Ich muss zugeben, beim ersten Durchgang des Lesens nicht viel mitgenommen zu haben. Aber nun, beim zweiten Anlauf und in Verbindung mit einem lodernden inneren Feuer, erschließt sich mir plötzlich das Buch auf ganz neue Art und Weise. Es zeigt mir, dass es eben integral aufgefasst werden möchte und
als bloße Lektüre für den Kopf völlig ungeeignet ist! Wenn die kraftvolle Schwingung des Werkes sich…mehrIch muss zugeben, beim ersten Durchgang des Lesens nicht viel mitgenommen zu haben. Aber nun, beim zweiten Anlauf und in Verbindung mit einem lodernden inneren Feuer, erschließt sich mir plötzlich das Buch auf ganz neue Art und Weise. Es zeigt mir, dass es eben integral aufgefasst werden möchte und als bloße Lektüre für den Kopf völlig ungeeignet ist! Wenn die kraftvolle Schwingung des Werkes sich mit einem ganzheitlichen es-wissen-wollen verbindet, dann entblättert sich plötzlich das Potential der Schrift. Ja, die Kraft des Zornes kann der Intelligenz dienen!
Wie schon der erste Teil der Triologie, ist auch dieses Buch aufgeteilt in eine kurze Einführung in das Ennegramm, geschrieben von Ulrike Porep. Es folgt ein saftiger Erfahrungsbericht eines im Zorn fixierten Menschen, der den Leser auf schmerzlich humorvolle Art weiter auf das Thema einstimmt. Anschließend beschreibt OM in einem Text zuerst die geistigen Zusammenhänge der Zornwelt und beleuchtet später in Darshanauszügen verschiedene Facetten des Themas.
OM zeigt in seinem Buch, dass es nötig ist, den Zorn aus den Händen des Über-Ichs zu befreien. Es lässt sich nur erahnen, wieviel Kraft im Widerstand, in den täglichen Neins des Menschen gebunden liegt. Besonders seine Ausführungen im Darshan zeigen, dass diesem Widerstand nicht immer auf die gleiche Weise begegnet werden kann. Manchmal sind die Darshanauszüge von heiligem Zorn beseelt und manchmal führt eine sanfte Kraft der Liebe und Annahme des Fragenden in die Tiefe. So ist das Buch wie eine Berg- und Talfahrt zwischen Zurückweisung und Mitgefühl. OM lädt ein, sich erst einmal von der eigenen Unberührbarkeit berühren zu lassen. Die Trotzburg, der innere Fels, er kann nicht einfach mit noch mehr Willensanstrengung überrannt werden. Dafür braucht es zuerst eine Erforschung der Kraft, um nicht in blinde Gewalt zu entarten.
„Es ist wahr, dass Zorn ein Gefühl ist, welches aus den niederen Triebkräften emporsteigt. Wird der Aufstieg in Bewusstheit jedoch zugelassen, ohne dass er voreilig entladen wird, dann verbindet sich Zorn mit dem Herzzentrum.“ (S.113)
Das ganze Buch widmet sich im Grunde der Entblätterung des Zornes von seinen Verklebungen, die Zorn entweder gar nicht erst aufsteigen lassen oder in die falschen Kanäle leitet. Sind diese Ursachen beleuchtet, dann kann sich der Mensch mit dem heiligen Zorn verbinden.
„Fixierter Zorn in Diensten des Ichs ist der Kampf gegen die Wirklichkeit. Heiliger Zorn in Diensten des SELBST ist die Zerstörung der Unwirklichkeit. (S.49)“
Somit ist auch der zweite Band zur Triologie des Enneagramms für mich ein wertvoller Wegbegleiter auf der Suche nach der Wirklichkeit. Es wirft eine klare Schau auf die Schrecken von Gewalt, ohne vor wahrer Kraft zurückzuschrecken. Gerade das ist es, was in esoterischen und spirituellen Kreisen oft schmerzlich fehlt, aber einen ernsthaften inneren Weg erst ausmacht. Wer sich also gerade auf der Kur von Scheinheiligkeit befindet, der sollte dieses Buch auf jeden Fall dabei haben!