In seinem neuen Bildband "ZwischenSaison" beschäftigt sich der Fotograf Simon Walther mit den stark "berührten" Seiten der Schweizer Alpen, den Tourismusorten und Wintersportgebieten. Walther hat diese Regionen vornehmlich im Zeitraum zwischen März und Juni bereist und dort die spezifische Atmosphäre der touristisch schwer verwertbaren Zwischensaison eingefangen. Ergänzt werden diese oft überraschenden, augenzwinkernden und poetischen Bilder mit beeindruckenden, grossformatigen Landschaftspanoramen, welche die Stimmungen des jahreszeitlichen Übergangs in der Natur zum Thema haben.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.05.2019Momentan außer Betrieb
Der Fotograf Simon Walther ist Camper. Das macht ihn weitgehend unabhängig von den Öffnungszeiten der Hotels und Gaststätten. So kann er sich seiner Faszination widmen, dem, was er "Zwischensaison" nennt. Also den Zeiten, in denen in den Touristenzentren nichts los ist, die Sommerurlauber schon weg sind und die Winterurlauber noch zögern. Seine menschenleeren Fotos zeigen Landschaften und Zivilisationsreste, die ihrer Funktion beraubt wurden und die man kaum wiedererkennt. So sieht man etwa ein Verkehrsschild - "Vorsicht!" signalisiert es - mit einem Skifahrer in der Hocke, das befremdet, weil es mitten auf einer grünen Wiese steht. Nur ein paar karge Schneeinseln erinnern daran, dass hier zu anderen Zeiten vermutlich Hochbetrieb herrscht. Und dass der Zugang zu einem großzügigen, aber von Schnee umrahmten Swimmingpool mit einem Holzkreuz samt der erklärenden Aufschrift "Zur Zeit nicht in Betrieb" vernagelt ist, das kann einen fast rühren. Dieses "Außer Betrieb" könnte leitmotivisch über allen Arbeiten Walthers stehen. Er interessiert sich für die tiefe Melancholie und Komik einer Zeit, die durch ein handgeschriebenes Pappschild "Chiuso per ferie" nur halb auf den Begriff gebracht sind. Schönheit ergibt sich für den Fotografen aus einem Zustand des Verfalls, von dem er weiß, dass er nur vorübergehend ist. So wie das Unaufgeräumte und Leere der Hotelvorplätze bald einer neuen Ordnung weichen wird. Wie Simon Walther sie uns präsentiert, hat man die Alpen und die Spuren des Menschen dort erst selten gesehen. Seine Expeditionen ins Niemandsland verdichten sich zum Befund einer Mentalität und Lebensform, die will, dass alles stets unseren Bedürfnissen gerecht wird. Wer so denkt, verpasst vieles. In der Zwischensaison zeigt sich, was sonst hinter dem Betrieb einer Vergnügungsindustrie unter freiem Himmel verschwindet.
lem
"ZwischenSaison" von Simon Walther, mit einem Text von Markus Mäder. AS Verlag, Innsbruck 2018. 144 Seiten, 122 Farbabbildungen. Gebunden, 39,50 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Fotograf Simon Walther ist Camper. Das macht ihn weitgehend unabhängig von den Öffnungszeiten der Hotels und Gaststätten. So kann er sich seiner Faszination widmen, dem, was er "Zwischensaison" nennt. Also den Zeiten, in denen in den Touristenzentren nichts los ist, die Sommerurlauber schon weg sind und die Winterurlauber noch zögern. Seine menschenleeren Fotos zeigen Landschaften und Zivilisationsreste, die ihrer Funktion beraubt wurden und die man kaum wiedererkennt. So sieht man etwa ein Verkehrsschild - "Vorsicht!" signalisiert es - mit einem Skifahrer in der Hocke, das befremdet, weil es mitten auf einer grünen Wiese steht. Nur ein paar karge Schneeinseln erinnern daran, dass hier zu anderen Zeiten vermutlich Hochbetrieb herrscht. Und dass der Zugang zu einem großzügigen, aber von Schnee umrahmten Swimmingpool mit einem Holzkreuz samt der erklärenden Aufschrift "Zur Zeit nicht in Betrieb" vernagelt ist, das kann einen fast rühren. Dieses "Außer Betrieb" könnte leitmotivisch über allen Arbeiten Walthers stehen. Er interessiert sich für die tiefe Melancholie und Komik einer Zeit, die durch ein handgeschriebenes Pappschild "Chiuso per ferie" nur halb auf den Begriff gebracht sind. Schönheit ergibt sich für den Fotografen aus einem Zustand des Verfalls, von dem er weiß, dass er nur vorübergehend ist. So wie das Unaufgeräumte und Leere der Hotelvorplätze bald einer neuen Ordnung weichen wird. Wie Simon Walther sie uns präsentiert, hat man die Alpen und die Spuren des Menschen dort erst selten gesehen. Seine Expeditionen ins Niemandsland verdichten sich zum Befund einer Mentalität und Lebensform, die will, dass alles stets unseren Bedürfnissen gerecht wird. Wer so denkt, verpasst vieles. In der Zwischensaison zeigt sich, was sonst hinter dem Betrieb einer Vergnügungsindustrie unter freiem Himmel verschwindet.
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"ZwischenSaison" von Simon Walther, mit einem Text von Markus Mäder. AS Verlag, Innsbruck 2018. 144 Seiten, 122 Farbabbildungen. Gebunden, 39,50 Euro
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