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Ein ironischer und zeitgeistiger Roman über Liebe, Ruhm, Erfolg und Reichtum in Amerika von Dirk Wittenborn, Autor von Fierce People.

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Produktbeschreibung
Ein ironischer und zeitgeistiger Roman über Liebe, Ruhm, Erfolg und Reichtum in Amerika von Dirk Wittenborn, Autor von Fierce People.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.07.2004

Ich habe eine Schwäche für Luxus
Nach den Superreichen die Superschönen: Dirk Wittenborns Prêt-à-porter-Roman „Catwalk” ist natürlich ein amerikanisches Märchen
Jahrzehntelang trieb er sich auf den einschlägigen New Yorker Partys herum. Seine Freunde hießen John Belushi, Michael O’Donoghue oder Bret Easton Ellis. Er schrieb zwei Romane, einen mit Ende zwanzig, den anderen mit Anfang dreißig, und verdingte sich als Sketchschreiber und Gelegenheitsdarsteller für die angesagte TV-Satireshow „Saturday Night Life”. Dirk Wittenborn gehörte zu den happy few und gefiel sich darin, nach verlängerten, drogendurchspeisten Nächten erst gegen Morgen nach Hause zu gehen, während ihm alle anderen New Yorker auf dem Weg in ihre langweiligen Bürojobs entgegenkamen: Für sie begann der Tag, seiner war schon fünfundzwanzig Stunden alt. Und das ging, eine ganze Weile lang, auch gut. Dann meldete sich der Körper. Wittenborn kriegte - anders als Belushi - die Kurve, machte Schluss mit den Drogen, begann wieder zu schreiben und rechnete ab mit der Upper Class, zu der er trotz allem natürlich weiter gehörte: „Unter Wilden” hieß der Roman, in dem er Amerikas Superreiche mit anthropologischem Eifer sezierte. Er war böse. Bitterböse war er nicht.
„Ich fürchte, ich bin ein typischer Champagner-Sozialist”, hat der inzwischen zweiundfünfzigjährige Autor einmal über sich selbst gesagt. „Natürlich habe ich eine Schwäche für Luxus. Was ist schlecht an einer Yacht? Immerhin versuche ich aber, mich verantwortungsbewusst zu verhalten.” Wittenborn ist kein Bilderstürmer. Er zerschlägt die Glamour-Fassaden jener Welt nicht, über die er schreibt. Eher kratzt er ein bisschen an ihrer Schminke herum, er trägt die dicken Schichten ab. Und das war es dann auch schon. „In Amerika”, sagt er, „haben wir die schlimmste Art der Klassengesellschaft. Nämlich die, die vorgibt, keine zu sein.” Weil er es sich leisten kann, sagt er Sätze wie diese allerdings auf dem Sonnendeck einer Yacht oder in einem Club für die wenigen Hundert. Er kennt sein Paradox. Radikal können seine Bücher nicht sein. Mit einem Augenzwinkern sind sie auf eine immer noch nette Weise böse: Wittenborn ist kein Sozialdramatiker. Er ist ein Entertainer.
„Unter Wilden” ist soeben von Griffin Dunne verfilmt worden und kommt im Dezember in die US-Kinos - mit Diane Lane und Donald Sutherland in den Hauptrollen. Und Wittenborns Interview-Dokumentation „Born Rich”, die er zusammen mit seinem Neffen Jamie Johnson gedreht hat - einem zukünftigen Erben des Hygieneartikel-Konzerns Johnson & Johnson - wird in diesem Jahr auch in Deutschland im Fernsehen zu sehen sein: Die ziemlich antriebslosen Kinder des Geldadels kommen darin zu Wort. Die Tochter des Immobilientycoons Donald Trump oder die von New Yorks Bürgermeister Michael R. Bloomberg oder der junge Erbe des Condé-Nast-Zeitschriftenimperiums. Beiläufig entlarven sie sich selbst, und zwar so beiläufig, dass sie, nach der Ausstrahlung des Films in den Staaten, zuweilen selbst erschraken. So fürchtete die Tochter des Golfers Ray Floyd, ihre Familie könnte aus einem exklusiven Country Club fliegen, weil sie im Film ausgeplaudert hatte, dass Juden und Schwarze dort eher nicht erwünscht seien. „Tja”, wird sich maliziös der Mann hinter der Kamera gedacht haben.
So groß und so dürr
Dirk Wittenborn ist also in aller Munde. Und eben das scheint den DuMont-Verlag veranlasst zu haben, nach „Unter Wilden” jetzt auch einen der beiden Romane übersetzen zu lassen, die der noch junge Autor im noch wilden New York verfasste: „Zoë” hieß die amerikanische Ausgabe und erschien 1983. Nach leichter Überarbeitung heißt die deutsche Übersetzung jetzt „Catwalk”. Allerdings, so Wittenborn, habe er gar nicht viel verändern müssen: „Ich habe das Buch nur in der Weise aktualisiert, dass es sich noch besser liest. Die Story an sich blieb erstaunlich zeitgemäß.” Und tatsächlich ist sie das. Sie ist es sogar sehr. Fast zu sehr.
„Catwalk” ist ein amerikanisches Model-Märchen aus dem Jahr 1972. Die junge Texanerin Mary Ellen, die alle nur „Stick” nennen, weil sie so groß ist und so dürr und dazu noch lustig große Füße hat, ist bei den Eltern ihrer sehr reichen Freundin zu Gast, als die aus der Zeitung bekannten „Frühstückseinbrecher” das Haus stürmen. Als einer der Einbrecher seine Maske abnimmt und darunter ein hübsches Gesicht mit Narbe und Ringen unter den Augen sichtbar wird, ist es um Stick geschehen und um den Spitzengauner natürlich auch. Heimlich treffen sie sich, liegen herum, haben Sex, blättern in Zeitschriften - was man eben so tut. Nur Lügen ist verboten. Und so muss ein Beweis her, als Nicky seiner ungläubigen Freundin erklärt, dass sie in Wirklichkeit viel schöner sei als die Mädchen auf den Hochglanzseiten. Er fotografiert sie und schickt ihr Bild an eine Modelagentur in New York, die prompt antwortet. Beide gehen so ihre Wege - sie nach New York und er nach Vietnam. Jeder in sein Gefängnis.
Wittenborn verfolgt die Vietnam-Geschichte kaum. Auf die Fratze der Modewelt kommt es ihm an. Auf schwule Friseure, die Herkules heißen. Auf die Geilheit der Fotografen und die Verschlüsse ihrer Kameras, die zuschnappen „wie elektrische Guillotinen”. Auf die Welt des „Schätzchen hier” und „Süße da”, in die eine junge Texanerin geworfen wird, die völlig unambitioniert die Laufstege erobert - und um die sich die Krallen der Modewelt allmählich schließen.
„Meine Frau war früher Model in Paris. Ich lebte in dieser Welt und kannte die Szene gut”, sagt Wittenborn. Was er 1983 als Insider entlarvte, liest sich heute allerdings wenig überraschend. Zu viele Masken sind in der Zwischenzeit gefallen. „Catwalk” ist, anders als „Unter Wilden”, nicht besonders böse. Immerhin aber ist es ein Dokument aus der Zeit, in der „Disco” eines neues Wort war und die Studio-54-Gesinnung geboren wurde. Und es ist ein Märchen. Denn natürlich taucht Nicky zum Schluss wieder auf. Wittenborn weiß sich und seine Welt immer zu retten.
JULIA ENCKE
DIRK WITTENBORN: Catwalk. Aus dem Englischen von Volker Oldenburg. DuMont Verlag, Köln 2004. 316 Seiten, 19,90 Euro.
„Los, Süße! Zeig’s ihnen!” Defilée bei den Haute Couture-Schauen in Paris, hier Modelle von Hanae Mori vor und hinter den Kulissen
Foto: Regina Schmeken
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.09.2004

Im Rinnstein des Herzens
Keine Angst vor großen Tieren: Dirk Wittenborns Model-Roman

Auf dem Schutzumschlag wird "Catwalk" als der "neue Roman" des Bestsellerautors von "Unter Wilden" gepriesen. Tatsächlich ist Dirk Wittenborns Räuberpistole aus dem Modelmilieu einundzwanzig Jahre alt und jetzt dazu verurteilt, auf der Erfolgswelle des Vorgängers nach Europa zu segeln. Die "Häßliches Entlein"-Geschichte handelt von Zoe, einem texanischen Mädchen, das Anfang der siebziger Jahre von einem modernen Robin Hood für die Modewelt entdeckt wird, während ihr edler Freund nach Vietnam geht. Ein paar Bettgeschichten und Parties später kehrt er zurück, wird abgewiesen und bewährt sich. Der Märchenstoff ist wie gemacht für Hollywood, und diese Richtung hat der seither zum Drehbuchautor "für 20th Century Fox, Disney und Warner Brothers" avancierte Autor dick über jede Seite geschrieben. Als Leser hat man daher beständig das Gefühl, im falschen Stück zu sitzen, denn der Stoff wird gleichsam für Analphabeten und mit den Bildern filmischer Junk-food-Konsumenten erzählt.

Nachdem wir auf den ersten acht Seiten der Schilderung einer ziemlich durchschnittlichen Göre lauschen müssen, die sich mit ihrem Bruder streitet und von ihrer Mutter schminken läßt, wirft der Erzähler, ein allwissender New Yorker Fotograf, bewundernd ein: "Wie soll man sie sich erklären? War ihre DNS für sie verantwortlich? Das Schicksal? Das Leben?" Nein, Dirk Wittenborn, muß man antworten, denn es fehlt die charismatische Schauspielerin, die das Geheimnis in die Teenagerfigur gelegt hätte, das der Autor auf den nächsten dreihundert Seiten so erfolglos beschwört. Um den Platz ohne große dramatische Entwicklungen zu füllen, läßt er viele Luftblasen entstehen, sein Personal versteht sich nicht mehr und dann doch wieder, reist ab und kehrt vom Flughafen zurück.

Zoe beansprucht unsere Bewunderung vor allem deshalb, weil sie "herrlich souverän und kühn" einfach keinen bewundert und die "Berühmten, die Wichtigen, die Exzentrischen" wie auch die "Guten, die Bösen und die Häßlichen" mit Grobheiten abfertigt. Im O-Ton klingt das so: "Hey, Warren, hat du Lust auf die Party, die Andy Warhol für den Schah von Persien gibt? Du weißt doch, der alte Sack, der diese Dingsbums in Paris mit dem weißen Mantel entlohnt hat?" Name dropping ist Wittenborns Lieblingsmethode, den Leser in die Knie zu zwingen. Er mischt es furchtlos mit dem Granatfeuer der gängigsten Klischees auf: Daß beim ersten Kuß die Zähne ungeschickt gegeneinanderschlagen, Robin Hood der verschämten Heldin beim ersten Beischlaf "die Arme von den Brüsten" ziehen muß und sie bei ihrem Wiedersehen zu Tiffany's stolzieren, ist ebenso öde wie die Versicherung, daß es sich bei den Entwürfen des Designers Claude um "genialen Wahnsinn" handelt.

Wie provinziell der Blick ist, den Wittenborns Erzähler auf die große Welt wirft, zeigt sich an umständlichen Erläuterungen der kleinsten Pointe. Die Robin-Hood-Figur habe das mit Fotos berühmter Freunde vollgehängte Arbeitszimmer seines Vaters "Dads Trophäenraum" genannt. "Was der Junge damit gemeint hatte", erfahren wir, "war leicht nachzuvollziehen. Zwar hingen keine Geweihe oder ausgestopfte Raubtierköpfe an den Wänden, aber die vielen gerahmten und datierten Fotos waren zweifellos Trophäen." Eine Nummer zu groß sind auch die Metaphern, mit denen "Catwalk" sich einen literarischen Anstrich gibt. "Das Napalm hatte riesige Löcher in den Rücken des Landes gebrannt", ist über Vietnam zu hören. Eine Diskothek wird so bestürmt, als wäre sie "in Berlin die einzig sichere Zuflucht vor den einmarschierenden Russen". Die von Zoe im Erzähler geweckten Gefühle sollen schlicht "den Rinnstein meines Herzens reinigen".

Sein Herz schreit weniger nach Ata als nach lindernden Essenzen, denn er ist als Impotenter von Neid zerfressen. Das Tabu-Thema wird indessen durch laue Witzchen verschenkt: "Unfähig, Gottes Sinn für Humor zu teilen, zog ich die Decke über meine Schande." Wenn der Witz nicht noch schlechter wäre, könnte man bei den Beischlafszenen von schlappen Slapsticks sprechen. Sie sind keine besonders überzeugende Entschuldigung für die vorurteilsbeladene Grimmigkeit, die der Erzähler bei der Schilderung des Modemilieus in Anschlag bringt. Ein Staragent wird als "schmuddliger Krämer" apostrophiert. Es ist der "kleine, dunkelhäutige Xavier mit dem vielen Gold im Mund, der von sich sagte, er sei ein nordafrikanischer Jude".

Als sich ein Deutscher unter die Menge mischt, ist endgültig exotisches Terrain erreicht: Sein Reichtum verrät sich durch die "D-Mark-Zeichen in den braunen Augen". Dem Disney-Texter Wittenborn zuliebe sollte man die D-Mark-Zeichen nachträglich erfinden. Daß Xavier andernorts als "kleiner Franzose" auftaucht, nützt ihm nichts, denn französische Männer sind Meister darin, "auf ölige, aufreizende Weise den dämlichsten Schwachsinn wie eine aus tiefstem Herzen kommende Wahrheit klingen zu lassen". Dirk Wittenborn hätte einiges von ihnen zu lernen.

INGEBORG HARMS.

Dirk Wittenborn: "Catwalk". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Volker Oldenburg. Dumont Verlag, Köln 2004, 316 S., geb., 19,90 [Euro].

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