Zivilgesellschaft ist ein viel benutztes Schlagwort, sowohl in Medien und Politik als auch in den Sozialwissenschaften. Der Begriff bezeichnet nichtstaatliche Organisationen wie Verbände, Vereine, soziale Bewegungen, Stiftungen, Initiativen - kurz, alle Aktivitäten von Bürgerinnen und Bürgern, die unsere heutigen Demokratien mitgestalten. Auf der normativen Ebene zählen das öffentliche Gespräch und Werte wie Toleranz und Gewaltfreiheit zur Zivilgesellschaft. Frank Adloff rekonstruiert zunächst die wechselhafte Geschichte des Begriffs, die schon mit Aristoteles begann, über das Mittelalter bis in die Neuzeit und die Moderne reicht und Denker wie Locke, Hegel, Tocqueville, Gramsci, Dewey, Arendt, Etzioni, Dahrendorf oder Habermas einschließt. Anschließend beschreibt er historische Entwicklungslinien und Beispiele der deutschen Zivilgesellschaft - als gesellschaftlicher und öffentlicher Raum von freiwilligen und politischen Assoziationen - vom 19. Jahrhundert bis heute. Am Ende stellt Adloff nationenübergreifende Formen von Zivilgesellschaft vor und zeigt, dass diese im Zeitalter der Globalisierung unerlässlich sind.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Kaum etwas sei schwieriger, meint Rudolf Speth, als den schwammigen Begriff der Zivilgesellschaft in den Griff zu bekommen. Frank Adloff versuche sich erst gar nicht an einer Definition, sondern nähere sich dem dem Begriff aus verschiedenen Perspektiven. So gebe der erste Teil seines Buches einen historischen Überblick über Politiktheorien von Aristoteles bis Habermas. Und auch hier, so der Rezensent, sei nicht immer so klar, wie 'zivil' nach heutigem Verständnis des Wortes die dort skizzierten Gesellschaften gemeint waren. Im zweiten Teil des Buches würde die Geburt der Zivilgesellschaft aus dem Vereinsleben beschrieben, wie es sich in Deutschland seit Ende des 18. Jahrhunderts entwickelt habe. Als "Sozialkapital" bezeichne der Autor diejenigen Lebensbereiche, die unabhängig von Staat und Wirtschaft den Zusammenhalt in der Gesellschaft förderten: "Vereine, Verbände, Wohlfahrtsorganisationen, Stiftungen und Kirchen". Früher habe es "Ehrenamt" geheißen, so der Rezensent, heute nenne man solche Tätigkeiten, die eine "Zivilgesellschaft" ausmachten, "bürgerschaftliches Engagement".
© Perlentaucher Medien GmbH
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