Marcel Brüntrup untersucht die Entstehung der nationalsozialistischen »Ausländerkinder-Pflegestätten« im Kontext von Zwangsarbeit und Rassenpolitik.In den letzten Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft entstand im Deutschen Reich ein flächendeckendes Netz improvisierter Betreuungseinrichtungen für die Kinder ausländischer Zwangsarbeiterinnen. In diesen euphemistisch als »Ausländerkinder-Pflegestätten« bezeichneten Heimen verloren zehntausende Kinder aufgrund unzureichender Versorgung, Hygiene und Pflege ihr Leben - das gewollte Ergebnis einer menschenfeindlichen Politik, die auf die restlose Ausbeutung der Arbeiterinnen und die gewaltsame rassische Homogenisierung des deutschen Volkes abzielte. Parallel dazu sollten erzwungene Abtreibungen an osteuropäischen Zwangsarbeiterinnen die Geburt »rassisch unerwünschter« Kinder von vornherein verhindern.Marcel Brüntrup beleuchtet die Entstehungsgeschichte der »Ausländerkinder-Pflegestätten« sowie der damit zusammenhängenden Maßnahmen und liefert Einblicke in die Lebenswirklichkeiten betroffener Zwangsarbeiterinnen und ihrer Kinder.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Einem bisher wenig beleuchteten Aspekt des NS-Unrechts widmet sich der Geschichtswissenschaftler Marcel Brüntrup in diesem Buch, erfahren wir von Rezensentin Melanie Longerich: dem Schicksal von schwangeren Zwangsarbeiterinnen. Der NS-Rassenideologie zufolge achteten die Behörden darauf, dass osteuropäische Zwangsarbeiter keinen Kontakt zu Deutschen hatten, Schwangerschaften erwiesen sich dabei als ein besonderes Problem, das unter anderem mit der Einrichtung sogenannter "Ausländerkinder-Pflegestätten" bekämpft wurde. Hier starben viele Kinder von Zwangsarbeiterinnen, lernt die Rezensentin von Longerich, der mit Ärzten und Hebammen bislang wenig beleuchtete Gruppen von NS-Tätern untersucht und außerdem auch über Zwangsabtreibungen schreibt, denen Zwangsarbeiterinnen unterzogen wurden - während gleichzeitig versucht wurde, deutsche Frauen von Abtreibungen abzuhalten. Brüntrup schafft es, einen Gesamtüberblick über diesen Teil der Naziverbrechen zu liefern, lobt Longerich.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Der intensive Blick auf die bislang wenig erforschte Praxis der Zwangsabtreibungen ist ein besonderes Verdienst dieses Buches.« (Melanie Longerich, Deutschlandfunk, 16.12.2024)