Wenn das Thema der Nahrungsauswahl in unserem Alltag zur Sprache kommt, so geht es zumeist um Aspekte einer "gesunden" oder "ungesunden" Ernährungsweise, um Folgen der Über-oder Unterernährung, um die Brenn stoffzufuhr, den Vitamin- und Mineralgehalt, welchen ein Nahrungsmittel aufzuweisen hat. Wir hören und sprechen von Gesundheitsschädigungen durch Nahrung, von "BSE-Fleisch", Cholesterin oder verstrahltem Gemüse, ebenso wie von der Gesundheitsförderung durch Diät- und Bioprodukte. Es kann sich einer Ratgeberkultur bedient werden, die sich auf alle Medien er streckt, und es können Professionen und Institutionen konsultiert werden, welche auf eine Beratung hinsichtlich der Ernährung spezialisiert sind. Über mäßig häufig geht es bei einer Problematisierung des Essens und Trinkens um die positiven oder negativen Auswirkungen der Nahrung auf den Körper - um eine physiologische Betrachtung also. Die Dominanz der naturwissenschaftlich-medizinisch orientierten Per spektive, die im Alltag so vertraut ist, verdeckt indes allzu leicht die soziale l Dimension der Nahrung, die von keinesfalls geringerer Bedeutung ist. Sie ist in der sich als aufgeklärt, rational und modem bezeichnenden Gesellschaft im Bewußtsein der Menschen lediglich weniger präsent, wenngleich sie einen elementaren Bestandteil der menschlichen Existenz ausmacht. Es sind eben gerade nicht die biochemisch analysierten Nährwerte von Nahrungsmitteln, die das Ernährungsverhalten der Menschen steuern: Nicht alles, was ernäh rungsphysiologisch als rur den Verzehr geeignet gelten kann, wird tatsächlich gegessen, und das, was verzehrt wird, ist unter diesem Gesichtspunkt nicht notwendig das Sinnvollste oder Vernünftigste. Die Auswahl, die getroffen wird, ist eine soziale.
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