Wir haben uns daran gewöhnt, in den menschengemachten Katastrophen der Moderne ein blutiges Schlachtfeld zu sehen, das wir "bewältigen" müssen. Durch die Vergegenwärtigung der Geschichte setzen wir uns jedoch nicht bloß dem Trauma des Früheren aus, wir befragen unsere Gegenwart zugleich radikal auf ihre Sinnhaftigkeit. Die Vergangenheit ist damit immer schon doppelter Natur: Als unerträgliche Last eröffnet sie zugleich einen Möglichkeitsraum der Veränderung - ihre "Zukünftigkeit" ist die Potentialität der Geschichte, Vorschein des Besseren und Maßstab unseres Handelns im Hier und Jetzt. In Auseinandersetzung mit den derzeit bestimmenden Debatten der Philosophie und Kulturkritik wie mit den wichtigsten Autoren der zeitgenössischen Literatur aus den USA, Israel und Deutschland entwirft Amir Eshel in "Zukünftigkeit" eine neue Ethik der Geschichts- und Literaturbetrachtung. Ihr Fluchtpunkt ist eine neue post-utopische Humanität im Eingedenken des Vergangenen.
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Mit großem Interesse hat Rezensent Josef Joffe diese literaturwissenschaftliche Studie gelesen. Amir Eshel hat "Katastrophenliteratur" aus Deutschland, Israel und Amerika untersucht und nach Gemeinsamkeiten oder Trennendem gesucht. Gemeinsam haben Autoren wie Grass, Roth, Oz oder Walser, so lernt er, dass sie für das Leid der anderen so offen sind wie für das eigene. Deshalb eröffnet sich, so Eshel, dem Leser die Möglichkeit, "handelnd damit umzugehen", zitiert Joffe zustimmend den Autor. Für ihn gibt das Buch eine geradezu klassische Begründung für die politisch-moralische Verantwortung von Autoren, mit der er ausgesprochen sympathisiert. Lob auch an die "flüssige Übersetzung" durch Irmgard Hölscher. Auf die postmodernen Begriffe hätte er dagegen verzichten können.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Einsatz liefert für die moralisch-politische Verantwortung des Dichters eine erfrischend altmodische, also klassische Perspektive. Und die Übersetzung ins Deutsche von Hölscher ist ebenfalls zu loben.« Josef Joffe DIE ZEIT 20130613