»Ein wunderbares Buch« - Juli Zeh
Sie hatte ihr Leben dem Lesen und Schreiben gewidmet. Doch plötzlich zerbricht alles um sie herum, eine Diktatur breitet sich aus, das Schreiben wird unmöglich. Ihre einzige Ausdrucksmöglichkeit findet die Erzählerin in einem rätselhaft bleibenden »Soundblog«. Mysteriöse, beängstigende und philosophische Gedanken beschäftigen sie: Die neue Macht zerstört nach und nach auf heimtückische Weise jede Erinnerung und versucht, alle Spuren der Geschichte zu löschen. Wann und wie hat dieser Umbruch stattgefunden? Gab es Warnsignale? Ist sie selbst schuld daran, dass die Dinge geschehen?
Sie hatte ihr Leben dem Lesen und Schreiben gewidmet. Doch plötzlich zerbricht alles um sie herum, eine Diktatur breitet sich aus, das Schreiben wird unmöglich. Ihre einzige Ausdrucksmöglichkeit findet die Erzählerin in einem rätselhaft bleibenden »Soundblog«. Mysteriöse, beängstigende und philosophische Gedanken beschäftigen sie: Die neue Macht zerstört nach und nach auf heimtückische Weise jede Erinnerung und versucht, alle Spuren der Geschichte zu löschen. Wann und wie hat dieser Umbruch stattgefunden? Gab es Warnsignale? Ist sie selbst schuld daran, dass die Dinge geschehen?
buecher-magazin.deSchon der Einstieg in dieses Protokoll einer Frau, deren gewohntes freies, kulturell reiches Leben zerstört wird, ist mitreißend: Quasi über Nacht wird die Welt eine andere, nichts ist mehr, wie es war. Was bleibt, ist Verwirrung, Fassungslosigkeit, der Traum von dem, was gestern war. Der Roman beginnt mit dem Gleichnis einer Sonnenfinsternis und sondiert darauf den Zustand des sich Wiederfindens in einer Welt, die dem Ungewissen entgegentreibt. Die Erzählerin berichtet aus dem Exil in Berlin über die plötzliche Machtübernahme eines populistisch-totalitären Regimes in Frankreich. Die verstörte, verunsicherte Stimmung, die hier erzählerisch heraufbeschworen wird, gleicht streckenweise dem Ausnahmezustand, den wir gerade durch die Corona-Krise durchleben. Wobei hier nicht ein Virus, sondern eine Diktatur die gesellschaftliche Ordnung zerstört – was düsteren menschlichen Eigenschaften den Vormarsch ermöglicht. Wajsbrot, Tochter polnischer Juden, hat als Lehrerin, Journalistin und Literaturübersetzerin gearbeitet und schreibend bisher überwiegend die Erlebnisse ihrer Eltern und Großeltern, die Shoah, verarbeitet. Heute lebt die 65-Jährige als freie Autorin in Paris und Berlin.
© BÜCHERmagazin, Nicole Trötzer
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Rezensentin Cornelia Geißler ahnt, dass der Zukunftsentwurf von Cecile Wajsbrot eine Möglichkeit unseres Daseins ist, die es zu verhindern gilt. Um Überwachung und geistige Verarmung kreist die von einem Schriftsteller-Ich erzählte Geschichte laut Geißler. Dass die dunkle Instanz nicht näher benannt wird, ebenso die genaue Zeit der Dystopie, stört Geißler nicht. Wie Bücher und sogar Worte Schritt für Schritt verboten werden, beschreibt Wajsbrot in "suchenden Sätzen", die die Rezensentin unversehens mit einer leicht verschobenen Wirklichkeit konfrontieren. Diese Herausforderung an die eigene Wahrnehmung nimmt Geißler gebannt an, auch wenn dieser Weltentwurf recht ungemütlich daherkommt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Ein großartiges Buch über Ratlosigkeit, Hoffnung, Skepsis und Erinnerung. Kurz: ein Buch, dass uns die Gefahren und Möglichkeiten des (unzuverlässigen) Erzählens vorführt.« (Theresa Mayer, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt) Literaturblog »Trouvailles littéraires«