Nach traditioneller germanistischer Auffassung erfuhr das Ablautsystem starker Verben letztmalig im (West)Germanischen mit den Reihen 6 und 7 einen Zuwachs. Seitdem wird das Ablautsystem für „tot“ – also unproduktiv – gehalten. Die vorliegende Arbeit tritt dieser Auffassung entgegen und argumentiert unter Rückgriff auf morphologische Sprachwandeltheorien und psycholinguistische Ansätze für die Existenz einer 8. ABLAUTREIHE, die wie die Reihen 6 und 7 auf analogischem Weg entstanden ist. Ihr liegt das Muster x-o-o zugrunde, d.h., Präteritum und Partizip II werden uniform durch (meist analogisch erworbenes) o besetzt bei (relativ) beliebigem Infinitivvokal (vgl. melken, glimmen, schwören). Diese Reihe entsteht im Frühneuhochdeutschen als „Sammelbecken“ für „geschwächte“, d.h. niedrigfrequente starke Verben und attrahiert bis heute weitere wenig(er) frequente Lexeme (z.B. schwimmen, spinnen). Für die Existenz einer 8. AR sprechen auch die in dieser Studie ebenfalls verfolgten Entwicklungen im Niederländischen (ebenfalls x-o-o) und Luxemburgischen (x-ou-x), bei denen sich das Phänomen der Generalisierung konkreter Vokalalternanzen analog zum Deutschen findet und funktional begründet ist.