The #1 Sunday Times and International Bestseller from 'the most influential public intellectual in the Western world right now' (New York Times)
What are the most valuable things that everyone should know?
Acclaimed clinical psychologist Jordan Peterson has influenced the modern understanding of personality, and now he has become one of the world's most popular public thinkers, with his lectures on topics from the Bible to romantic relationships to mythology drawing tens of millions of viewers. In an era of unprecedented change and polarizing politics, his frank and refreshing message about the value of individual responsibility and ancient wisdom has resonated around the world.
In this book, he provides twelve profound and practical principles for how to live a meaningful life, from setting your house in order before criticising others to comparing yourself to who you were yesterday, not someone else today. Happiness is a pointless goal, he shows us. Instead we must search for meaning, not for its own sake, but as a defence against the suffering that is intrinsic to our existence.
Drawing on vivid examples from the author's clinical practice and personal life, cutting edge psychology and philosophy, and lessons from humanity's oldest myths and stories, 12 Rules for Life offers a deeply rewarding antidote to the chaos in our lives: eternal truths applied to our modern problems.
What are the most valuable things that everyone should know?
Acclaimed clinical psychologist Jordan Peterson has influenced the modern understanding of personality, and now he has become one of the world's most popular public thinkers, with his lectures on topics from the Bible to romantic relationships to mythology drawing tens of millions of viewers. In an era of unprecedented change and polarizing politics, his frank and refreshing message about the value of individual responsibility and ancient wisdom has resonated around the world.
In this book, he provides twelve profound and practical principles for how to live a meaningful life, from setting your house in order before criticising others to comparing yourself to who you were yesterday, not someone else today. Happiness is a pointless goal, he shows us. Instead we must search for meaning, not for its own sake, but as a defence against the suffering that is intrinsic to our existence.
Drawing on vivid examples from the author's clinical practice and personal life, cutting edge psychology and philosophy, and lessons from humanity's oldest myths and stories, 12 Rules for Life offers a deeply rewarding antidote to the chaos in our lives: eternal truths applied to our modern problems.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.12.2018Seien Sie ruhig gefährlich
Ratschläge fürs Leben: Der Youtube-Intellektuelle Jordan B. Peterson begeistert und verstört sein Publikum
Wer auf dem Sachbuchmarkt Erfolg haben will, sollte es mit einer Wutrede gegen die verlotterte Toleranzgesellschaft und ihre postmodernen Vordenker versuchen. Zuletzt haben das der Philosoph Michel Onfray und der Wirtschaftsmathematiker Nassim Taleb getan (F.AZ. vom 15. Mai und 2. November). Der kanadische Psychologe Jordan B. Peterson, ebenfalls ein Fackelträger des gesunden Menschenverstands und glühender Gegner aller Gender-Theorien und "Marxismen", passt in diese Reihe - und doch auch wieder nicht.
Mit ätzender Gesellschaftsdiagnostik nämlich hält sich der Professor aus Toronto zurück. Seine erzkonservativen Thesen zu Geschlecht, Ehe und Erziehung haben immer den Einzelnen im Visier. Obwohl die Medien Peterson bereits zum Vordenker der rechten Alt-Lite-Bewegung stilisieren, wirkt der Ratgeber "12 Rules for Life" weniger konfrontativ, als es die Debatte rund um seine Person hätte vermuten lassen. Auf den ersten Blick handelt es sich um ein langatmiges, immer mit Therapeutenautorität formuliertes Lebenshilfe-Vademecum, das Ratschläge parat hält, die jeden Wandkalender zierten: "Tun Sie nicht mehr, was Sie für falsch halten." "Schärfen Sie Ihre Persönlichkeit." "Statt andere zu tyrannisieren, schenken Sie den Dingen Aufmerksamkeit." Verzärtelung ist diesem Autor ein Graus.
Disziplin, Demut und Selbstbewusstsein, damit spricht der Cowboy-Psychologe, der stolz ist auf seine Herkunft aus der eisigen Provinz Alberta, vor allem junge Männer an. Die enorme Resonanz auf die maskulinistischen Botschaften zeigt, dass echter Bedarf besteht. Zentral ist Petersons Forderung, das Leiden an der Existenz anzunehmen. Als Beispiel führt der Autor seine Tochter an, die eine schwere Erkrankung stoisch erträgt: "Menschen können eine Menge Schmerzen und Verluste überstehen. Doch um durchzuhalten, müssen sie das Gute im Sein wahrnehmen." Nach Steve Bannon klingt das erst einmal nicht, nach Tiefgang auch nicht.
Wenn man wissen will, wie ein derart schlichtes Selbsthilfe-Buch weltweit zum Bestseller werden konnte, muss man einen Schritt zurück tun. Zu einer Ikone wurde Peterson durch das Internet. Er bespielt soziale Netzwerke perfekt, stößt Kontroversen an. Rhetorisches Talent erkennen dem stets frei und bedacht Sprechenden, der lange als klinischer Psychologe gearbeitet und in Harvard respektive Toronto an der Universität geforscht hat, selbst seine Gegner zu. Petersons erstes, kaum beachtetes Buch, "Maps of Meaning" (1999), handelte von Glaubenssystemen aller Art, deren Funktion darin bestehe, die überfordernde Komplexität der Realität zu reduzieren. Für die Durchsetzung des je eigenen Systems riskiere die Menschheit sogar den Untergang der Zivilisation, kulminierend in den Ideologiekriegen des zwanzigsten Jahrhunderts. Das zeige die Bedeutung von Struktur.
Von einem alten Psychologenspleen zeigt sich Peterson geradezu besessen: In der Mythologie sieht er das Weltwissen über die menschliche Seele gespeichert. Vor allem die Bibel gilt ihm - aus areligiöser Perspektive - als Sammlung lebenskluger Handlungsanweisungen. Die entsprechenden Vorlesungen verbreitet er seit 2013 via Youtube. Sein kometenhafter Aufstieg begann drei Jahre später mit der Einführung eines kanadischen Antidiskriminierungsgesetzes, das Menschen mit nicht eindeutiger Geschlechtsidentität besser schützen soll. Peterson nahm dies zum Anlass, sich zum Verteidiger der Redefreiheit gegen die politische Korrektheit aufzuschwingen. Er behauptete, die Nichtverwendung erwünschter Pronomen für besagte Personengruppe im Unterricht gelte fortan als strafbare "Hassrede", obwohl das von Rechtsexperten bezweifelt wurde.
Der Mechanismus solcher Übersteigerungen ist bekannt: Als kurz darauf eine Dozentin dafür abgemahnt wurde, Ausschnitte aus Petersons Videos in ihrem Unterricht verwendet und damit eine "toxische Atmosphäre" geschaffen zu haben, war kein Halten mehr. Die Anhänger rannten dem Tabubrecher scharenweise zu, während Gender-Aktivisten den vermeintlichen Ideologen des weißen Patriarchats zum neuen Feindbild erkoren. So entstand ein sich selbst verstärkender Zirkel aus Angriffen und Vergötterung, was zu der vielzitierten Kennzeichnung als gegenwärtig einflussreichster Denker des Westens in der "New York Times" führte.
Peterson gibt diesem Zirkel seither immer neues Futter. In vielen Statements warf er der akademischen Linken vor, staatliche Subventionen abzugreifen (sein eigenes Universitätsgehalt gilt ihm als ideologisch unverdächtig), aber eigentlich einen maoistischen Totalitarismus im Sinn zu haben, etwa die angleichende "Umerziehung" von Männern und Frauen. Der Aufruhr hat sich gelohnt: Petersons Youtube-Kanal hat mehr als 1,6 Millionen Abonnenten und fast achtzig Millionen Besucher. Hilfreich auch, dass Peterson mit seinen Thesen gern gesehener Talkshowgast ist.
Das Interview mit der sich als Feministin verstehenden, aber in diesem Fall schlecht vorbereiteten britischen Moderatorin Cathy Newman auf Channel 4 wurde allein auf Youtube mehr als dreizehn Millionen Mal angesehen. Petersons Fans überschütteten die Journalistin danach mit so vielen Hassposts, dass dieser sie zurückpfeifen musste.
Was ist nun das philosophische Fundament des Buches? Der Autor geht von einem manichäischen Dualismus aus. Wie es die Philosophie des Tao lehre, zerfalle alles Sein in Zerstörung und Werden, in Chaos und Ordnung. Das Chaos ist für den Autor zugleich das Dunkle der Seele, das Abgleiten ins Böse; die Ordnung ist gelebte Gegenwehr, ist Evolution. Der Kulturkritiker beklagt nun wenig originell einen nihilistischen Relativismus im Westen, der letztlich zurück ins Chaos führe.
Zwar seien Ideologiekriege zu vermeiden, aber dafür alle Traditionen und Werte aufzugeben, hält er für einen zu hohen Preis. Die Lösung dieses Dilemmas könne einzig über das Individuum laufen. Es müsse die Last des Daseins schultern und "maximale Verantwortung" übernehmen, kurz: wieder "heroisch" werden. Vorherrschend ist die biologistische Argumentation, wenn der Autor etwa mit Hinweisen auf das Verhalten von (männlichen) Hummern selbstbewussteres Auftreten fordert: "Seien Sie ruhig gefährlich." Die Dominanzhierarchie sei schließlich ein ewiges Prinzip. Dass er selbst nach eigenen Maßstäben in einen Widerspruch hineinläuft, indem er Benachteiligten Tipps gibt, wie sie doch noch Weibchen abbekommen, statt ihnen mitzuteilen, dass die Evolution sie leider aussortieren müsse, interessiert Peterson nicht weiter.
Für den größten Unmut sorgt das atavistische Geschlechterbild. Peterson gibt vor, zu wissen, was ("gesunden") Frauen gefällt: die stärksten Kerle. "Männer müssen hart sein (...) und Frauen wollen es." Die unauflösliche Ehe erscheint da als ideales Modell des Zusammenlebens. Die Unterdrückung der Frauen durch Männer sei im Übrigen ein Mythos. Er meint das auch historisch. Das zu Unrecht diskreditierte Patriarchat sei immer vorteilhaft für beide Seiten gewesen. Nicht Karrieredenken, sondern Kindesaufzucht sei nun einmal die evolutionär vorgesehene Kernkompetenz von Frauen, deren Intelligenz Peterson freilich nicht infrage stellt. Erziehungstechnisch plädiert der Autor für Disziplin und Abhärtung vor allem der Jungs. Petersons Schreckbild ist "die ödipale Mutter", die nie von ihren Schützlingen verlassen werden wolle und damit verantwortungslose Loser heranzieht.
Mit Wissenschaft hat all das nichts zu tun, dafür fehlen Begriffsschärfe, Kohärenz, Systematik, deduktives Vorgehen, Anschluss an den Forschungsstand. Stattdessen mischt der gern dekretierende Peterson eklektisch Erfahrungen aus der therapeutischen Praxis mit persönlichen Anekdoten, psychologischen Allgemeinplätzen, Halbwissen aus der Neurowissenschaft, Mythenhuberei, Evolutionsparabeln und verkürzten Interpretationen von Dostojewski, Nietzsche und diversen Märchen. Besonders dürftig wird es, wenn der Autor den Wutakademiker gibt und etwa Derridas angeblich gefährlich nihilistisches Werk auf den Satz "Alles ist Interpretation" reduziert.
Trotz ihrer reaktionären Polemik ist die flott lesbare, mitunter humorvolle und schwer selbstverliebte Schwarte nicht wirklich gefährlich - das meiste sieht etwa die katholische Kirche ganz ähnlich. Diskutieren ließe sich darüber, ob da eine allzu behütete Generation heranwächst. Noch wichtiger aber wäre eine Debatte darüber, warum stumpfe Jäger-Sammler-Thesen im Jahr 2018 derart einschlagen. Fühlen sich junge Männer inzwischen tatsächlich strukturell benachteiligt?
OLIVER JUNGEN
Jordan B. Peterson:
"12 Rules for Life". Ordnung und Struktur in einer chaotischen Welt.
Aus dem Englischen von Marcus Ingendaay und Michael Müller. Goldmann Verlag, München 2018. 576 S., geb., 20.- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ratschläge fürs Leben: Der Youtube-Intellektuelle Jordan B. Peterson begeistert und verstört sein Publikum
Wer auf dem Sachbuchmarkt Erfolg haben will, sollte es mit einer Wutrede gegen die verlotterte Toleranzgesellschaft und ihre postmodernen Vordenker versuchen. Zuletzt haben das der Philosoph Michel Onfray und der Wirtschaftsmathematiker Nassim Taleb getan (F.AZ. vom 15. Mai und 2. November). Der kanadische Psychologe Jordan B. Peterson, ebenfalls ein Fackelträger des gesunden Menschenverstands und glühender Gegner aller Gender-Theorien und "Marxismen", passt in diese Reihe - und doch auch wieder nicht.
Mit ätzender Gesellschaftsdiagnostik nämlich hält sich der Professor aus Toronto zurück. Seine erzkonservativen Thesen zu Geschlecht, Ehe und Erziehung haben immer den Einzelnen im Visier. Obwohl die Medien Peterson bereits zum Vordenker der rechten Alt-Lite-Bewegung stilisieren, wirkt der Ratgeber "12 Rules for Life" weniger konfrontativ, als es die Debatte rund um seine Person hätte vermuten lassen. Auf den ersten Blick handelt es sich um ein langatmiges, immer mit Therapeutenautorität formuliertes Lebenshilfe-Vademecum, das Ratschläge parat hält, die jeden Wandkalender zierten: "Tun Sie nicht mehr, was Sie für falsch halten." "Schärfen Sie Ihre Persönlichkeit." "Statt andere zu tyrannisieren, schenken Sie den Dingen Aufmerksamkeit." Verzärtelung ist diesem Autor ein Graus.
Disziplin, Demut und Selbstbewusstsein, damit spricht der Cowboy-Psychologe, der stolz ist auf seine Herkunft aus der eisigen Provinz Alberta, vor allem junge Männer an. Die enorme Resonanz auf die maskulinistischen Botschaften zeigt, dass echter Bedarf besteht. Zentral ist Petersons Forderung, das Leiden an der Existenz anzunehmen. Als Beispiel führt der Autor seine Tochter an, die eine schwere Erkrankung stoisch erträgt: "Menschen können eine Menge Schmerzen und Verluste überstehen. Doch um durchzuhalten, müssen sie das Gute im Sein wahrnehmen." Nach Steve Bannon klingt das erst einmal nicht, nach Tiefgang auch nicht.
Wenn man wissen will, wie ein derart schlichtes Selbsthilfe-Buch weltweit zum Bestseller werden konnte, muss man einen Schritt zurück tun. Zu einer Ikone wurde Peterson durch das Internet. Er bespielt soziale Netzwerke perfekt, stößt Kontroversen an. Rhetorisches Talent erkennen dem stets frei und bedacht Sprechenden, der lange als klinischer Psychologe gearbeitet und in Harvard respektive Toronto an der Universität geforscht hat, selbst seine Gegner zu. Petersons erstes, kaum beachtetes Buch, "Maps of Meaning" (1999), handelte von Glaubenssystemen aller Art, deren Funktion darin bestehe, die überfordernde Komplexität der Realität zu reduzieren. Für die Durchsetzung des je eigenen Systems riskiere die Menschheit sogar den Untergang der Zivilisation, kulminierend in den Ideologiekriegen des zwanzigsten Jahrhunderts. Das zeige die Bedeutung von Struktur.
Von einem alten Psychologenspleen zeigt sich Peterson geradezu besessen: In der Mythologie sieht er das Weltwissen über die menschliche Seele gespeichert. Vor allem die Bibel gilt ihm - aus areligiöser Perspektive - als Sammlung lebenskluger Handlungsanweisungen. Die entsprechenden Vorlesungen verbreitet er seit 2013 via Youtube. Sein kometenhafter Aufstieg begann drei Jahre später mit der Einführung eines kanadischen Antidiskriminierungsgesetzes, das Menschen mit nicht eindeutiger Geschlechtsidentität besser schützen soll. Peterson nahm dies zum Anlass, sich zum Verteidiger der Redefreiheit gegen die politische Korrektheit aufzuschwingen. Er behauptete, die Nichtverwendung erwünschter Pronomen für besagte Personengruppe im Unterricht gelte fortan als strafbare "Hassrede", obwohl das von Rechtsexperten bezweifelt wurde.
Der Mechanismus solcher Übersteigerungen ist bekannt: Als kurz darauf eine Dozentin dafür abgemahnt wurde, Ausschnitte aus Petersons Videos in ihrem Unterricht verwendet und damit eine "toxische Atmosphäre" geschaffen zu haben, war kein Halten mehr. Die Anhänger rannten dem Tabubrecher scharenweise zu, während Gender-Aktivisten den vermeintlichen Ideologen des weißen Patriarchats zum neuen Feindbild erkoren. So entstand ein sich selbst verstärkender Zirkel aus Angriffen und Vergötterung, was zu der vielzitierten Kennzeichnung als gegenwärtig einflussreichster Denker des Westens in der "New York Times" führte.
Peterson gibt diesem Zirkel seither immer neues Futter. In vielen Statements warf er der akademischen Linken vor, staatliche Subventionen abzugreifen (sein eigenes Universitätsgehalt gilt ihm als ideologisch unverdächtig), aber eigentlich einen maoistischen Totalitarismus im Sinn zu haben, etwa die angleichende "Umerziehung" von Männern und Frauen. Der Aufruhr hat sich gelohnt: Petersons Youtube-Kanal hat mehr als 1,6 Millionen Abonnenten und fast achtzig Millionen Besucher. Hilfreich auch, dass Peterson mit seinen Thesen gern gesehener Talkshowgast ist.
Das Interview mit der sich als Feministin verstehenden, aber in diesem Fall schlecht vorbereiteten britischen Moderatorin Cathy Newman auf Channel 4 wurde allein auf Youtube mehr als dreizehn Millionen Mal angesehen. Petersons Fans überschütteten die Journalistin danach mit so vielen Hassposts, dass dieser sie zurückpfeifen musste.
Was ist nun das philosophische Fundament des Buches? Der Autor geht von einem manichäischen Dualismus aus. Wie es die Philosophie des Tao lehre, zerfalle alles Sein in Zerstörung und Werden, in Chaos und Ordnung. Das Chaos ist für den Autor zugleich das Dunkle der Seele, das Abgleiten ins Böse; die Ordnung ist gelebte Gegenwehr, ist Evolution. Der Kulturkritiker beklagt nun wenig originell einen nihilistischen Relativismus im Westen, der letztlich zurück ins Chaos führe.
Zwar seien Ideologiekriege zu vermeiden, aber dafür alle Traditionen und Werte aufzugeben, hält er für einen zu hohen Preis. Die Lösung dieses Dilemmas könne einzig über das Individuum laufen. Es müsse die Last des Daseins schultern und "maximale Verantwortung" übernehmen, kurz: wieder "heroisch" werden. Vorherrschend ist die biologistische Argumentation, wenn der Autor etwa mit Hinweisen auf das Verhalten von (männlichen) Hummern selbstbewussteres Auftreten fordert: "Seien Sie ruhig gefährlich." Die Dominanzhierarchie sei schließlich ein ewiges Prinzip. Dass er selbst nach eigenen Maßstäben in einen Widerspruch hineinläuft, indem er Benachteiligten Tipps gibt, wie sie doch noch Weibchen abbekommen, statt ihnen mitzuteilen, dass die Evolution sie leider aussortieren müsse, interessiert Peterson nicht weiter.
Für den größten Unmut sorgt das atavistische Geschlechterbild. Peterson gibt vor, zu wissen, was ("gesunden") Frauen gefällt: die stärksten Kerle. "Männer müssen hart sein (...) und Frauen wollen es." Die unauflösliche Ehe erscheint da als ideales Modell des Zusammenlebens. Die Unterdrückung der Frauen durch Männer sei im Übrigen ein Mythos. Er meint das auch historisch. Das zu Unrecht diskreditierte Patriarchat sei immer vorteilhaft für beide Seiten gewesen. Nicht Karrieredenken, sondern Kindesaufzucht sei nun einmal die evolutionär vorgesehene Kernkompetenz von Frauen, deren Intelligenz Peterson freilich nicht infrage stellt. Erziehungstechnisch plädiert der Autor für Disziplin und Abhärtung vor allem der Jungs. Petersons Schreckbild ist "die ödipale Mutter", die nie von ihren Schützlingen verlassen werden wolle und damit verantwortungslose Loser heranzieht.
Mit Wissenschaft hat all das nichts zu tun, dafür fehlen Begriffsschärfe, Kohärenz, Systematik, deduktives Vorgehen, Anschluss an den Forschungsstand. Stattdessen mischt der gern dekretierende Peterson eklektisch Erfahrungen aus der therapeutischen Praxis mit persönlichen Anekdoten, psychologischen Allgemeinplätzen, Halbwissen aus der Neurowissenschaft, Mythenhuberei, Evolutionsparabeln und verkürzten Interpretationen von Dostojewski, Nietzsche und diversen Märchen. Besonders dürftig wird es, wenn der Autor den Wutakademiker gibt und etwa Derridas angeblich gefährlich nihilistisches Werk auf den Satz "Alles ist Interpretation" reduziert.
Trotz ihrer reaktionären Polemik ist die flott lesbare, mitunter humorvolle und schwer selbstverliebte Schwarte nicht wirklich gefährlich - das meiste sieht etwa die katholische Kirche ganz ähnlich. Diskutieren ließe sich darüber, ob da eine allzu behütete Generation heranwächst. Noch wichtiger aber wäre eine Debatte darüber, warum stumpfe Jäger-Sammler-Thesen im Jahr 2018 derart einschlagen. Fühlen sich junge Männer inzwischen tatsächlich strukturell benachteiligt?
OLIVER JUNGEN
Jordan B. Peterson:
"12 Rules for Life". Ordnung und Struktur in einer chaotischen Welt.
Aus dem Englischen von Marcus Ingendaay und Michael Müller. Goldmann Verlag, München 2018. 576 S., geb., 20.- [Euro].
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