Rameaus Ballettoper Zéphire basiert auf der Legende von Zephir und Flora, wie sie Ovid im fünften Buch seiner Fasti verewigt hat. Zéphire, der Gott des Westwinds, liebt Chloris, eine Waldnymphe der Göttin Diana. Bei aller Knappheit der dramatischen Handlung wird den Nymphen und Zéphiren, dem Ballett wie dem Chor, im Rahmen von Tänzen und Refrains großer Stellenwert eingeräumt. Schließlich gewinnen die Liebenden das Wohlwollen der gefürchteten Göttin, und Zéphire verwandelt Chloris in Flora, die Göttin des Frühlings. Ähnlich Pygmalion bietet auch dieser Ballet-Akt in kurzer Form die beliebten Ingredienzien Rameauscher Opern: eine duftig-leichte Orchestertextur zu zart-expressiver Melodik, dazu Instrumentalnummern verschiedenster Couleur, mal schwebend, dann wieder mit rhythmischem Drive. Interessanterweise ist Zéphire in diesem Acte de Ballet nicht mit einem Haute-contre, sondern als Sopran besetzt. Den vielen Fragen um den möglichen Entstehungszusammenhang dieses zu Lebzeiten Rameaus nie zur Aufführung gelangten kleinen Juwels geht die Einleitung des innerhalb der OOR erschienenen Gesamtausgaben-Bandes eingehend nach. Diese kritische Neuausgabe basiert auf dem Autograph, das mehrere Kompositionsschichten enthält. Fünf Anhänge geben auch im Klavierauszug die ursprünglichen Fassungen wieder, soweit diese wiederherstellbar waren.