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Die übergroße Mehrheit der Ärzte in der DDR gehörte weder der SED an, noch ließ sie sich auf Spitzeltätigkeiten für die Staatssicherheit ein. Dennoch war der Anteil an inoffiziellen Mitarbeitern (IM) des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) unter Ärzten eindeutig höher als in der Gesamtbevölkerung. Das bestätigt vor allem, dass die Partei- und Staatsführung diese bildungsbürgerlich geprägte Berufsgruppe besonders penibel observieren ließ. Zudem profitierte das MfS vom Zugriff auf Patientenunterlagen.Nach 1989/90 konnten zahlreiche IM-Ärzte sich aufgrund der Stellung ihres Berufsstandes den…mehr

Produktbeschreibung
Die übergroße Mehrheit der Ärzte in der DDR gehörte weder der SED an, noch ließ sie sich auf Spitzeltätigkeiten für die Staatssicherheit ein. Dennoch war der Anteil an inoffiziellen Mitarbeitern (IM) des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) unter Ärzten eindeutig höher als in der Gesamtbevölkerung. Das bestätigt vor allem, dass die Partei- und Staatsführung diese bildungsbürgerlich geprägte Berufsgruppe besonders penibel observieren ließ. Zudem profitierte das MfS vom Zugriff auf Patientenunterlagen.Nach 1989/90 konnten zahlreiche IM-Ärzte sich aufgrund der Stellung ihres Berufsstandes den Konsequenzen ihres politischen Handelns entziehen und weiterpraktizieren. Die vorliegende Studie untersucht die spezifischen Merkmale der Zusammenarbeit von Ärzten und Staatssicherheitsdienst und trägt mit einer differenzierten Betrachtung zur sachlichen Auseinandersetzung mit Denunziation, ihren Ursachen und Folgen bei.
Autorenporträt
Dr. Francesca Weil ist Historikerin. Sie war bis 2002 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Historischen Seminar der Universität Leipzig beschäftigt. Seit 2003 arbeitet sie am Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung e.V. an der Technischen Universität Dresden.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.04.2008

Der Arzt als Spitzel

Mit aller Macht strebte die DDR-Führung an, auch das Gesundheitswesen im "Arbeiter-und-Bauern-Staat" nach dem politisch-ideologischen Willen der SED umzubauen. Ein wesentliches Ziel war die Bildung einer "sozialistischen Ärzteschaft". Doch trotz oder oft gerade wegen des Verlusts von Freiberuflichkeit und Selbständigkeit blieben Mediziner in der DDR in sozialer und beruflicher Hinsicht eine erstaunlich stabile Elite. Dazu trug bei, dass die Staats- und Parteiführung gar nicht in der Lage war, die vielen gen Westen abwandernden Ärzte durch systemloyale Mediziner zu ersetzen. Zwar hielt sich die weit überwiegende Mehrheit der Ärzte in der DDR fern von der SED und der Stasi. Dennoch war der Anteil an Inoffiziellen Mitarbeitern (IM) mit etwa drei bis fünf Prozent wesentlich höher als in der Gesamtbevölkerung. Francesca Weil zeigt, dass die Gewinnung von intimen Erkenntnissen über Patienten nicht im Vordergrund des Geheimdienstinteresses stand. Rund 30 Prozent der von ihr untersuchten Ärzte gab unter Umgehung der Schweigepflicht Persönliches über ihre Patienten preis. Zwar häuften sich die Fälle, in denen Mediziner Fluchtpläne verrieten und Bürger zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden. Doch der überwiegende Teil der IM-Ärzte gab ausschließlich Informationen über Kollegen oder allgemein über den Zustand des Gesundheitswesens in der DDR an die Stasi weiter. Kaum einer der IM-Ärzte wurde nach der Wende für seine Verfehlungen zur Rechenschaft gezogen. (Francesca Weil: Zielgruppe Ärzteschaft. Ärzte als Inoffizielle Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit. Verlag V & R Unipress, Göttingen 2007. 308 S., 32,90 [Euro].)

REINER BURGER

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