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Die medizinisierten Gesellschaften des 21. Jahrhunderts stehen vor dramatischen Herausforderungen. Einerseits gehören höchst leistungsfähige, immer aufwändigere Technologien zum Standard der medizinischen Alltagsversorgung. Andererseits ergeben sich gerade in ihrem Zuge ökonomische und logistische Engpässe. Kann sich unsere Gesellschaft die Medizin leisten, die das Leben unter optimierten Versorgungsvoraussetzungen immer weiter verlängert und zugleich steigende Lebensqualitäten verspricht? Damit gehen nicht nur sozialpolitisch folgenreiche Verschiebungen einher. Nicht zuletzt verändert sich…mehr

Produktbeschreibung
Die medizinisierten Gesellschaften des 21. Jahrhunderts stehen vor dramatischen Herausforderungen. Einerseits gehören höchst leistungsfähige, immer aufwändigere Technologien zum Standard der medizinischen Alltagsversorgung. Andererseits ergeben sich gerade in ihrem Zuge ökonomische und logistische Engpässe. Kann sich unsere Gesellschaft die Medizin leisten, die das Leben unter optimierten Versorgungsvoraussetzungen immer weiter verlängert und zugleich steigende Lebensqualitäten verspricht? Damit gehen nicht nur sozialpolitisch folgenreiche Verschiebungen einher. Nicht zuletzt verändert sich unter ökonomischem Anpassungsdruck auch das Bild vom gesunden und kranken Menschen. Was darf, was muss bezahlt werden? Und was hat als "gesund", was als "krank" zu gelten? Die globalisierten Gesellschaften befinden sich mitten in komplexen Umdeutungsprozessen, die neue Wissensformen vom gesunden und kranken Menschen generieren und mit Verteilungskämpfen zusammenhängen. Die damit verbundenen Probleme führen nicht nur an den heißen Kern der laufenden sozial-ökonomischen Debatten - sie betreffen auch grundlegende anthropologische Fragen. Der vorliegende Band greift sie im interdisziplinären Zusammenspiel verschiedener Wissenschaftsperspektiven auf. Was die Medizin unter Krankheit versteht, wird an philosophische Konzepte und Reflexionen rückgebunden. Wissenschaftstheoretisch steht dabei u.a. der Gesundheitsbegriff als solcher zur Debatte. Seine besondere Virulenz zeichnet sich in den Angeboten neuester Lifestyle-Medizin ab, mit denen Gesundheit als Ersatzreligion formatiert wird. Der gewachsene, mithin verselbständigte Wert "Gesundheit", in dem sich die Glückserwartungen und Lebensentwürfe spät- oder auch postmoderner Gesellschaften konzentrieren, veranlasst im Gegenzug kulturhistorische, interkulturelle und auch interreligiöse Vergewisserungen: Wie wurden und werden Gesundheit und Krankheit erfahren und interpretiert? Welche Bedeutung haben die entsprechenden Vorstellungen für die laufenden Deutungsprozesse? In diesem Zusammenhang schließen sich theologische Bestimmungsversuche an. Sie reichen von der Frage nach dem Einfluss des Glaubens auf die Gesundheit über die Diskussion von Leiderfahrungen bis hin zur Suche nach jenem "Heil", das in einem sehr komplexen Sinn die Rede von Gesundheit und Krankheit religiös justiert. Im Zuschnitt medizinischer, philosophischer, soziologischer, religionswissenschaftlicher und theologischer Ansätze konturiert der Band von daher ein brisantes Phänomen unserer gesellschaftlichen Realität, das eine eigene Wissensform aufdeckt: In den Umdeutungsprozessen von Gesundheit und Krankheit begegnen veränderte Heilsökonomien mit eigenen Wahrheitsansprüchen und religionsförmigen Verheißungen.
Autorenporträt
Volkenandt, Matthias§Matthias Volkenandt ist Diplomtheologe und Professor für Dermatologie an der LMU München.Hoff, Gregor Maria§
Gregor Maria Hoff ist Professor für Fundamentaltheologie und Ökumenische Theologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Paris-Lodron-Universität Salzburg.