Horxens Zukunft
M. Horx will Mut für die Zukunft machen. Den besorgten, zumeist auch unentschlossenen und risikoscheuen Leser richtet er mit der einfachen Formel auf, daß (fast) alles viel besser ist und auch sein wird, als der Verzagte glaubt, mithin sich die Sorgen des Besorgten um die Zukunft
nichts anderes als gegenstandslos erweisen werden. Als Beweis für seine positivistische…mehrHorxens Zukunft
M. Horx will Mut für die Zukunft machen. Den besorgten, zumeist auch unentschlossenen und risikoscheuen Leser richtet er mit der einfachen Formel auf, daß (fast) alles viel besser ist und auch sein wird, als der Verzagte glaubt, mithin sich die Sorgen des Besorgten um die Zukunft nichts anderes als gegenstandslos erweisen werden. Als Beweis für seine positivistische Zukunftsperspektive präsentiert Horx seinen Vater: Dieser habe, wie so manch anderer um die Zukunft bangender Zeitgenosse, vor fünfzig Jahren den Atomkrieg heraufziehen sehen und sich deshalb mit einer Unmenge Nahrungsmitteln eingedeckt, die dann später, als sich alles als fehlgeleitete Phantasie herausgestellt hatte, mit Mühe und Verdruß verzehrt werden musste.
Aber natürlich macht er es sich so einfach auch wieder nicht. Er hat viel Literatur gelesen und sich daraus sein Bild über die Zukunft zusammengeschnitten. Das mag in einigen Fällen durchaus zutreffend sein; im Großen und Ganzen sind seine Verkündigungen, wie bei allen sogenannten Zukunftsforschern, aber nichts anderes als Prophetie. Denn der Leser sucht in seinem Buch vergeblich nach der gewissenhaften Erhebung und Auswertung von Daten, Zeitreihen, Meinungsumfragen; findet kaum etwas, das auf die Konstruktion und Simulation von Computermodellen verweist, diesem Mittel der Wahl, wenn es um die Identifizierung von Trends geht. Und wie schwer ist es, systematische von zufälligen Trends zu unterscheiden!
Es reicht nicht, wenn Horx die Arbeiten anderer hernimmt und daraus seine Vision von der Zukunft zu stricken versucht. Wie vertrauenswürdig sind sie? Die Vertrauenswürdigkeit ist das A und O jeder Statistik. Die aber ist nicht das Ding von Horx. Er wirft mit großen Begriffen um sich, komplexe Systeme haben es ihm angetan, da darf die Selbstorganisation nicht fehlen, Entropie und Emergenz werden mehrfach zitiert, und an Paretos problematischer Einkommensverteilung kommt auch Horx nicht vorbei. Ob er diese schwierigen Begriffe, die vor zwanzig Jahren Furore gemacht haben, wirklich verstanden hat?
Da bin ich im Zweifel: „Wo Evolution endet, beginnt die Entropie, der Zerfall des Komplexen in lauter kleine Einheiten“ (S. 106). Aber seine Thesen sind eingängig und werden den Freien Demokraten gefallen. Den besorgten Grünen wohl weniger. Der seriösen Wissenschaft schon gar nicht. Ich habe aber durchaus Nutzen aus Horxens Buch gezogen. Seine Literaturliste ist gigantisch und hat mich zur Lektüre der einen oder anderen Veröffentlichung angeregt. Fazit: wer die flotte Phrase liebt, ist bei Horx richtig. Wer es seriöser haben will, mehr Nachdenklichkeit bevorzugt, ist mit dem voluminösen Buch von O. Renn „Das Risikoparadox“ besser bedient.