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Zum 70. Geburtstag der Grande Dame der deutschen Lyrik: ihre schönsten Gedichte aus drei Jahrzehnten
Doris Runge zählt zu den wichtigsten Lyrikerinnen der deutschen Gegenwartsliteratur. Das genaue Hinschauen, das Beobachten scheinbar beiläufiger Vorgänge ist bei ihr Programm, genauso wie die Reduktion auf das absolut Notwendige. Doch wer in den kleinen Alltagsvignetten nur Alltägliches vermutet, sollte ein zweites Mal hinschauen: Von jedem Wort aus verzweigen sich die Wege, Doppeldeutigkeiten und mythische Wesen eröffnen Welten, die ins Vor- und Nachleben führen, ins Märchen, in himmlische…mehr

Produktbeschreibung
Zum 70. Geburtstag der Grande Dame der deutschen Lyrik: ihre schönsten Gedichte aus drei Jahrzehnten

Doris Runge zählt zu den wichtigsten Lyrikerinnen der deutschen Gegenwartsliteratur. Das genaue Hinschauen, das Beobachten scheinbar beiläufiger Vorgänge ist bei ihr Programm, genauso wie die Reduktion auf das absolut Notwendige. Doch wer in den kleinen Alltagsvignetten nur Alltägliches vermutet, sollte ein zweites Mal hinschauen: Von jedem Wort aus verzweigen sich die Wege, Doppeldeutigkeiten und mythische Wesen eröffnen Welten, die ins Vor- und Nachleben führen, ins Märchen, in himmlische und, wer weiß, höllische Sphären.

Zum 70. Geburtstag der Dichterin liegt nun ein Band mit ihren schönsten und wichtigsten Arbeiten aus drei Jahrzehnten vor, ergänzt durch neue und bisher unveröffentlichte Texte. Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Heinrich Detering, dem Präsidenten der Akademie für deutsche Sprache und Dichtung und einem langjährigen Kenner des Werks von Doris Runge.
Autorenporträt
Doris Runge wurde 1943 geboren, hat mehrere Jahre in Spanien verbracht und lebt heute im holsteinischen Cismar. Für ihren ersten Gedichtband jagdlied (1985) erhielt sie den Friedrich-Hebbel-Preis. Es folgten mehrere Lyrikbände, zuletzt was da auftaucht (2010). Außerdem veröffentlichte sie den Essay Welch ein Weib. Mädchen und Frauengestalten bei Thomas Mann (1998). Neben weiteren Auszeichnungen bekam Doris Runge 1997 den Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg zuerkannt. 1997 übernahm sie die Liliencron-Dozentur der Universität Kiel, 1999 wurde ihr die Poetikprofessur der Universität Bamberg übertragen, 2009 ernannte das Land Schleswig-Holstein sie zur Professorin. 2012 wurde sie in die Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur aufgenommen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.07.2013

Schon im wechselnden Himmel liegt Trost
Eine Aussteigerin, die in der Poesie ihre Heimat gefunden hat: Zum siebzigsten Geburtstag erscheinen Doris Runges gesammelte Gedichte

Im Herzen war Doris Runge schon immer eine Romantikerin. Ihre Gedichte erzählen von Meeresbrisen, "sommerfrische", "liebestraum" und vor allem von idyllischen Bildern aus der norddeutschen Provinz, wo die Schriftstellerin seit mehr als dreißig Jahren lebt und arbeitet. Durchaus erinnernd an die Zurückgezogenheit ihrer Kollegin Sarah Kirsch, führt die Autorin in Cismar, nördlich von Lübeck gelegen, ein beinah eremitisches Dasein.

Lieblich sind Runges Werke aber nur auf den ersten Blick. Anlässlich ihres heutigen siebzigsten Geburtstages erscheint nun der konzentriert aufbereitete Band "zwischen tür und engel" mit gesammelten Gedichten, herausgegeben und mit einem erhellenden Nachwort begleitet von Heinrich Detering. Von den lyrischen Anfängen Mitte der achtziger Jahre bis in die Gegenwart bietet der Band einen Streifzug durch die seelischen und ästhetischen Dimensionen im Schaffen Runges.

Traumseligkeit und Verdunkelung, Lebensmut und Daseinsskepsis bilden darin die Pole ihrer romantischen Welthaltung, die ihre Brüchigkeit nicht verhehlt. Von Beginn an wohnt Runges Schreiben das Unheimliche inne. So erstrahlt die Küste bereits in ihrem frühen Band "jagdlied" (1985) als "schön geschwungene / hüfte ins blau", bis das Grauen in die Idylle einzieht und sich im "perlmuttersand / öl totes / gefieder" bemerkbar macht.

Runge ist eine Bewegerin. Sobald die Worte auf dem Blatt stehen, sind sie frei, entziehen sich jedweder Verfügungsgewalt, eröffnen ein "zwischenreich", dessen Sprachflora mitunter ungehalten wuchert: "gieriges gewächs / feiert unsere abwesenheit / das rankende treibt dornen und falsche triebe". Auch der Nachtmahr ist nicht weit: "special guests // okkupieren / meinen schlaf". Im Gange ist womöglich Doris Runges größte "verschwörung / das blatt / das zeichen", kurzum die Sprache selbst.

In ihren schmalen Gedichtbänden, die sie seit 1985 bei der Deutschen VerlagsAnstalt veröffentlicht, lernt der Leser eine Autorin kennen, die sich der Suche nach den letzten Wahrheiten verschrieben hat. Ihre Gedichte träumen von einer Schönheit, die zumeist überdeckt, wenn nicht gar immer schon bedroht war.

Die Suche nach dem unverstellten Ort war in Runges Leben nicht nur eine literarische. 1953 übersiedelte sie mit ihrer Familie aus der DDR ins schleswig-holsteinische Neukirchen, besuchte in Oldenburg und Lübeck das Gymnasium, arbeitete nach dem Studium kurzzeitig als Lehrerin, bis sie beschloss, die Gesellschaft hinter sich zu lassen. Gemeinsam mit ihrem damaligen Ehemann, dem Maler Jürgen Runge, lebte sie als Aussteigerin mehr als fünf Jahre auf der Insel Ibiza. Als dieses Domizil im Laufe der Jahre immer mehr den Charakter eines touristischen Rummelplatzes annahm, trieb es sie 1975 zurück ins rauhe Nordseeklima, wo sie schließlich ihr Heim fand.

Die Frage "wer gibt uns die bilder / zurück / oder den traum", welche die Dichterin in einem Gedicht aufwirft, durchzieht als prägende Signatur Leben und Werk. Allein die Sprache dient dabei der Annäherung. Indem Runge ihre Verse bis zur Essenz destilliert, entstehen lakonische Abbreviaturen, die jedoch nie ganz geschlossen sind. So weist das knappe Gedicht "schluss punkt" (erstmals erschienen 2007) weit über das Zeichenhafte hinaus: "nur noch / dieser / gedankenstrich / die verlängerung / die auslaufende / linie / am horizont / ziehende vögel". Der Gedankenstrich führt ins Unbestimmte, wohin auch die Vögel aufbrechen.

Runges Themen sind nicht allein Natur und Alltag. Ihre Gedichte lassen sich von jeher auch als ein Nachdenken über die Literatur selbst lesen. Darin manifestieren sich Erfahrungen wie Schmerz, Sehnsucht, aber eben auch Trost. So greift ihr "Orpheus" das tragische Schicksal des Sängers der griechischen Mythologie auf, genauer: die Verzückung jenes Moments, in dem er den Blick nach hinten auf Eurydike wirft und somit alles verliert: "ein spiel / mann nicht herz / genug / schaute zurück / verlor / und gewann / sein lied". Indem Orpheus mit der Lyra und als Archetyp des Dichters überhaupt scheitert, entsteht der Stoff, aus dem Literatur gemacht ist, eben das Lied.

Mag insbesondere die Poesie ihrer letzten Jahre zunehmend von Hermetik und einem dunklen Unterton gezeichnet sein, wohnt Doris Runges Gedichten immer auch ein Substrat von Hoffnung inne. Das klingt dann so: "andere / werden weiter fliegen / ich bleibe / mir ist / der wechselnde himmel genug."

BJÖRN HAYER

Doris Runge: "zwischen tür und engel". Gesammelte Gedichte.

Ausgewählt und mit einem Nachwort von Heinrich Detering. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2013. 256 S., geb., 22,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die Romantikerin Doris Runge erkennt Björn Hayer in diesen Gedichten sehr wohl. Aus den für Hayer nur auf den ersten Blick lieblichen Idyllen aus Norddeutschland, die ihn an Sarah Kirsch erinnern, spricht für ihn jedoch auch Brüchigkeit, Daseinsskepsis und Unheimliches. Laut Hayer stets auf der Suche nach letzten Wahrheiten, scheinen dem Rezensenten die im Band versammelten, den gesamten Schaffenszeitraum der Dichterin von den 80er Jahren bis heute abdeckenden Texte als hoffnungshaltige Abbreviaturen zu Alltag und Natur, Literatur, Schmerz und Sehnsucht.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Um es gleich zu sagen: Die Gedichte von Doris Runge sind große Kunst." Deutschlandfunk