Studienarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Literaturwissenschaft - Vergleichende Literaturwissenschaft, Note: 2, Universität Wien (Vergleichende Literaturwissenschaft), Veranstaltung: Kanon, Erbe, Weltdokumentenerbe, Sprache: Deutsch, Abstract: Das wichtigste Kriterium, in einem Kanon aufgenommen zu werden, ist wohl die Qualität des Textes und seine Beständigkeit, die sie idealerweise über Jahrhunderte hinweg beweisen konnte und weiterhin kann. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die produktive Rezeption des Textes und Autors durch andere Autoren mit ihren Texten, die nicht selten mit ebendieser Rezeption beabsichtigen, dass die geistige Größe eines meist verstorbenen Künstlers auf die eigenen künstlerischen Fähigkeiten abstrahlt. Dies gilt vor allem für die Rezeption fremdsprachiger Texte und fremder Kulturen; als Beispiel sei Goethes produktive Rezeption des persischen Dichters Hafis genannt, die ihn zu seinem "West - östlichen Diwan" inspirierte. Empirische Untersuchungenin der Kanonforschung sind (noch?) Mangelware. Kanonformationen sind das Hervorheben und unweigerliche gleichzeitige Zurücksetzen von Autoren und Werken. Mit jeder Kanonformation möchten Menschen auf Autoren und ihre Werke aufmerksam machen, die in ihren Augen wichtig erscheinen. Gerade dies ist der problematische, aber gleichzeitig spannende und zu Diskussionen einladende Faktor, den Kanonformationen hervorrufen. Ein empirisch unerschütterliches Kriterium, ein festes theoretisches Fundament, welche Autoren und Werke als wichtigste in einem Kanon zu nennen sind, gibt es und kann es nicht geben, da die Formation(nen) dynamischen historischen und gesellschaftlichen, in geringerem Ausmaß ästhetischen Veränderungen unterliegen.Es stellt sich nun die Frage, nach welchen Kriterien, Kanones zustande kommen (können). Verkürzt kann behauptet werden, dass der akademische Betrieb sich auf vier Hauptkategorien geeinigt hat, mit denen sich Kanones begründen lassen: Moralische, praktische, ästhetische und kulturelle Kriterien (Witt, 2000, S. 58). Es gibt jedoch keinen endgültigen, objektiven theoretischen Leitfaden, nach dem ein Kanon zu bilden ist. Zu unterschiedlich sind die mit der Kanonbildung unweigerlich verbundenen Interessen und Machtansprüche (sowie wirtschaftlichen Ambitionen). "Selektive Verfahren des Ein- und Ausgrenzens, die das notwendige Resultat einer jeden Kanonisierung bestimmen, sind grundsätzlich als von Interesse geleitete, diskursive Handlungen [...]."(Wägenbaur, 1997, S. 112) Als Beispiel sei das bewusste Ausgrenzen von (westlichen) literarischen Traditionen und Sprachen durch die zahlreichen Traditionen und Sprachen z.B. Afrikas erwähnt, die von einigen Postkolonialisten bemüht wird. (...)
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