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Über Paris und die französische Küche in ihrer besten Zeit hat niemand so geschrieben wie der wunderbare A.J.Liebling, für den ein Tag ohne opulentes Mittag- und Abendessen nicht der Rede wert war. Zeit seines Lebens ein engagierter politischer Publizist und Gourmand, hatte er das Glück, sich von unten nach oben durch die französische Hauptstadt fressen zu müssen: Als junger Mann entdeckte er in den zwanziger Jahren, dass sich teures Essen und guter Geschmack nicht unbedingt vertragen. Später, als Korrespondent des New Yorker, erklomm er, ausgerüstet mit ebenso respektgebietendem wie…mehr

Produktbeschreibung
Über Paris und die französische Küche in ihrer besten Zeit hat niemand so geschrieben wie der wunderbare A.J.Liebling, für den ein Tag ohne opulentes Mittag- und Abendessen nicht der Rede wert war. Zeit seines Lebens ein engagierter politischer Publizist und Gourmand, hatte er das Glück, sich von unten nach oben durch die französische Hauptstadt fressen zu müssen: Als junger Mann entdeckte er in den zwanziger Jahren, dass sich teures Essen und guter Geschmack nicht unbedingt vertragen. Später, als Korrespondent des New Yorker, erklomm er, ausgerüstet mit ebenso respektgebietendem wie gelassenem Sachverstand, sämtliche Gipfel, die das kulinarische Paris zu bieten hatte. Niemand hat darüber mit solch hinreißender Passion und stoischem Witz geschrieben wie Liebling in seinem letzten Buch.
Autorenporträt
A. J. Liebling, geboren 1904, gestorben 1963 in New York, kam als junger Mann Mitte der zwanziger Jahre zum »New Yorker« und blieb dem Magazin zeitlebens als Redakteur, Autor und Korrespondent verbunden. In den dreißiger Jahren lebte er als Korrespondentin Paris, wurde zu einem Kenner der französischen Küche. Den Zweiten Weltkrieg erlebte er als Korrespondent auf den westlichen Kriegsschauplätzen. Von der Invasion in der Normandie berichtete er »live« aus einem der Landungsboote.

Joachim Kalka, geb. 1948, lebt als Kritiker und Übersetzer in Stuttgart. Die Darmstädter Akademie verlieh ihm für sein Übersetzungswerk 1996 den Johann-Heinrich-Voß-Preis und wählte ihn zum Mitglied.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.03.2008

Glück beim Essen, Pech in der Liebe

A.J. Liebling hatte es gut: reichlich Geld vom Vater, dazu jede Menge Geschmack. Was er in Pariser Restaurants erlebte, davon kann man heute noch etwas lernen.

Man muss diesen Abbott Joseph (A.J.) Liebling, den berühmten amerikanischen Journalisten ("The New Yorker") einfach liebhaben und ihn gleichzeitig ein wenig beneiden. Vom Rücktitel blickt uns ein rundlicher Glatzkopf mit randloser Brille an, scheinbar ernst, aber mit einem Bleistift quer im Mund, wie ein Hund, der gerade die Zeitung apportiert. Liebling hat, was nicht zuletzt seinem Übersetzer Joachim Kalka zu verdanken ist, einen sehr angenehmen Schreibstil, nur in Maßen abschweifend, direkt und von einem schönen, trockenen Humor durchzogen. Nah dran ist man, aber immer mit einer kleinen journalistischen Distanz, die nicht nur registriert, sondern das Besondere erkennt, ohne ihm gleich die Bürde einer Einordnung in die Weltläufte an und für sich zuzumuten. Dass er manches eher als Kuriosität abhakt (vorzugsweise alles Modische), lassen wir Europäer den amerikanischen Freunden ja gerne einmal durchgehen.

In "Zwischen den Gängen", das erstmals 1959 als "Between Meals" erschien, sind vor allem zwei längere Aufenthalte des Autors in Paris festgehalten, die mehr oder weniger im Zeichen des guten Essens stehen. Dafür braucht Liebling zuerst einmal einen guten Appetit, weil man ja schließlich an einem Tag "nur zwei Gelegenheiten zur Feldforschung" hat. Nach Erwähnung einiger entsprechender Heldentaten, die regelmäßig etwas mit heute kaum noch nachvollziehbaren Mengen zu tun haben, einer frühen Erwähnung des Begriffes "Textur" im Zusammenhang mit Essen und der sozusagen saftigen Beschreibung der Qualität einiger Lammkoteletts, die "von einem ermatteten Bergziegenbock" stammten und "in Maschinenöl abgesengt" worden waren, beneidet man den Autor erst einmal gründlich um die finanzielle Ausstattung durch seinen wohlhabenden Vater. Der hatte den knapp zweiundzwanzigjährigen Sohn nach frühen journalistischen Erfahrungen für ein Jahr zu Studien nach Paris geschickt, und zwar mit einer Finanzierung, die doch für ziemlich regelmäßige Feldforschung ausreichte.

Liebling nähert sich der Sache mit Akribie und erkennt Dinge, die bis heute Gültigkeit haben. Die Popularität der milden Seezunge schreibt er der Tatsache zu, dass sie eben nicht nach Fisch schmeckt, oder er tut den Geschmack junger Tiere wie Lamm und Kalb "als blasse Frühphase der jeweiligen Spezies" ab. Er beklagt die mangelnde gastronomische Bildung der Wohlhabenden und kommt zu gut entwickelten Weinbeschreibungen: "Chateauneuf macht oft den Eindruck eines Zuviel, um wahr zu sein, und seine Eigenschaften schwanken in jeder Hinsicht verheerend". Und: "Kein Asket kann als verlässlich bei Sinnen gelten", heißt es dann, während er selber die Auswirkungen seiner eigenen Verlässlichkeit mit einer auch praktizierten Vorliebe für das Boxen ausgleicht.

"The Sweet Science", eine Sammlung seiner Texte über das Boxen, wurde übrigens im Jahre 2002 von "Sports Illustrated" für die Auszeichnung zum "besten Sportbuch aller Zeiten" nominiert. Manche Beobachtungen klingen verblüffend aktuell. So beklagt Liebling schon damals "das Versagen" französischer Restaurants "in ganz elementaren Dingen", weil die Köche keine "rundum ausgebildeten Handwerker" mehr seien und immer weniger junge Leute von einiger Intelligenz das mühsame Kochhandwerk lernen wollen. Als er im Herbst 1939, knapp vor Beginn der von ihm und vielen anderen für unmöglich gehaltenen kriegerischen Auseinandersetzung mit Deutschland, wieder in Paris ist, konstatiert er einen weiteren Niedergang "der Ernsthaftigkeit des Restaurantbetriebs".

Ihn stören die Veränderung der Restaurants von "Tempeln der Dégustation zu Vitrinen für die schmalen Pagenkopfgazellen" oder die Ärzte, deren "Aufgabe es war, die Völlerei zu erleichtern, nicht, sie zu tadeln". Die Verordnungen gegen Kinderarbeit sind für ihn mit der langen Ausbildung großer Küche nicht vereinbar und die Bemühungen des frühen Guide Michelin ein Anlass zum Spott, weil ihm die Verknüpfung von Reiseführer für "Sonntagsfahrer" und "Urlaubsreisende" mit Geschmacksrichtern für Restaurants als "ein deprimierendes Beispiel" erscheint, "wie die Kunst sich dem Geschäft unterordnet".

Liebling selber ist in Sachen Essen ohne große Kenntnis der Herstellung ("ich bin's zufrieden, ein Meisterwerk der Malerei zu bewundern, ohne zu fragen, wie der Künstler seine Farben angerieben hat"), hat aber eine klare Vorstellung vom Beruf des Essers : "Die Lehrzeit des Essers ist zwar nicht so strapaziös wie die des Kochs, muß aber mit demselben Eifer und Ernst betrieben werden." Ein Gourmet wird solche Sätze sofort verstehen. Ein Nicht-Gourmet versteht so etwas grundsätzlich falsch.

Nach diesen kurzweiligen Ausführungen wird es ein wenig anrührend, weil es um ein für Liebling wohl nie so recht gelöstes Problem geht, nämlich die Frauen. "Eine Frau hat, anders als ein navarin de mouton, einen eigenen Kopf", heißt es da nach trockenen Beobachtungen wie der, dass man in den Cafés "alle Züge einer Schönheitskönigin" finden kann, "verteilt jedoch auf verschiedene Mädchen". Wahrscheinlich kam Liebling bis zu einem gewissen Grade bei Frauen an, aber wohl eher so wie die berühmten "guten Freunde", die unbedingt davon profitieren, dass sich die Frauen in ihrer Anwesenheit irgendwie ungefährdet fühlen. "Passabel" sei er, sagt ihm eine solche Freundin, und das ist ihm gleichzeitig Trost und fatalistisch angenommene Einsortierung.

Wie kann man A.J. Liebling, fragt sich der Leser, nur so unendlich uninspiriert, ohne Glanz und Esprit lediglich "passabel" finden? Liebling starb 1963 im Alter von nur neunundfünfzig Jahren nach einem Leben, in dem er sich mit gleichbleibender Akribie auch noch anderen Themen widmete. Man möchte ihm nachrufen: "Verehrter Freund, wenigstens ist dir der Ärger mit der Nouvelle Cuisine erspart geblieben."

JÜRGEN DOLLASE.

A.J. Liebling: "Zwischen den Gängen". Ein Amerikaner in den Restaurants von Paris. Aus dem Englischen übersetzt und mit einem Vorwort und Erläuterungen versehen von Joachim Kalka. Berenberg Verlag, Berlin 2007. 183 S., geb., 21,50 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Obwohl dieses "skandalöse" Buch des "investigativen Kulinaristen" erst mit fünfzigjähriger Verspätung in Deutschland erscheint, kommt es für Rezensent Dieter Hildebrandt gerade richtig: in unsere Geschmacksepoche der "Nano-Kollagen" aus "Fast-nichts-Food" platzt es zu seinem großen Vergnügen nämlich hinein "wie ein gewaltiges Fettnäpfchen". Der Rezensent lässt sich mitreißen von diesem "Triumph der Genüsslichkeit", die für ihn aus fast jeder Zeile dieser Eloge auf die französische Küche und den französischen Wein der dreißiger bis fünfziger Jahre spricht. Beglückt notiert er auch die "grandiose Unbekümmertheit" in Sachen gesunder Ernährung, liest A.J. Lieblings Beschreibungen kleiner Restaurants und seiner Gänge durch Markthallen, die das Buch für ihn auch zu einem Paris-Buch machen, "wie es noch keins gab". Überschwänglicher Dank wird auch dem Entdecker und Kommentator des Werks, Joachim Kalka, zuteil.

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