Mit seiner Technik formt der Mensch schon längst nicht mehr nur die äußere Natur, sondern auch sich selbst. Neben der biotechnologischen Manipulation des Genoms sind es zunehmend Neurotechnologien, mit denen der Mensch sein eigenes Selbst verändert und gestaltet. Mit dem therapeutischen Erfolg dieser Technologien stehen neurotechnologische Umbaumaßnahmen von Körper und Geist am Horizont, die auf die »Optimierung« des Menschen angelegt sind. Am Beispiel neuester technischer Zugriffsmöglichkeiten auf das menschliche Gehirn, geht Oliver Müller in seinem Essay der Frage nach, welche Auswirkungen Technisierungsprozesse auf unser Selbstsein und auf unser Selbstverständnis haben und haben könnten. Im Zentrum der Überlegungen stehen Formen der Selbstinstrumentalisierung, der Selbstverdinglichung und der Selbstcyborgisierung, die in der technisch veränderten Wahrnehmung der eigenen Person und in der Selbstanpassung an die Perfektion technischer Prozesse liegen. Die Chiffre des Homo faber erfaßt das Unglück, das im Fortschrittsglück des Immer-Besser-Werdens liegt.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Eva Weber-Guskar hat sich von Oliver Müllers Erkundungen der Selbsttechnisierung des Menschen mehr erhofft. Das Ansinnen des Autors, nach der Bedeutung technischer oder pharmazeutischer Eingriffe wie der Gehirnimplantation oder der Ritalingabe für das Selbstverständnis des Menschen zu fragen und ein Begriffsinstrumentarium dafür zu finden, erscheint ihr zunächst einmal wichtig und begrüßenswert. Dass der Freiburger Philosoph dies aber erst am Schluss seines Buches tut und Fragen und Begriffskriterien nicht gerade genau zu klären vermag, enttäuscht die Rezensentin dann aber. Auch sein Rückgriff auf philosophische Vorgänger aus den 1930er und 50er Jahren findet sie zwar interessant, hier aber nicht unbedingt zweckmäßig, weil die Erkenntnisse ihrer Ansicht nach nicht in einer Weise verknüpft werden, dass sie Erhellendes zur aktuellen Lage böten. Und so wird für sie die Lektüre zum "frustrierenden" Rundgang durch unübersichtliche Denkräume, in denen zwar viel Interessantes angesprochen wird, sich der Leser jedoch nicht zurecht findet, wie sie bedauert.
© Perlentaucher Medien GmbH
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