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Bereits kurz nach Abschluss des Grundlagenvertrages zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland begannen 1973 die Verhandlungen über ein Kulturabkommen zwischen Bonn und Ost-Berlin. Der Autor Sebastian Lindner zeichnet die 13-jährige Verhandlungsgeschichte anhand erstmals einsehbarer Regierungsakten aus Ost und West, zeitgenössischer Medienberichte sowie Zeitzeugeninterviews nach. Die Analyse zeigt, dass beide Verhandlungsseiten zu Kompromissen bereit sein mussten, um überhaupt zur Unterzeichnung des Abkommens zu gelangen. Unterschiedliche Standpunkte sowie außenpolitische Faktoren…mehr

Produktbeschreibung
Bereits kurz nach Abschluss des Grundlagenvertrages zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland begannen 1973 die Verhandlungen über ein Kulturabkommen zwischen Bonn und Ost-Berlin. Der Autor Sebastian Lindner zeichnet die 13-jährige Verhandlungsgeschichte anhand erstmals einsehbarer Regierungsakten aus Ost und West, zeitgenössischer Medienberichte sowie Zeitzeugeninterviews nach. Die Analyse zeigt, dass beide Verhandlungsseiten zu Kompromissen bereit sein mussten, um überhaupt zur Unterzeichnung des Abkommens zu gelangen. Unterschiedliche Standpunkte sowie außenpolitische Faktoren verhinderten lange einen Vertragsabschluss. Dennoch entwickelte sich auch ohne Abkommen ein teils reger Kulturaustausch, der ab 1986 dann spürbar verstärkt wurde - etwa durch gegenseitige Buchausstellungen und Rockkonzerte - und hier in vielerlei Facetten dargestellt wird.
Autorenporträt
Jahrgang 1974, aufgewachsen in Mainz, Studium der Politikwissenschaft sowie der Kommunikations- und Medienwissenschaft in Mainz und Leipzig, Magisterarbeit über den Aktionskreise Halle, eine katholische Basisgruppe in der DDR, von 2001 bis 2003 wissenschaftlicher Projektmitarbeiter im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig, dort vor allem befasst mit der Erarbeitung der Ausstellung Klopfzeichen - Mauersprünge - Kunst und Kultur der 80er Jahre in Deutschland, im Anschluss daran entstand die Idee zur Promotion über das deutsch-deutsche Kulturabkommen, die 2012 zu Ende geführt werden konnte, ab 2008 verschiedene Funktionen als Referent im Bundesministerium des Innern, seit 2011 Referent in der Sächsischen Staatskanzlei in Dresden.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Michael Hollmann langweilt sich etwas mit Sebastian Lindners Nachzeichnung der Verhandlungen über das kulturelle Abkommen zwischen der BRD und der DDR 1986. Das liegt an der Detailliertheit, mit der der Autor seiner Aufgabe nachkommt und an der Sprödigkeit der Archivdokumente. Doch auch in diesem Wissen scheint es Hollmann unverständlich, warum der Autor nicht die Chance nutzt, Weitschweifigkeiten im Text zu kürzen und mehr Exkurse zum kulturellen Austausch, wie er bis dahin stattfand, in den Text aufzunehmen. Die Möglichkeiten seiner Arbeit hat der Autor laut Rezensent nicht ausgeschöpft, etwa auch, was die Analyse der Bund-Länder-Problematik betrifft. Dass Lindner sprachlich nicht über den Stil der politischen Reportage hinauskommt, trägt zur Langeweile des Rezensenten bei.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.03.2016

Honeckers Mauerbaustein
Bonns Kulturabkommen

Am 6. Mai 1986 unterzeichneten Staatssekretär Hans Otto Bräutigam als Leiter der Ständigen Vertretung in Ost-Berlin und Kurt Nier, der stellvertretende Außenminister der DDR, das "Abkommen zwischen der Regierung der deutschen Demokratischen Republik und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über kulturelle Zusammenarbeit". Damit wurde nach fast 14 Jahren eine Absichtserklärung des Grundlagenvertrags von 1972 erfüllt, die auch auf kulturellem Gebiet eine Normalisierung des Verhältnisses der beiden deutschen Staaten herbeiführen sollte. Dabei verbanden beide Regierungen eigene, zum Teil diametral gegenläufige Interessen.

Während es der DDR in erster Linie darum ging, einen weiteren Baustein internationaler Zwischenstaatlichkeit in die Mauer zur Bundesrepublik einzusetzen, wollte die Bundesregierung durch die Betonung der gemeinschaftlichen kulturellen Basis die Idee der deutschen Kulturnation stärken als Voraussetzung einer zukünftigen Annäherung oder gar Wiedervereinigung. Vor diesem Hintergrund waren die Verhandlungen bis zum Schluss von einem tiefsitzenden gegenseitigen Misstrauen gekennzeichnet.

Darüber hinaus wurden sie von zwei Problemen besonderer Art belastet: der Frage nach dem Status Berlins und der Frage der Rückgabe kriegsbedingt verlagerten Kulturguts, eine Formel, hinter der sich die Forderung der DDR nach Rückgabe insbesondere von Museumsgut der Stiftung Preußischer Kulturbesitz verbarg, das vor dem Krieg auf dem Gebiet Ost-Berlins seinen musealen Platz hatte.

Die Verhandlungen, im November 1973 aufgenommen, waren von Anfang an schwierig und gerieten - ohne bis dahin wirklich substantiell zu werden - sehr bald in eine Sackgasse; am 29. Oktober 1975 wurde deshalb, ohne die Gespräche formell für beendet zu erklären, einfach kein neuer Gesprächstermin vereinbart.

Überraschend war es ausgerechnet Erich Honecker, der mitten in der aufgeheizten Atmosphäre des Herbstes 1982 eine Wiederaufnahme der Gespräche vorschlug. Und nicht zuletzt dieses Interesse an einem Kulturabkommen war es auch zu verdanken, dass - unter Ausklammerung der Berlin-Frage und des Problems der Preußenstiftung - im September 1985 der Text eines Kulturabkommens beschlossen wurde. Vor der Unterzeichnung musste dann die DDR-Regierung den sowjetischen Patron überzeugen, während die Bundesregierung sich mit den Ländern auseinandersetzen musste - schließlich ging es um Fragen der Kulturpolitik auf einem Feld, das nach bundesdeutschem Verständnis nicht wirklich außenpolitisch war. Das Abkommen wurde in der Bundesrepublik wenig euphorisch aufgenommen, für den Kommentator einer Hamburger Wochenzeitung bedeutete es eine Rahmenvereinbarung, die nicht gerade den "Stoff für Träume" enthielt. Und Wirkung konnte das Abkommen in den noch verbleibenden vier Jahren der deutschen Teilung auch nicht entfalten.

Sebastian Lindner zeichnet den Gang der Verhandlungen anhand der im Bundesarchiv und im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes verwahrten Akten detailliert nach. Es ist dem Charakter der Verhandlungen und dem letztlich mageren Ergebnis geschuldet, dass dieser Bericht nicht wirklich spannend sein kann. Leider beschränkt sich Lindner aber weitestgehend auf den Nachvollzug der Gespräche im Sinne einer relatio ex actis und scheut um der detailgetreuen Rekonstruktion willen auch Weitschweifigkeiten und Redundanzen nicht.

Wesentlich interessanter als der Bericht über die eigentlichen Verhandlungen fallen daher diejenigen Passagen aus, in denen Lindner den "kulturellen Austausch ohne Abkommen" anhand ausgewählter Beispiele beschreibt, wie etwa der Präsentation von DDR-Kunst auf der Kasseler documenta 1977 oder der westdeutschen Designausstellung in Ost-Berlin im Dezember 1984.

Ungeachtet dieser Exkurse bleibt die Arbeit deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurück, etwa hinsichtlich der Analyse der Bund-Länder-Problematik oder der Diskussionen innerhalb und zwischen den bundesdeutschen Parteien. Das findet seinen Grund nicht zuletzt in der Beschränkung auf die Bestände der genannten Archive; die Quellen der Landesarchive oder der Archive der parteinahen Stiftungen wurden leider nicht ausgewertet. Der sprachliche Stil der Arbeit gleicht über weite Strecken eher dem einer politischen Reportage als dem einer analytischen Monographie; der Lektüre kommt das bisweilen entgegen, dem Gegenstand aber wird die Sprache so nicht immer gerecht.

MICHAEL HOLLMANN

Sebastian Lindner: Zwischen Öffnung und Abgrenzung. Die Geschichte des innerdeutschen Kulturabkommens 1973-1986. Ch. Links Verlag, Berlin 2015. 248 S., 35,- [Euro].

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