In Amerika würde ich die Liebe finden, dachte Stefan Niemegk, als er siebzehn war und noch ein Unschuldslamm. Denn von der Liebe sollte er nichts wissen. Die Aufklärungsbroschüre aus dem Konfirmandenunterricht hatte seine Mutter verschwinden lassen. Stefan bewirbt sich als Austauschschüler für Amerika, aber als er zum ersten Mal seinen Lebenslauf niederschreibt, wird ihm bewußt, daß er nicht das Kind seines amtlich beglaubigten Vaters sein kann. Doch auch darüber wird in der Familie nicht gesprochen. Und bei der Auswahlprüfung für Amerika versagt er. Viele Jahr später lebt Stefan Niemegk als Rundfunkredakteur in Berlin, spezialisiert auf biographische Hörspiele. Als seine Freundin zu einer Reportage nach Amerika aufbricht und er ihr nachreisen soll, wird er von einer rätselhaften Unruhe befallen - es wäre seine erste Amerikareise. Vielleicht steht diese Unruhe für die einzige Geschichte, die der Berufsbiograph nicht kennt, obwohl sie ihn mehr betrifft als alle anderen: die Geschichte seiner Mutter, ihrer Flucht bei Kriegsende von Königsberg nach Dänemark und die Umstände seiner eigenen Zeugung und Geburt im Zufluchtsland. Und wenn er es doch riskierte, nach Amerika zu reisen? Warum sollte er nicht dort auf die Glücksgeschichte stoßen, die den Chronisten fremden Lebens zu sich selbst führt?