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Er ist ein Problem für seinen Professoren-Vater und seine ihn liebende Mutter - und natürlich glauben sie nicht, dass ihr Sohn tatsächlich für das verantwortlich ist, was man ihm vorwirft.Er ist eine Herausforderung für seinen Psychiater, der sich ablenken lässt von der wachsenden Offenheit seines Patienten, Quentins Bereitwilligkeit, über seine Träume zu reden. Er ist nichts als ein zauberhafter junger Mann, fragt man seine Großmutter, die ihm kaum etwas abschlagen kann. Er ist einer der glaubwürdigsten und erschreckendsten Psychopathen und Serienkiller, die je von einem Autor zum Leben…mehr

Produktbeschreibung
Er ist ein Problem für seinen Professoren-Vater und seine ihn liebende Mutter - und natürlich glauben sie nicht, dass ihr Sohn tatsächlich für das verantwortlich ist, was man ihm vorwirft.Er ist eine Herausforderung für seinen Psychiater, der sich ablenken lässt von der wachsenden Offenheit seines Patienten, Quentins Bereitwilligkeit, über seine Träume zu reden. Er ist nichts als ein zauberhafter junger Mann, fragt man seine Großmutter, die ihm kaum etwas abschlagen kann. Er ist einer der glaubwürdigsten und erschreckendsten Psychopathen und Serienkiller, die je von einem Autor zum Leben erweckt wurden. Quentin P. ist der ewige Außenseiter, ohne eine Spur dessen, was man ein Gewissen nennen könnte. Kalt und gefühllos begeht er seine Verbrechen, umgeben von Leuten, die die Wahrheit nicht sehen wollen. Und so nimmt der Schrecken seinen Lauf, Quentins Wunsch nach einem Zombie, der ihm hörig und gefällig ist, fordert Opfer auf Opfer.
Autorenporträt
Joyce Carol Oates, geb. 1938 in Lockport (NY), zählt zu den bedeutendsten amerikanischen Autorinnen der Gegenwart. Für ihre zahlreichen Romane und Erzählungen wurde sie mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem National Book Award. Joyce C. Oates lebt in Princeton, New Jersey, wo sie Literatur unterrichtet. Im Jahr 2012 erhielt sie den Blue Metropolis Literary Grand Prix.
Rezensionen
Rasant vermischt sich Gedankenwelt und Realität
Q.P. ist Quentin, ist der "Ich"-Erzähler, ist ein Monster, ist ein bedauernswerter junger Mann....
Und wo am Anfang noch eine klare Abgrenzung war zwischen den unterschiedlichen Perspektiven, zwischen den Gewalt- und Tötungsphantasien, den tatsächlich verübten Verbrechen und dem Alltagsleben des jungen Psychopathen, da verdichtet und vermischt sich plötzlich alles immer mehr.
Was entsteht ist ein beunruhigendes Psychogramm das den Leser ganz langsam in seinen Bann zieht. Ihn dann aber in eine äußerst zwiespältige Haltung versetzt, was die Beurteilung der Vorkommnisse und des ganz offensichtlich geistesgestörten Protagonisten anbetrifft.
Innenwelt des Ich-Erzählers steht im Vordergrund
Denn der "arme" Kerl will sich doch mit allen Mitteln nur eines schaffen: Einen Zombie, einen ihm durch und durch hörigen Sklaven, der ihn bedingungslos liebt.... - von seinen Mitteln und Wegen allerdings ist das gewaltsame Kidnappen der bedauernswerten Jungen noch das Harmloseste...
Einen Polizisten, der Q.P. jagt, gibt es nicht.
Auch keine dramatisch aufgebaute Story eines Serienmörders.
Da sind nur die Innenwelt von Quentin - oder wahlweise Q.P. - und der Leser....
Nichts für schwache Gemüter - dafür ein Buch mit literarischem Anspruch...
(Michaela Pelz, www.krimi-forum.de)

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.08.2000

Und ewig kühlt der Eispickel
Joyce Carol Oates drängt in das Hirn eines Sexualmörders

Es gibt Fragen, die sich Joyce Carol Oates im Laufe ihrer langen Schriftstellerkarriere schon oft hat stellen lassen müssen. Dazu gehört neben der Verwunderung über ihre schier unerschöpfliche Produktivität die Frage nach der Gewalttätigkeit ihrer Figuren. Ihre Anhänger, die die Spannbreite der von ihr erschriebenen Gattungen, Themen und sozialen Welten bewundern, zitieren Oates gern mit dem Ausspruch, sie wolle es Balzac nachtun und die ganze Welt in ihre Bücher pressen. Wer von einem solchen Ehrgeiz getrieben ist und sich als Chronist der Gegenwart versteht, darf vor gesellschaftlichen und individuellen Extremzuständen nicht zurückschrecken - und dazu gehört in einem Land, das Oates als Albtraum der Moderne bezeichnet hat, natürlich auch die Gewalt in all ihren Spielarten.

Man kann sich allerdings auch schwertun mit Oates' stilistischer Beweglichkeit und ihrer chamäleonhaften Bereitschaft, sich von der Verlogenheit der amerikanischen Suburbia über die Gewaltexzesse jugendlicher Banden bis hin zur Ausbeutung sozialer Randgruppen alle spektakulären Symptome einer kränkelnden Gesellschaft zunutze zu machen. Dahinter steht der Verdacht, die Autorin wittere hinter jeder Schlagzeile Stoff für ein weiteres aufsehenerregendes Szenario.

In ihrem jetzt auf deutsch erschienenen Roman "Zombie" von 1995, dem fiktiven Bericht des vielfachen Sexualmörders Quentin P., hat sich Oates an ein besonders heikles Sujet gewagt und sich direkt in das Hirn eines perversen Gewalttäters hineinversetzt. Damit hat sie eine moralfreie Zone geschaffen, deren schockierender Reiz sich aus einer komplizierten und widersprüchlichen Gemengelage von Leser-Reaktionen speist. Eine davon ist sicherlich das Unbehagen des ertappten Voyeurs, der doch die Finger vom Stoff nicht lassen kann, von diesen halbgaren Phantasien eines dreißigjährigen Versagers, der allmählich Fett ansetzt, sich von Mutter beim Zahnarzt anmelden läßt und in seinen stillen Stunden den Keller zur Folterkammer ausbaut.

Seit seiner Verurteilung zu zwei Jahren auf Bewährung setzt Quentin alles daran, den Anschein harmloser Mittelmäßigkeit zu pflegen, der ihm sein diabolisches Treiben überhaupt ermöglicht. Um die bangen, auf Rettung der Familienehre bedachten Eltern, die Therapeuten und Bewährungshelfer zu beruhigen, hält er sich an Geschwindigkeitsbegrenzungen, trinkt in der Mensa des Dale Technical College mit den Studenten Kaffee und mäht seiner betagten Großmutter den Rasen.

Niemand ahnt, daß der höfliche, vielleicht ein wenig verschrobene Hilfshausmeister seine Freizeit damit verbringt, bekiffte Anhalter und heruntergekommene Straßenjungen in seine Wohnung zu locken und ihnen einen Eispicker durch das Auge ins Hirn zu rammen. Transorbitale Gehirnlobotomie heißt die Operation, die Quentin in dubiosen Handbüchern genau recherchiert hat und die ihm seine Opfer zu gefügigen Zombies machen soll, zu glotzäugigen Kuscheltieren und Sklaven seiner sexuellen Gelüste, Mamas und Monster zugleich. Bisher hat Quentin allerdings nur Fehlschläge zu verzeichnen; weil er den Eingriff noch nicht perfektioniert hat und sich zwischendurch zu Prügeleien und Vergewaltigungen hinreißen läßt, sterben ihm die Auserkorenen unter der Hand weg. Aber Quentin läßt keinen Zweifel daran, daß er unter dem Deckmantel des geläuterten Sohnes, rührenden Enkels und therapierbaren Patienten weiter an der Vervollkommnung seiner Vision arbeiten wird.

Daß man sich den blutrünstigen Einzelheiten seines Handwerks überhaupt aussetzt, liegt auch an der geschickten Aufmachung des Bändchens. Mit unbeholfenen Skizzen, Auszügen aus medizinischen Lehrbüchern, handgeschriebener Kapitelnumerierung, wechselnder Groß-, Klein-, Fett- und Kursivschrift kommt der Roman als Tagebuch eines Perversen daher, ein scheinbar authentisches Gekritzel, das Fragen nach der Funktion literarisch zelebrierter Gewalt gar nicht erst aufkommen läßt.

Genau hier liegt auch die Bedenklichkeit des literarischen Experiments. In anderen Versuchen, psychopathologische Gewalttaten erzählerisch zu bearbeiten - in den letzten Jahren etwa Patrick McCabes "Butcher Boy" oder Steward O'Nans "Speed Queen" -, wird der Strom der Gewalttaten satirisch überzeichnet, formal gebrochen oder, zumindest in Andeutungen, sozialpsychologisch begreiflich gemacht. Nichts davon versucht dieser Roman. Zwar gibt es Passagen, die mit dem amerikanischen Traum des Immer-Weiter-Strebens spielen, hier pervertiert in die Allmachtsphantasien eines Vorstadt-Frankensteins, der keine moralischen Grenzen mehr kennt. Und hinter Quentins Haßtiraden gegen die inszenierte Idylle seiner maroden Familie lassen sich natürlich auch psychische Verletzungen vermuten.

Aber im Grunde ist der Text - und darin liegen seine distanzlose heikle Drastik und gleichzeitig seine unanfechtbare Stärke - eben nicht auf Deutungen hin angelegt. Dieser Täter steht allein in der absoluten Leere einer monströsen Brutalität, die sich allen Erklärungsversuchen entzieht. Dem Psychopathen kommt man nicht auf die Spur.

ANNETTE PEHNT.

Joyce Carol Oates: "Zombie". Roman. Deutsche Verlags Anstalt, München 2000. 208 S., geb., 34,- DM

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