Wenn Hoffmanns Prinzessin Brambilla manchem, einschließlich ihres eigenen Helden, "den Kopf schwindlicht macht" , so liegt das nicht daran, dass sie sich durch alle mögliche Allotria einer jeden "vernünftigen" Analyse entzöge. Vielmehr wird man bei sorgfältigem Lesen feststellen, dass die Ereignisse und Figuren des Capriccios ebenso hübsch in eine klare, freilich erst vom Schluss her auflösbare Form schlüpfen, wie Giacinta bereits im ersten Kapitel in ihr Prinzessinnenkleid: "Alles fügte und schickte sich, jede Nadel saß im Augenblick recht, jede Falte legte sich wie von selbst, es war nicht möglich zu glauben, dass das Kleid für jemanden anders gemacht sein könnte als eben für Giacinta." (PB, 9). Darauf, wie sich alles fügt, wie sich das "Programm" der Erzählung entfaltet, Giglios Reise vom Papptragöden über den jämmerlich kleinen Konfektschächtelchenprinz zum Arlecchino, der, "gewaltiger Kaiser, mit seiner Colombina über ein schönes, herrliches, glänzendes Reich" (PB, 37) herrscht, wird sich ein Großteil dieser Arbeit beziehen. Allerdings gelesen durch die Folie eines weiterreichenden, ethisch-ästhetischen Programms, das Produktions- ebenso wie Interpretationsbedingungen des Capriccios bestimmt, und wohl die eigentliche Ursache des einen oder anderen Schwindelanfalls darstellt. Denn nicht nur Giglio und Giacinta sollen für die Commedia dell' arte zurechtgerückt werden, um als würdige Nachfolger des poetischen Herrscherpaares Ophioch und Liris, die Kunst des Theaters zu schaffen, mithin selbst ein Reflexionsmedium zu werden, dessen Zweck es ist, in den Menschen Lust zu entzünden, die sie vom Alltäglichen, selbst Schmerzlichen distanziert, es gar als "Faxen" des Lebens erscheinen lässt. Auch an der Leserin, dem Leser soll sich dieses Programm verwirklichen: im Nach-vollziehen von Giglios Reifeprozess, der durch nicht wenige Rückschläge gekennzeichnet ist, und mit dem das Leben (besser, sein Erzähler) nicht eben sanft umspringt, sollen wir lernen, über die Faxen und die Kontingenz unseres Lebens zu lachen, sollen wir "den Schmerz des Seins in hohe Lust verkehren" (PB 143).
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