Das Bild auf dem Cover zeigt das älteste polnische Prosawerk, ¿Heilig-Kreuz-Predigten¿, aus dem 13./14. Jahrhundert. Es wurde 1890, als Polen unter der Fremdherrschaft stand und seine Kultur und Sprache weitgehend verboten waren, zufällig in einer Bibliothek gefunden. Die Papierstücke hatte man als Lesezeichen und Hülle für ein anderes Buch verwendet. Unsere Konstruktionen von Geschichte, Kultur und Identität beruhen mitunter auf Fragmenten und Zufällen. Die europäische Romantik greift diese Problematik in der Philosophie und Kunst explizit auf. Für die westlichen Kulturen ist dieser Gegenstandsbereich ausgiebig untersucht worden, das Thema ¿Fragment in der slavischen Romantik¿ stellt hingegen ein Forschungsdesiderat dar. Die vorliegende Arbeit untersucht das romantische Fragment in Polen und in Russland im Kontext der europäischen Romantik als ein in vielen Bereichen (Literatur, Musik, Malerei, Gartenbau, Philosophie) ausgeprägtes Kulturphänomen. Im ersten Teil werden die historischen und theoretischen Aspekte des Fragmentarischen in der Staats-, Gesellschafts-, Sprach- und Kunsttheorie erörtert. Im Hauptteil folgt die Analyse von ausgewählten Textbeispielen, wobei zwei thematische Schwerpunkte aus dem Bereich der Gattungsforschung im Mittelpunkt stehen: zum einen die Frage nach den kanonisierten Genres und zum anderen nach der Funktion der Fragmentarität im Prozess der Gattungsentwicklung.
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