In seinen rhetorisch äußerst versierten Briefen thematisiert der Kirchenlehrer Hieronymus eine tiefe innere Zerrissenheit zwischen Vergil und den Evangelien, zwischen Cicero und den Aposteln. Der vorliegende Band spürt diesen kulturellen Transformationsprozessen anhand der Intertextualitätsstrategie des Hieronymus nach. Das Erkenntnisinteresse ist dabei zweigeteilt in einen methodischen und einen inhaltlichen Teil. Einerseits werden digitale Verfahren der Zitatanalyse (weiter)entwickelt und evaluiert. Mit den computergestützten Verfahren wird der Bestand an Zitaten am Beispiel der Aeneis um mehr als ein Drittel deutlich erweitert und dabei zugleich das theoretische Zitatkonzept maßgeblich geschärft. Andererseits wird mit hermeneutischen Verfahren eine Zitattypologie erstellt, mittels derer nicht nur die 'Grenze' der Textinterpretation aufgezeigt, sondern auch ein differenzierteres Bild der Zitiertechnik des Hieronymus gezeichnet wird. Die Arbeit legt eine sprachlich-stilistische Hybridisierung offen, die eine modifizierte und vertiefte Einsicht in die tatsächlichen, untergründigen Anverwandlungen des klassisch-heidnischen Literaturerbes durch den frühchristlichen Autor ermöglicht.
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