Sieben regionale ländliche Freilichtmuseen locken in Baden-Württemberg jährlich weit über eine Million Besucher an. Das Prinzip der sieben ist gleich: Interessante Originalgebäude, die von ihren Besitzern aufgegeben wurden, die zu verfallen drohen oder vor dem Abriss stehen, werden Stein für Stein und Balken für Balken abgetragen und im Museum neu aufgebaut. Der Stuttgarter Graphiker und Fotograf Uli Kreh, Autor des zauberhaften Bildbands "Stuttgart und seine Stäffele", stellt in diesem opulenten Bildband alle sieben ländlichen Freilichtmuseen vor: Odenwälder Freilandmuseum Gottersdorf, Hohenloher Freilandmuseum Wackershofen, Freilichtmuseum Beuren, Schwarzwälder Freilichtmuseum Gutach/ Vogtsbauernhof, Kreisfreilichtmuseum Kürnbach, Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck, Bauernhaus-Museum Wolfegg. Jedes Haus wird präsentiert, seine Geschichte erzählt, Handwerkertage und andere Veranstaltungen werden gezeigt. Kreh gelingt es dabei, die Mischung aus kulturgeschich tlicher Dokumentation und nostalgischer Romantik, die die Museen verkörpern, perfekt ins Buch zu übertragen.
"Zeugen einer vergangenen Zeit - Freilichtmuseen in Baden-Württemberg" von Uli Kreh. Silberburg-Verlag, Tübingen 1998. 200 Seiten, 452 Abbildungen. Gebunden, 58 Mark. ISBN 3-87407-280-0.
Vorgestellt werden in dem gut ausgestatteten und dennoch preiswerten Bildband die sieben Freilichtmuseen in Baden-Württemberg: der seit 1961 der Öffentlichkeit zugängliche Vogtsbauernhof bei Gutach im Schwarzwald, das seit 1968 im Aufbau befindliche Freilichtmuseum Kürnbach, das etwas später entstandene Bauernhaus-Museum Wolfegg, das Hohenloher Freilandmuseum Wackershofen, das Odenwälder Freilandmuseum Walldürn-Gottersdorf sowie die jüngeren Dorfkultur-Souveniranlagen Neuhausen ob Eck (1991) und Beuren im Kreis Esslingen (1995). Uli Kreh hat Wohnhäuser, Wirtschaftsgebäude, Werkstätten und Speicher der Freilichtmuseen fotografiert, auch einige der früher im württembergischen Landesteil häufigen Back- und Waschhäuser, die in die Museumsareale übertragen wurden. Sein Text stellt anschaulich und ausführlich Leben und Wirtschaften der Bauern von einst dar, ihre drückende Abhängigkeit von den Oberen wird nicht verschwiegen. Im Leser regt sich der Wunsch, im nächsten Frühjahr selbst einmal den kafkaesken Bahnhof (ohne Gleisanschluß) Kupferzell im Odenwälder Freilandmuseum kennenzulernen, die Gröninger Hammerschmiede in Wackershofen und das Tanzhaus im oberschwäbischen Kürnbach zu besuchen oder in Beuren im wiedereingerichteten Tante-Emma-Kolonialwarenladen der Nürtingerin Helene Schach einzukaufen. Doch auch Autor Uli Kreh weiß: Die Inszenierung ist nicht das Drama, wieder aufgebaute Dörfer in entlegenen Gegenden sind ein Stück virtueller Realität. So geräumig uns dieses oder jenes verpflanzte Museumshaus auch vorkommt, "wenn ein Ehepaar mit drei oder vier Kindern, zudem Knecht und Magd und möglicherweise die Großeltern darin lebten, entstand eine drangvolle Enge. Die aber läßt sich im Museum genausowenig zeigen wie die Kälte, der Schmutz, die Gerüche." (Kfi.)
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