Als die Osteuropäer nach dem Zusammenbruch des Kommunismus in die Europäische Gemeinschaft aufgenommen werden wollten, waren ihre westlichen Nachbarn nicht wirklich begeistert. Nachdem nun auch noch die Türken behaupten, sie gehörten mit dazu, suchen sogar Ungläubige nach Europas christlichen Wurzeln. Zudem hat Europas Wirtschaftsunion Gegenwind bekommen: von den asiatischen Tigerstaaten mit ihren imposanten Wachstumsraten. Ein souveränes Machtzentrum können die vereinigten europäischen Staaten bis heute nicht vorweisen. Kein Vergleich mit der transatlantischen Bruder- und Supermacht im Westen. Doch dies, so belegen Otto Kallscheuers Essays zu den kulturellen und religiösen Traditionen des Abendlandes, muss kein Standortnachteil sein. Pluralismus und Multilateralismus sind schließlich Tugenden, die wir im neuen Jahrtausend noch brauchen werden. Nicht nur in Europa.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.06.2009OTTO KALLSCHEUER, Mitarbeiter dieser Zeitung, nimmt in seinen Essays zentrale Debatten zum abendländischen Erbe in den Blick. Bereits über die Ost-Erweiterung der Europäischen Gemeinschaft war man in manchen Mitgliedstaaten nicht wirklich begeistert. Seitdem die Türkei nach Europa strebt, wird in abgrenzender Absicht nach den christlichen Wurzeln des Abendlands gegraben. Man fürchtet um das kulturelle Überleben, selbst wenn sich die These vom Kampf der Kulturen mit Barack Obamas Rede in Kairo erledigt haben sollte. Die Essays dieses Bandes analysieren die historischen Bruchlinien der europäischen Identität: zwischen christlichem Orient und Okzident, Reformation und Revolution, nationaler Souveränität und regionaler Vielfalt. So gesehen sind Europas Unübersichtlichkeiten kein Standortnachteil. (Otto Kallscheuer: "Zur Zukunft des Abendlandes". Essays. zu Klampen Verlag, Springe 2009. 160 S., geb., 16,- [Euro].)
F.A.Z.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
F.A.Z.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main