Schon nach Adam Riese ist Franken ein besonderer Ort zum Leben. Und nicht nur er, sondern viele fränkische Geistesgrößen konnten sich dem Charme dieses Landstriches nicht entziehen: E.T.A. Hoffmann, Hegel, Dürer. Auch der Erfinder des populärsten Kleidungsstückes des 20. Jahrhunderts, Levi Strauss, stammte aus Oberfranken. Thomas Kraft nimmt uns mit auf eine Reise durch eine Region Deutschlands, die wie ein unübertroffenes Gesamtkunstwerk an barocken Bauten wirkt, nach Bamberg, Nürnberg und entlang des römischen Limes sogar bis nach Weißenburg, wo noch andere Kostbarkeiten zu entdecken sind. Er besucht den letzten Köhler im Frankenwald, lässt uns am Bayreuther Festspieltaumel teilhaben und zeigt damit das fränkische Wesen in seiner ganzen Vielschichtigkeit. Kraft weiß in angenehmer und ruhiger Manier zu erzählen, scheut sich aber auch nicht, dunkle Kapitel der Geschichte Frankens, wie die Reichsparteitage in Nürnberg, kritisch anzusprechen. Schließlich erklärt er, warum Bier und Bratwürste aus dem fränkischen Alltag einfach nicht wegzudenken sind und warum das kulinarische Angebot schon so manchen Abtrünnigen dazu bewogen hat, in seine Heimat zurückzukehren.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.06.2006Die schönste aller Schauspielerinnen
Weil die Franken freundliche Menschen sind, lieben sie die Verkleinerung. Wenn sie zum Beispiel sagen, jemanden hat "a klaans Schlägla" getroffen, so hat er einen schweren Schlaganfall erlitten. Wenn man von diesem Büchlein sagen muß, es sei "a weng schlampert", so kann sich jeder ausmalen, wieviel hier ungenau ist und daß mancher kapitale Bock geschossen wurde. Es mag ja noch angehen, daß der Autor Sandra Bullock die schönste Schauspielerin der Welt nennt, obwohl angesichts von Catherine Zeta-Jones, Halle Berry, Nicole Kidman und anderen Hollywood-Stars ernsthafte Zweifel angebracht sind. Doch daß er behauptet, sie stamme aus Nürnberg, ist schlichtweg falsch. Sie verbrachte zwar ihre ersten zwölf Lebensjahre unter Lebkuchen und Bratwürsten, geboren aber wurde sie in Arlington/Virginia. Man mag es noch verzeihlich finden, daß Victor von Scheffel in der von ihm gedichteten "Nationalhymne" keineswegs zur "guten", sondern zur "schönen" Sommerszeit ins Land der Franken gefahren ist, aber die Glasbläser von Waldsassen, das bekanntlich in der Oberpfalz liegt, Franken zuzuordnen ist bedenklich. Noch schlimmer aber kommt es, wenn im Kapitel über Bayreuth "die überragende Akustik dieses prächtigen Barocktheaters" gepriesen wird - eine fatale Verwechslung mit dem Markgräflichen Opernhaus, das gut hundert Jahre vor der "Scheune" auf dem Grünen Hügel entstanden ist. Aber man muß auch ein paar Verdienste des Autors würdigen: daß er zum Beispiel auf Georg Anton Urlaub und dessen Deckengemälde in der Ipthofener Kirche Mariä Geburt hinweist, die sonst in fast keinem Reiseführer zu finden sind; daß er dem Maler Michael Mathias Prechtl ein paar Zeilen widmet oder die Lebensgeschichte des Buttenheimers Levi Strauss erzählt, der in den Vereinigten Staaten mit seinen Jeans Karriere gemacht hat. So betrachtet, erfährt man viel über Franken. Dieses kleine Stück Deutschland ist mit Liebe behandelt, wenn auch viel zuviel geplaudert wird über die Befindlichkeiten des Autors. Und leider ist mit Vorsicht zu genießen, was in diesem Buch gesagt wird.
tg
"Zwischen Bratwurst und Barock - Fränkische Besonderheiten" von Thomas Kraft. Picus Verlag, Wien 2006. 132 Seiten. Gebunden, 13,90 Euro. ISBN 3-85452-912-0.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Weil die Franken freundliche Menschen sind, lieben sie die Verkleinerung. Wenn sie zum Beispiel sagen, jemanden hat "a klaans Schlägla" getroffen, so hat er einen schweren Schlaganfall erlitten. Wenn man von diesem Büchlein sagen muß, es sei "a weng schlampert", so kann sich jeder ausmalen, wieviel hier ungenau ist und daß mancher kapitale Bock geschossen wurde. Es mag ja noch angehen, daß der Autor Sandra Bullock die schönste Schauspielerin der Welt nennt, obwohl angesichts von Catherine Zeta-Jones, Halle Berry, Nicole Kidman und anderen Hollywood-Stars ernsthafte Zweifel angebracht sind. Doch daß er behauptet, sie stamme aus Nürnberg, ist schlichtweg falsch. Sie verbrachte zwar ihre ersten zwölf Lebensjahre unter Lebkuchen und Bratwürsten, geboren aber wurde sie in Arlington/Virginia. Man mag es noch verzeihlich finden, daß Victor von Scheffel in der von ihm gedichteten "Nationalhymne" keineswegs zur "guten", sondern zur "schönen" Sommerszeit ins Land der Franken gefahren ist, aber die Glasbläser von Waldsassen, das bekanntlich in der Oberpfalz liegt, Franken zuzuordnen ist bedenklich. Noch schlimmer aber kommt es, wenn im Kapitel über Bayreuth "die überragende Akustik dieses prächtigen Barocktheaters" gepriesen wird - eine fatale Verwechslung mit dem Markgräflichen Opernhaus, das gut hundert Jahre vor der "Scheune" auf dem Grünen Hügel entstanden ist. Aber man muß auch ein paar Verdienste des Autors würdigen: daß er zum Beispiel auf Georg Anton Urlaub und dessen Deckengemälde in der Ipthofener Kirche Mariä Geburt hinweist, die sonst in fast keinem Reiseführer zu finden sind; daß er dem Maler Michael Mathias Prechtl ein paar Zeilen widmet oder die Lebensgeschichte des Buttenheimers Levi Strauss erzählt, der in den Vereinigten Staaten mit seinen Jeans Karriere gemacht hat. So betrachtet, erfährt man viel über Franken. Dieses kleine Stück Deutschland ist mit Liebe behandelt, wenn auch viel zuviel geplaudert wird über die Befindlichkeiten des Autors. Und leider ist mit Vorsicht zu genießen, was in diesem Buch gesagt wird.
tg
"Zwischen Bratwurst und Barock - Fränkische Besonderheiten" von Thomas Kraft. Picus Verlag, Wien 2006. 132 Seiten. Gebunden, 13,90 Euro. ISBN 3-85452-912-0.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Gern hätte sich Rezensent tg. auf das verlassen, was in diesem Buch über Franken steht, denn Autor Thomas Kraft erzählt "mit Liebe" von dieser Region, wie tg. einräumt. Auch finden sich hier Hinweise auf einige Kleinode, die in den meisten Reiseführern ausgespart blieben. Doch insgesamt ärgert sich der Rezensent vor allem über die vielen Patzer, Ungenauigkeiten und Fehler, die ihm sichtlich den Spaß an der Lektüre verdorben haben.
© Perlentaucher Medien GmbH
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