Massentierhaltung, Fleischskandale, Tierversuche - unser Umgang mit Tieren ist längst kein Nischenthema mehr, für das sich lediglich Aktivisten oder Ethiker interessieren, sondern steht im Fokus breiter öffentlicher Debatten. Allerdings konzentrieren sich die Diskussionen zumeist auf Fragen der Moral, darauf, welche moralischen Rechte und Interessen wir Tieren aufgrund ihrer Eigenschaften und Fähigkeiten - zum Beispiel Schmerzen zu empfinden - zuschreiben müssen und welche moralischen Pflichten sich daraus für uns ergeben. Sue Donaldson und Will Kymlicka gehen weit darüber hinaus und behaupten, dass Tiere auch politische Rechte haben. Im Rückgriff auf avancierte Theorien der Staatsbürgerschaft argumentieren sie dafür, ihnen neben unverletzlichen Grundrechten einen je gruppenspezifischen politischen Status zuzusprechen. Das heißt konkret: Bürgerrechte für domestizierte Tiere, Souveränität für Gemeinschaften von Wildtieren sowie ein »Stammgastrecht« für jene, die zwar nicht domestiziert sind, aber in unmittelbarer Nachbarschaft zu uns leben. »Zoopolis« macht auf so kluge wie eindringliche Weise ernst mit der Tatsache, dass wir mit den Tieren untrennbar verbunden sind. Elegant und keineswegs nur für Spezialisten geschrieben, entwirft es eine neue, folgenreiche Agenda für das künftige Zusammenleben mit diesen Geschöpfen, denen wir mehr schulden als unser Mitleid. Das Tier, so sagt dieses Buch, ist ein genuin politisches Wesen. Wir schulden ihm auch Gerechtigkeit.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Dem Dackel des Nachbarn darf man nicht den Schwanz abschneiden, aber Milliarden männlicher Küken dürfen pro Jahr geschreddert werden. Auch für den Rezensenten Jens Bisky scheint es an der Zeit, sich über unser Verhältnis zu Tieren noch einmal grundsätzlich Gedanken zu machen. Die die Amerikaner Sue Donaldsen und Will Kymlicka setzen auf eine sehr radikale Revolution, sie wollen Tieren die gleichen Rechte wie Menschen zubilligen. Das hätte nicht nur die Abschaffung von Zoos und Tierversuchen zur Folge, erklärt Bisky, sondern auch das Ende von Fleisch, Eiern und Käse, Leder und Wolle nur noch in Ausnahemfällen. Und beim Städtebau sollen die Rechte von Tieren auch berücksichtigt werden. Angesichts dieser radikalen Forderungen hätte sich Bisky allerdings schon eine plausiblere Argumentation gewünscht und mehr historische Tiefenschärfe.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.12.2013Tiere II Noch selbstbewusster würde der Esel das "V" zeigen, wenn er im Besitz von staatsbürgerlichen Rechten oder einer Aufenthaltserlaubnis für seine Wahlheimat wäre. Klingt absurd, ist aber tatsächlich genau das, was die beiden Kanadier Sue Donaldson und Will Kymlicka in ihrem Buch "Zoopolis. Eine politische Theorie der Tierrechte" (Suhrkamp, 608 Seiten, 36 Euro) fordern. Lässt man sich erst mal ein auf ihre revolutionäre, verblüffende Gedankenwelt, dann erscheint einem die derzeitige Inanspruchnahme des Lebensraums und die damit verbundene Aufteilung von Rechten und Pflichten tatsächlich äußerst ungerecht.
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Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Zoopolis spielt das bürgerrechtliche Modell für Tiere mit überraschenden Ergebnissen auf differenzierte Weise durch. Das liest sich gut und öffnet die Augen für Lösungswege.« Markus Wild Neue Zürcher Zeitung 20131119