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Die deutsche Sprache hält in Ulm und um Ulm herum noch ganz andere und viel verwegenere Zungenbrecher bereit als den sattsam bekannten Fischersfritzen, einen Cottbusser Postkutschkasten oder fleißige Scheitspleißer. Gerhard Henschel hat die schönsten Exemplare zusammengetragen, nicht allein aus dem deutschen Sprachraum, sondern aus dem gesamten Abendland, dem Morgenland und sogar aus Weltregionen, die den Radarschirm vieler Liebhaber bislang unterflogen haben. Sein einzigartiger Zungenbrecher-Baedeker nimmt es an Komik mit Loriot und an literarischem Nonsens mit Ernst Jandl auf.

Produktbeschreibung
Die deutsche Sprache hält in Ulm und um Ulm herum noch ganz andere und viel verwegenere Zungenbrecher bereit als den sattsam bekannten Fischersfritzen, einen Cottbusser Postkutschkasten
oder fleißige Scheitspleißer. Gerhard Henschel hat die schönsten Exemplare zusammengetragen, nicht allein aus dem deutschen Sprachraum, sondern aus dem gesamten Abendland, dem Morgenland und sogar aus Weltregionen, die den Radarschirm vieler Liebhaber bislang unterflogen haben. Sein einzigartiger Zungenbrecher-Baedeker nimmt es an Komik mit Loriot und an literarischem Nonsens mit Ernst Jandl auf.
Autorenporträt
Henschel, GerhardGerhard Henschel, geboren 1962, lebt als freier Schriftsteller in der Nähe von Hamburg. Sein Briefroman Die Liebenden (2002) begeisterte die Kritik ebenso wie die Abenteuer seines Erzählers Martin Schlosser, die mit dem Kindheitsroman 2004 ihren Anfang nahmen. Henschel ist außerdem Autor zahlreicher Sachbücher. Er wurde unter anderen mit dem Hannelore-Greve-Literaturpreis, dem Nicolas-Born-Preis und dem Georg-K.-Glaser-Preis ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.08.2012

Zwischen Beschwörungsformel und Zauberspruch
Gerhard Henschel hat Zungenbrecher gesammelt, kommt ihrem Geheimnis aber nicht auf die Schliche

"Como como? Como como como." Das heißt: "Wie ich esse? Ich esse, wie ich esse", auf Portugiesisch. Oder: "Trudderudderanntann?" - "Hat man gedacht, dass es tropfe?", auf Ostnorwegisch. Den eigenen Sprachschatz auf solche Weise bereichern kann man mit Hilfe der von Gerhard Henschel in staunenswertem Sammlerfleiß zusammengetragenen Zungenbrecher aus zweiundzwanzig Sprachen, deutsche Dialekte nicht einzeln gerechnet. Also eine vergnügliche Sprachkunde, bei der man weder den Grimm wälzen muss noch dessen inner- oder außereuropäische Kollegen, weil Henschel eine (hoch-)deutsche Übersetzung oder Paraphrase gleich mitliefert? Außerdem ein Gehörtraining für Lautähnlichkeiten und -unterschiede in fein abgestimmter Dramaturgie?

Vielleicht. Vor allem aber ein etwas langatmiger Partyjux, in den exotisch wirkende Eigennamen ebenso einbezogen werden wie Vogelrufe und Lautpoesie. Das Unverständliche fasziniert den Menschen, und das scheinbar sinnfreie Spielen mit der Sprache ist dem Mystischen, dem Zauberspruch, benachbart. Woher aber diese Faszination? Das fragt Henschel auch und gibt keine Antwort. Warum in allen Sprachen Zungenbrecher vorkommen und überall ähnlich funktionieren, fragt er leider gar nicht erst. Stattdessen präsentiert und übersetzt er immerfort mit dem begrenzten Einfallsreichtum des nimmermüden Conférenciers, so dass man eine Menge erfährt über Butter, Scheichs, Schnecken oder "Gänseblumengirlanden" - alles, was man gar nicht wissen will. Denn Sinn und Bedeutung sind beim sprachschüttelnden Volksvermögen ja nur Vorwände, um komplexe, vertauschende, wiederholende Lautfolgen hervorzubringen. Da helfen auch ein paar aleatorisch ausgewählte Eideshelfer wie Egon Friedell, Robert Gernhardt und Mark Twain wenig, zumal die Altmeister an eher kurzer Leine geführt werden.

Dabei wäre eine Antwort doch so einfach: "Sapanara, sapanara" singen die Hexen in Modest Mussorgskis "Nacht auf dem kahlen Berge" - und machen es vor: vier Arten, Konsonanten zu artikulieren, nacheinander kombiniert mit dem offensten Vokal. Damit Zungenbrecher entstehen, werden diese Artikulationsweisen gemischt und permutiert, werden vorne und hinten artikulierte Konsonanten mit Vokalen verknüpft, die ebenfalls bald an den Zähnen, bald hinten im Rachen gebildet werden müssen. Das bringt die Zunge zum Tanzen, wie es der tongue twister verlangt. Ein lustiger Anlass wäre das für ein paar nachdenkliche Worte darüber, was alle menschlichen Sprachen verbindet.

Andererseits gibt es gerade beim scheinbar sinnfreien Spiel mit Lauten auch kulturelle Unterschiede, und der abgründige Humor eines englischen Limericks steht in einer völlig anderen Tonart als eine französische Pseudoalliterationskette, zu schweigen von der wieder ganz anderen Aura russischer Kinderverse. Henschel aber schreibt ein Buch für die EU-Norm, serviert dem Leser allenfalls einen Moralin-Sauerkohl "à la Magda Goebbels" als Kontrast zur ,zivilisatorisch' überlegenen französischen Küche, doch auch dieses Klischee kannten wir leider schon.

Wo selbst Alfred Liede, ein Klassiker der Sammlung und Deutung von "Unsinnspoesie", nicht immer Spiel von Ernst unterschied, wundert es kaum, dass bei Henschel auch die experimentelle Literatur von Ernst Jandl und August Stramm im selben Eintopf landet und der Jandl des "schtzngrmm" sich gar einen Hnschl-Originalversuch gefallen lassen muss. Kein Gedanke an die Wohlfühl-Sprachglossen eines Eike Christian Hirsch, aus denen sich einst gar noch etwas lernen ließ, und erst recht keiner an einen Sprachdenker wie Albrecht Fabri, dem Etymologie und Sprachdifferenz zu Quellen der Erkenntnis wurden.

Vielleicht muss es auch sie geben: Bücher wie Suchmaschinen mit Kolbenfresser. Man gibt ein Stichwort ein, wählt "unscharfe Suche" und bekommt alles ausgespuckt, was annähernd dazugehört. Wenn aber endlich auch die chinesischen Beispiele durchexerziert sind, mit den immer monotoner wirkenden Übersetzungen und Überleitungen dazwischen, und zum Schluss der Autor mit Hilfe des unvermeidlichen Max Goldt sein Thema selbst als "Trivialität" denunziert, dann bleibt nur entschiedener Widerspruch: Trivial sind Zungenbrecher - zwischen Beschwörungsformel und Zauberspruch - wirklich nicht. Es ist Henschels Präsentation, die sie trivialisiert.

MARTIN MAURACH

Gerhard Henschel: "Zungenbrecher".

Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2012. 128 S., geb., 17,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Martin Maurach findet Zungenbrecher spannend, die Sammlung derselben in Gerhard Henschels Buch "Zungenbrecher" aber offensichtlich nicht. Henschel werfe einfach alles in einen Topf, was im Entferntesten zu seinem Thema passt. Aus 22 Sprachen habe der Autor die brechenden Wörter zusammengetragen und liefere für jedes auch gleich die deutsche Übersetzung mit. Für den Rezensenten reiche Henschels Aufwand aber gerade einmal für einen "langatmigen Partyjux". Der Autor antworte nicht einmal auf die Frage, was für einen Zungenbrecher vonnöten ist, beschwert sich Maurach und erklärt stattdessen selbst: gebraucht werden Konsonanten, die vorne und hinten im Mund gebildet werden. Diese müssen sich mit Vokalen abwechseln, die ihrerseits an den Zähnen und im Rachen entstehen. Der schnelle Wechsel bringe die "Zunge zum Tanzen". Henschels Buch zeuge zwar von Sammlerfleiß, sei ansonsten aber ziemlich trivial, urteilt Maurach.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Ein rundum hübsches kleines Buch, das Einblicke in sehr verschiedene Sprachen gibt.« NZZ, 27.03.2013