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Wie wirkte die innerdeutsche Grenze auf den Westen?
Das »Zonenrandgebiet« - entstanden mit der deutschenTeilung, verschwunden mit der Wiedervereinigung. Dieser 40 Kilometer breite Gebietsstreifen, der sich entlang der innerdeutschen Grenze von der Lübecker Bucht bis nach Bayern erstreckte, war die sensibelste Region der alten Bundesrepublik. Er hinkte dem »Wirtschaftswunder« hinterher, sollte aber zugleich im ideologischen Konflikt mit der DDR als Schaufenster die Vorzüge des bundesdeutschen Systems veranschaulichen. Hier wird seine Geschichte zum ersten Mal erzählt.
»Ein nuanciertes und
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Produktbeschreibung
Wie wirkte die innerdeutsche Grenze auf den Westen?

Das »Zonenrandgebiet« - entstanden mit der deutschenTeilung, verschwunden mit der Wiedervereinigung. Dieser 40 Kilometer breite Gebietsstreifen, der sich entlang der innerdeutschen Grenze von der Lübecker Bucht bis nach Bayern erstreckte, war die sensibelste Region der alten Bundesrepublik. Er hinkte dem »Wirtschaftswunder« hinterher, sollte aber zugleich im ideologischen Konflikt mit der DDR als Schaufenster die Vorzüge des bundesdeutschen Systems veranschaulichen. Hier wird seine Geschichte zum ersten Mal erzählt.

»Ein nuanciertes und scharfsinniges Buch mit subtilem Humor, das die Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert meisterhaft neu bewertet.« GERMAN HISTORY

»Klar und fesselnd geschrieben ... Ein Meilenstein der Umwelt- und Wirtschaftsgeschichte des Nachkriegsdeutschlands.« GERMAN STUDIES REVIEW

Autorenporträt
Astrid M. Eckert lehrt an der Emory University in Atlanta deutsche und europäische Geschichte. Studiert hat sie an der FU Berlin, der University of Michigan und der Yale University. Für ihre Forschungen erhielt sie zahlreiche Stipendien und Auszeichnungen. Sie veröffentlichte u.a. die Bücher "Feindbilder im Wandel. Ein Vergleich des Deutschland- und des Japanbildes in den USA 1945 und 1946" (Münster 1999) und "Kampf um die Akten. Die Westalliierten und die Rückgabe von deutschem Archivgut nach dem Zweiten Weltkrieg" (Stuttgart 2004), für das sie u.a. mit dem Hedwig-Hintze-Preis des Verbandes der Historikerinnen und Historiker ausgezeichnet wurde. Neben ihren wissenschaftlichen Veröffebtlichungen hat sie auch Artikel in der Süddeutschen Zeitung  und der neuen Zürcher Zeitung veröffentlicht.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensentin Jacqueline Boysen entdeckt im Buch der Historikerin Astrid M. Eckert unterhaltsamen und lehrreichen Lesestoff. Die Kontroversen und Differenzen zwischen Ost- und Westdeutschland treten in Eckerts Untersuchung des 1400 Kilometer langen Zonenrandgebiets und seiner sozialen, wirtschaftlichen und umweltpolitischen Entwicklungen entlang der deutsch-deutschen Grenze eindrücklich zutage, findet sie. Wie DDR und BRD hier um Abwässer, Umweltschutz und wirtschaftliche Belange rangen, wie sich der Antiatomprotest von Gorleben entwickelte und Heinz Sielmann und Uwe Barschel das Potenzial des "grünen Bandes" erkannten, erzählt die Autorin laut Boysen mit viel Gespür fürs Originelle und wenig Bekannte. Dass die Sicherheitsarchitektur im Buch etwas zu kurz kommt, merkt Boysen zwar kritisch an, kann es aber verschmerzen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.07.2022

Wo jeder Gully auch Sprengschacht war
Leben auf westlicher Seite an der innerdeutschen Grenze - im sogenannten "Zonenrandgebiet"

"Wenn sie 'drüben' sagen, dann meinen sie nicht die Zone, sondern sie meinen das reiche westliche Deutschland hinter den Bergen, das uns so wenig von seinem Reichtum zu kosten gibt." Das war eine Klage von Westdeutschen, die eine Reporterin in "Christ und Welt" im Jahr 1957 festhielt. Sie zitierte Menschen, die weder Flucht und Vertreibung noch einen Umzug hinter sich hatten und deren Lebenswelt sich dennoch radikal gewandelt hatte. Ihrem Selbstverständnis nach wohnten sie in der Mitte Deutschlands. Nach der Teilung des Landes fühlten sie sich ins Abseits gedrängt: Bundesbürger aus dem sogenannten Zonenrandgebiet.

Auch die Familie der in den Vereinigten Staaten lehrenden Historikerin Astrid Eckert zählt dazu: Sie wuchs in den 1970er-Jahren im östlichen Niedersachsen auf, wo "jeder Gully auch ein Sprengschacht war" und die martialischen Grenzanlagen Besuchern aus der westlichen Welt als antikommunistisches Symbol vorgeführt wurden. Doch wenn Astrid Eckert den westlichen Teil der deutsch-deutschen Grenze wissenschaftlich erforscht, bewältigt sie nicht etwa eventuelle Kindheitstraumata. Zwar versuche sie mit ihrer zuerst in den USA erschienenen Arbeit "die Absurditäten zu verstehen", mit denen sie aufgewachsen sei, und zu ergründen, warum sie diese damals nicht absurd fand. Vor allem aber schaut sie von der Peripherie aus auf die Nachkriegsgeschichte und den Vereinigungsprozess - aus einer gewinnbringenden Perspektive.

Während der östliche Teil des Grenzstreifens längst ausführlich untersucht wurde und Aussiedlungen und Grenztruppen, die todbringenden Sicherungsanlagen, Fluchthilfe und Fluchtversuche erforscht sind, lag die Westseite des Eisernen Vorhangs bisher eher im Schatten der Aufmerksamkeit. Astrid Eckert misst ihr nun aber eine hohe Bedeutung zu: Im Zonenrandgebiet - so eine ihrer Ausgangsthesen - musste Westdeutschland gelingen: entlang der rund 1400 Kilometer langen Grenzlinie, in einem etwa 40 Kilometer breiten Landstreifen, der sich von der Ostsee bis an die Grenze zwischen Bayern und der damaligen Tschechoslowakei zog und in dem immerhin knapp zwölf Prozent aller Bundesbürger lebten. Hier hatte sich die Überlegenheit von Demokratie und Marktwirtschaft zu beweisen, in diesem "sensibelsten geografischen Raum der alten Bundesrepublik (...), in dem sie sich mit der Teilung und ihrem ideologischen Gegenüber, der DDR, konkret auseinandersetzen musste".

Tatsächlich schlugen sich im Zonenrandgebiet der Kalte Krieg, der Wettstreit der Systeme und schließlich die Auflösung der Konfrontation zwischen West und Ost in komprimierter Weise nieder. Im Grenzland lassen sich markante Phänomene der Zeit- und Mentalitätsgeschichte wie unter dem Mikroskop beobachten: das Ringen der Provinz um Sichtbarkeit und politische Unterstützung, eine staatliche Förderpolitik, die nahezu ausschließlich auf die vermeintlich befriedende Wirkung von Geldströmen setzt, Strukturschwäche als Folge von Abwanderung oder das wachsende Bewusstsein für Luftverschmutzung und die Verseuchung der gen Westen strömenden Grenzgewässer. Die Kalisalze in der Werra nahmen in den Verhandlungen zwischen beiden deutschen Staaten viel Raum ein - sie zeigten aber zugleich den Grad der Vergiftung in den viel beschworenen gutnachbarlichen Beziehungen. "Die bundesdeutschen Vertreter fühlten sich von ihren DDR-Gesprächspartnern in Umweltfragen regelrecht erpresst, während die DDR-Unterhändler befürchteten, ihre westlichen Pendants wollten sie auf internationaler Bühne bloßstellen." Die Werra leide, obgleich sie "von der exzessiven Belastung durch scharfe Kalilaugen" seit drei Jahrzehnten befreit ist, bis heute: "Aus der Perspektive der Werra war der Unterschied zwischen Sozialismus und Kapitalismus nur einer des Verschmutzungsgrades."

Einerseits verließen viele Westdeutsche in vierzig Jahren Teilung das Grenzland, andererseits hat hier auch eine zuvor nicht gekannte Bewegung zivilgesellschaftlichen Protests und alternativen Lebens ihre Wurzeln. Sie speiste sich aus der Wut gegen die geplante nukleare Wiederaufbereitungsanlage und Endlagerstätte für Atommüll in Gorleben - und veränderte die politische Landschaft in der Bundesrepublik Deutschland nachhaltig.

Eckert spürt Originellem nach, das in den abgeschiedenen Landschaftsräumen Blüten trieb, und Themen von politischer Relevanz. Nicht zuletzt dem populären Tierfilmer Heinz Sielmann schwebten schon entlang dem Eisernen Vorhang grenzüberschreitende Naturschutzgebiete vor, Vorläufer des Grünen Bandes. Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Uwe Barschel erkannte in unberührter Fauna und Flora beiderseits der deutsch-deutschen Grenze gar friedenstiftendes Potential - und zugleich eine Möglichkeit, sich bundespolitisch zu profilieren. Das SED-Politbüro schob solchen Träumen und Plänen seinerzeit einen Riegel vor.

Astrid Eckert ist als Zeithistorikerin auf Umweltgeschichte spezialisiert. Wenn es an ihrer klug konzipierten und mit markanten Begebenheiten illustrierten Untersuchung etwas zu kritisieren gibt, so allenfalls, dass sie den Aspekt der Sicherheitsarchitektur des Westens etwas vernachlässigt.

Sie selbst schreibt, sie hebe mit ihrer Untersuchung "die etablierten Narrative nicht auf, erschließt aber bedeutsame neue Aspekte". Diesem Fazit ist nach der Lektüre zuzustimmen. Vom Umfang dieses voluminösen Bandes sollte sich niemand abschrecken lassen. Die 350 mehrfach ausgezeichneten Textseiten haben hohe erzählerische Qualität, und der 250 Seiten umfassende wissenschaftliche Anmerkungsapparat stört die Lesefreude nicht.

Wer innerdeutsche Kontroversen, Diskrepanzen zwischen Landleben und Urbanität, Staatsskepsis und politikfeindliche Gemütslagen in West und Ost verstehen will, findet hier Erklärungen. Die Untersuchung schließt mit einem kühnen Schwung: dem Hinweis auf die Flüchtlinge, die 2015 aus Syrien kamen und den "mobilitätsverwöhnten Deutschen" das Wesen der Grenze wieder ins Bewusstsein rückten. Angesichts des Angriffskrieges gegen die Ukraine werden bundesrepublikanische Gewissheiten erst recht erschüttert. Die Vorstellung, Grenzen ein für alle Mal überwinden zu können, ist irrig - sie willkürlich oder gewaltsam ziehen zu dürfen, aber auch. JACQUELINE BOYSEN

Astrid M. Eckert: Zonenrandgebiet. Westdeutschland und der Eiserne Vorhang.

Ch. Links Verlag, Berlin 2022. 560 S., 30,- Euro.

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»Mit 'Zonenrandgebiet' hat die Verfasserin eine hervorragend konzipierte Monografie vorgelegt, die wirtschafts-, kultur-, politik- und umwelthistorische Fragestellungen wirkungsvoll miteinander kombiniert.« Martin Göllnitz Fachzeitschrift /-magazin 20231201