Sophia ist ein Mathegenie voller Selbstzweifel - schließlich landen genug Wunderkinder unter der Brücke! Und ein Smalltalk-Gen hat sie auch nicht abbekommen. Nun zieht auch noch ihre Freundin Elsie, die einzige Person, die sie versteht, zum Studium in die USA: ewige Einsamkeit vorprogrammiert. Wäre da nicht Josh, der Hobby-Magier, der schon lange in Sophia verliebt ist. In einem Anfall von Mut steckt er eine Spielkarte in ihr Federmäppchen. Die Herz Zwei. Für Josh eine eindeutige Liebeserklärung, für Sophia ein Rätsel. Er muss also deutlicher werden; zum Beispiel mit einem Feueralarm ...
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.03.2019Sophia ist ein Mathegenie.
Sie hat häufig Panikattacken
und kaum Freunde.
HERZ ZWEI
Joshua kennt viele Zaubertricks
und kann sich ein Leben
ohne Sophia nicht vorstellen.
VON ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
In den Augen von Sophia ist er einfach nur ein Vollhonk, Joshua, der vor sich hingrinst und sie ständig zu beobachten scheint. Dieser riesige Junge, der im Unterricht hinter ihr sitzt, sich nie meldet und sein Gesicht hinter seinen langen Haaren verbirgt. Er scheint sich nur für Kartentricks, Zauberei und Magie zu interessieren und will besser sein als der berühmte Houdini. Doch eines weiß er genau, auch wenn ihn die Schule und die Zukunft auf einem College nicht interessieren: Er kann sich ein Leben ohne Sophia nicht vorstellen, ist von ihr fasziniert, seit sie vor fünf Jahren einmal mit ihm gesprochen hat. Doch es scheint unmöglich, sich ihr zu nähern, als Mathegenie und Außenseiterin hat sie nur Kontakt zu Elsie, ihrer einzigen Freundin.
Diesen Nerd, Mitglied der Jugend-Pop-Szene Melbournes, lässt nun die australische Autorin Melissa Keil in ihrem Coming-of-Age-Roman, „Zusammen sind wir unendlich“ den Versuch starten, Sophia auf sich aufmerksam zu machen. Angestachelt von seinen Freunden zaubert er ihr eine Herz-Zwei-Karte in ihr Federmäppchen.
Zögerlich nähert sie sich ihm, trotz der Panikattacken, die sie immer wieder überfallen. Sie nennt diese psychischen Störungen ihre „depressive Nagelschau-Stimmung“, die sie nur bei der Beschäftigung mit mathematischen Aufgaben und Fernsehsessions wie „Dr. Who“ und in der liebevollen Fürsorge ihrer Freundin überwindet. Es sind Ängste, die sie besonders bedrängen, seitdem sie vom Schicksal des berühmten russischen Wissenschaftlers Grigori Perelman erfahren hat, der eines der großen Mathematikrätsel löste. Wird sie sich auch, als Hochbegabte, wie er aus der Öffentlichkeit zurückziehen, alle sozialen Kontakte abbrechen, vielleicht als Obdachlose unter einer Brücke enden, am Leben scheitern? Schon jetzt kann sie nur die Nähe ihrer Freundin Elsie ertragen und wird gezwungen, zu therapeutischen Zwecken einen Theaterkurs zu belegen.
Szene für Szene erzählen Sophia und Joshua abwechselnd, er in einer behutsamen liebevollen Sprache, voller Emotionen, um sie nicht zu erschrecken, sie vorsichtig und immer wieder über ihn und sich selbst erstaunt. Seine ausgeflippten Aktionen und der sarkastisch ironische Blick, mit dem er und seine Freunde das letzte Jahr in der High School überleben, stehen neben ihren einsamen, grüblerischen Stunden, in denen sie ihre mathematischen und seelischen Probleme zu lösen versucht.
Dieser Roman, der eine hermetisch abgeschlossene Welt der Jugendlichen darstellt, fasziniert trotz mancher mathematischen Grübeleien. Doch dann, kurz vor dem Schluss, scheint die Autorin ihrer eigenen Geschichte nicht mehr ganz zu trauen. Sie wechselt vom spannenden Coming-of-Age-Thema in die Erzählweise eines unterhaltenden Jugendbuchs, in dem sich alle Probleme der beiden Liebenden lösen. Denn der Kuss, dem Sophia endlich zustimmt, bedeutet nicht das Happy End. Sondern führt zu einem großen Zerwürfnis. Beide müssen nun eine Probezeit durchlaufen, bis sie wieder zueinanderfinden. Der verliebte Tagträumer und Spieler Joshua entwickelt sich zu einem erfolgreichen Schüler, mit dem Ziel, Lehrer zu werden. Sophia lernt mit ihren Ängsten auch ohne ihre Freundin zu leben, die zum Studium in die USA geht.
„Vielleicht müssen wir beide gar nicht gerettet werden“, stellt Joshua bei der Wiederbegegnung fest und vermittelt dem Leser das Gefühl, dass auch nach einer wilden Jugendzeit ein geordnetes Leben als Erwachsener beginnen kann. (ab 14 Jahre)
Melissa Keil:
Zusammen sind wir
unendlich.
Aus dem Englischen
von Yvonne Hergane. Carlsen Verlag,
Hamburg 2019.
320 Seiten, 16,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Sie hat häufig Panikattacken
und kaum Freunde.
HERZ ZWEI
Joshua kennt viele Zaubertricks
und kann sich ein Leben
ohne Sophia nicht vorstellen.
VON ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
In den Augen von Sophia ist er einfach nur ein Vollhonk, Joshua, der vor sich hingrinst und sie ständig zu beobachten scheint. Dieser riesige Junge, der im Unterricht hinter ihr sitzt, sich nie meldet und sein Gesicht hinter seinen langen Haaren verbirgt. Er scheint sich nur für Kartentricks, Zauberei und Magie zu interessieren und will besser sein als der berühmte Houdini. Doch eines weiß er genau, auch wenn ihn die Schule und die Zukunft auf einem College nicht interessieren: Er kann sich ein Leben ohne Sophia nicht vorstellen, ist von ihr fasziniert, seit sie vor fünf Jahren einmal mit ihm gesprochen hat. Doch es scheint unmöglich, sich ihr zu nähern, als Mathegenie und Außenseiterin hat sie nur Kontakt zu Elsie, ihrer einzigen Freundin.
Diesen Nerd, Mitglied der Jugend-Pop-Szene Melbournes, lässt nun die australische Autorin Melissa Keil in ihrem Coming-of-Age-Roman, „Zusammen sind wir unendlich“ den Versuch starten, Sophia auf sich aufmerksam zu machen. Angestachelt von seinen Freunden zaubert er ihr eine Herz-Zwei-Karte in ihr Federmäppchen.
Zögerlich nähert sie sich ihm, trotz der Panikattacken, die sie immer wieder überfallen. Sie nennt diese psychischen Störungen ihre „depressive Nagelschau-Stimmung“, die sie nur bei der Beschäftigung mit mathematischen Aufgaben und Fernsehsessions wie „Dr. Who“ und in der liebevollen Fürsorge ihrer Freundin überwindet. Es sind Ängste, die sie besonders bedrängen, seitdem sie vom Schicksal des berühmten russischen Wissenschaftlers Grigori Perelman erfahren hat, der eines der großen Mathematikrätsel löste. Wird sie sich auch, als Hochbegabte, wie er aus der Öffentlichkeit zurückziehen, alle sozialen Kontakte abbrechen, vielleicht als Obdachlose unter einer Brücke enden, am Leben scheitern? Schon jetzt kann sie nur die Nähe ihrer Freundin Elsie ertragen und wird gezwungen, zu therapeutischen Zwecken einen Theaterkurs zu belegen.
Szene für Szene erzählen Sophia und Joshua abwechselnd, er in einer behutsamen liebevollen Sprache, voller Emotionen, um sie nicht zu erschrecken, sie vorsichtig und immer wieder über ihn und sich selbst erstaunt. Seine ausgeflippten Aktionen und der sarkastisch ironische Blick, mit dem er und seine Freunde das letzte Jahr in der High School überleben, stehen neben ihren einsamen, grüblerischen Stunden, in denen sie ihre mathematischen und seelischen Probleme zu lösen versucht.
Dieser Roman, der eine hermetisch abgeschlossene Welt der Jugendlichen darstellt, fasziniert trotz mancher mathematischen Grübeleien. Doch dann, kurz vor dem Schluss, scheint die Autorin ihrer eigenen Geschichte nicht mehr ganz zu trauen. Sie wechselt vom spannenden Coming-of-Age-Thema in die Erzählweise eines unterhaltenden Jugendbuchs, in dem sich alle Probleme der beiden Liebenden lösen. Denn der Kuss, dem Sophia endlich zustimmt, bedeutet nicht das Happy End. Sondern führt zu einem großen Zerwürfnis. Beide müssen nun eine Probezeit durchlaufen, bis sie wieder zueinanderfinden. Der verliebte Tagträumer und Spieler Joshua entwickelt sich zu einem erfolgreichen Schüler, mit dem Ziel, Lehrer zu werden. Sophia lernt mit ihren Ängsten auch ohne ihre Freundin zu leben, die zum Studium in die USA geht.
„Vielleicht müssen wir beide gar nicht gerettet werden“, stellt Joshua bei der Wiederbegegnung fest und vermittelt dem Leser das Gefühl, dass auch nach einer wilden Jugendzeit ein geordnetes Leben als Erwachsener beginnen kann. (ab 14 Jahre)
Melissa Keil:
Zusammen sind wir
unendlich.
Aus dem Englischen
von Yvonne Hergane. Carlsen Verlag,
Hamburg 2019.
320 Seiten, 16,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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"Einfühlsam, natürlich und romantisch ist diese mal etwas andere High School Liebesgeschichte." Annika von Holten Lesenetz Hamburg 20190624