper, dem ständig Kokain zugeführt werden muss."

Savianos Art zu schreiben grenzt an Paranoia, das weiß er selbst. Aber es hat Substanz. Denn seine Recherchen verbinden eine Flut einzelner Informationen, von denen man viele schon mal irgendwo gelesen haben könnte oder in den Nachrichten gehört, zu seiner großen Erzählung vom Narko-Kapitalismus. Oder besser: zu vielen kleinen Erzählungen, die eine große bilden. Und nur, was uns als Geschichte erzählt wird, können wir irgendwie begreifen.

Es ist die Geschichte vom profitabelsten multinationalen Unternehmen auf dem Planeten. Kokain ist der Stoff, mit dem sich weltweit die größten Gewinnspannen erzielen lassen. Denen, die sie abschöpfen, verleiht die Droge die Macht, ganze Demokratien in den Würgegriff zu nehmen - wie etwa in Mexiko - und die legale Wirtschaft in Abhängigkeit zu treiben. Denn was sei die Bankenkrise anderes gewesen als die Gelegenheit, riesige Summen von Drogengeldern zu waschen? Als die Banken nach Kapital lechzten, hätten sie auch das Geld der Drogenbosse genommen, ohne groß zu fragen. Sonst wäre nach der Lehman-Pleite alles noch viel schlimmer gekommen.

Seine größte Wucht entfaltet das Buch, wenn es Strukturen aufzeigt. Es gelingt am überzeugendsten in dem Kapitel über die 'ndrangheta, das, ausgehend von der Geschichte eines süditalienischen Steinmetz-Unternehmers, das komplexe Geflecht aufzeigt, welches die kalabrische Mafia mit den kolumbianischen Kartellen vernetzt - und wie dieses Netz immer weiter wächst. Bis es Australien, Deutschland, die Vereinigten Staaten und viele weitere Länder umspannt, so undurchschaubar wird wie das Gewirr der Äste jenes Baumes neben der Wallfahrtskirche von Polsi, zu der die Mafiosi von San Luca so gern pilgern.

Vom Kleinen zum Großen und wieder zurück - mit solcher Klarheit gelingt das Saviano selten. Oft erstickt er, was er sagen will, unter Namen, Orten und Geschehnissen. Seine Thesen sind steil. Zum Beispiel, dass der einzige Ausweg aus der Misere sei, Kokain zu legalisieren. Aber er legt die Finger in Wunden. Zum Beispiel die, dass es die Gesetzgebung in Deutschland Ermittlern schwermacht, gegen kriminelle Vereinigungen vorzugehen. Savianos Changieren zwischen Vorgestelltem - das er allerdings immer als solches kenntlich macht -, Recherchiertem und Erlebtem erzeugt eine Atmosphäre der Bedrängnis, nicht der nüchternen Aufklärung. Er habe einen wiederkehrenden Albtraum, schreibt er: Er schreie und schreie, und keiner höre ihn.

URSULA SCHEER

Roberto Saviano: "Zero Zero Zero". Wie Kokain die Welt beherrscht.

Aus dem Italienischen von Walter Kögler und Rita Seuß. Carl Hanser Verlag, München 2014. 480 S., geb., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nach der Lektüre muss Ursula Scheer erst mal durchatmen, so fest hatte Roberto Saviano sie gepackt mit seinem Buch über den weltweiten Kokainhandel, aus dem wieder der typische Saviano-Sound tönte: ein leicht paranoider Gedankenstrom, gefüttert von jahrelangen Recherchen, autobiografischen Passagen und Fiktion. Weil der Autor nach seiner Reportage über Neapels Camorra unter Polizeischutz lebt, lässt die Rezensentin ihm einiges durchgehen, was sie anderen als Pose übel nähme. Wenig sagt Scheer allerdings dazu, was Saviano in der Sache über die Kokain-Mafia tatsächlich zu berichten hat und wie sie das einschätzt. Einen echten Reim kann man sich darauf nicht machen: So scheint sie einerseits mit Savianos Behauptung d'accord zu gehen, in der Finanzkrise wäre alles noch viel schlimmer gekommen, wenn nicht die Banken nach der Lehmann-Pleite das Geld der Drogenmafia gewaschen hätten, anderseits findet sie die These steil, dass nur eine Legalisierung von Kokain einen Ausweg aus der Misere böte.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Savianos Art zu schreiben grenzt an Paranoia, das weiß er selbst. Aber es hat Substanz. Seine größte Wucht entfaltet das Buch, wenn es Strukturen aufzeigt. Es gelingt am überzeugendsten in dem Kapitel über die 'Ndrangheta." Ursula Scheer, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.03.14

"Ob Chef, der Fitnesstrainer, der Zahnarzt oder der Polizist an der Ecke, wir sind von Leuten umgeben, die das Zeug nehmen. Alle tun es. (...) Noch nie hat jemand die Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte zusammengetragen und daraus ein lesbares Buch gemacht. (...) Ein aufrüttelndes Buch." Maike Albath, Die Welt, 22.02.14

"Roberto Saviano deckt auf, wie Kokain die Wirtschaft aufputscht. Der Krieg gegen die Mafia ist nicht zu gewinnen, die einzige Lösung Legalisierung." Peter Praschl, Die Welt, 27.01.14

"Ein Meister der Reportage (...) Stück für Stück deckt Saviano auf, wieso die schmutzige Welt der Bosse und Dealer mit uns allen zu tun hat, mit jedem Bausparer und Kontoinhaber." Kirstin Hausen, Deutschlandfunk, Andruck, 17.02.14

"Immer wenn der Leser glaubt, nun sei ein Plateau der Drogenkriminalität erreicht, eröffnet der Autor weitere Kapitel. Eines führt nach Osteuropa nach dem Mauerfall, zur russischen Mafia, ein anderes zu Gangstern auf dem Balkan, in Spanien, in Israel." Michael Freund, Der Standard, 01.02.14

"Das großartige neue Buch des Journalisten Roberto Saviano ist ein erschreckender Report über Auswüchse und Folgen des internationalen Kokainhandels." Thomas Andre, Hamburger Abendblatt, 04.02.14

"Die Reportage liest sich als atemloser Bericht, der deutlich macht, wie komplex und innovativ Drogenkartelle heute die Weltwirtschaft beherrschen, oft in Verbindung mit zahlreichen anderen kriminellen Machenschaften wie Waffenhandel und Geldwäsche." Annerose Kirchner, Ostthüringer Zeitung, 08.02.14

"Das Bild, das sein Buch vom internationalen Kokainhandel zeigt, ist schwindelerregend (...). Liest man Savianos Buch, wird einem angst und bange angesichts eines weltumspannenden Wirtschafts- und Industrienetzes, das einen Großteil der Gewinne via Geldwäsche-Systeme in den legalen Wirtschaftszyklus einspeist." Julia Kospach und Jan Fischer, Format, 02.02.14

"Die Rechercheleistung Savianos ist angesichts seiner Lebenssituation umso bewundernswerter." Alexander Kluy, Buchjournal, eins/2014

"Roberto Saviano zeigt in 'Zero Zero Zero' unsere Welt im Würgegriff der Kokain-Mafia." Ursula Scheer, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.03.14

"Der italienische Publizist nimmt seine Leser mit auf eine halb literarische, halb journalistische Höllenfahrt auf den Spuren des weißen Stoffes." Ursula Scheer, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.03.14

"Nach diesem Buch sieht man die Welt(-wirtschaft) mit anderen Augen." Berthold Merkle, Südwest Presse, 19.03.14

"'ZeroZeroZero' ist gerade keine sensationsheischende Berichterstattung, sondern eher ein verzweifelter Aufschrei." Maike Albath, Deutschlandradio Kultur, 29.05.14
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