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1968 und die Folgen (eBook, PDF) - Chiout, Hannelore; Ciupke, Paul; Hartemann, Hendrik; Neuser, Hanna-Lena; Wach, Lena; Widmaier, Benedikt; Zapf, Tina
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Die Ereignisse um die Studentenproteste des Jahres 1968 werfen ihr Licht und ihre Schatten auch 50 Jahre später noch immer bis in die Gegenwart. Für die einen ist es ein mythologisch aufgeladenes Jahr, der Beginn einer demokratischen Neugründung der Bundesrepublik nach der als restaurativ empfundenen Nachkriegszeit unter Adenauer, für andere der irrsinnige Abgang vom erfolgreichen Weg eben dieser Ära und die Vorgeschichte des Terrorismus. Der alte 68er-Spruch "Unter dem Pflaster liegt der Strand" spiegelt die ambivalente Zeit der Studentenproteste wider; die Studierenden hegten einen fast…mehr

Produktbeschreibung
Die Ereignisse um die Studentenproteste des Jahres 1968 werfen ihr Licht und ihre Schatten auch 50 Jahre später noch immer bis in die Gegenwart. Für die einen ist es ein mythologisch aufgeladenes Jahr, der Beginn einer demokratischen Neugründung der Bundesrepublik nach der als restaurativ empfundenen Nachkriegszeit unter Adenauer, für andere der irrsinnige Abgang vom erfolgreichen Weg eben dieser Ära und die Vorgeschichte des Terrorismus. Der alte 68er-Spruch "Unter dem Pflaster liegt der Strand" spiegelt die ambivalente Zeit der Studentenproteste wider; die Studierenden hegten einen fast religiösen Glauben, man könne in der Ära der "Fundamentalliberalisierung" (Jürgen Habermas) das Paradies auf Erden errichten, verbunden mit der Empörung darüber, dass der Kapitalismus das nicht schafft. Unter dem Panzer der verbauten urban-kapitalistischen Realität ein Stück grüne Wohlfühlutopie – gepaart mit Ironie, Hedonismus und Militanz. Immerhin spielt der Spruch darauf an, dass Straßenpflaster häufig auf einem Sanduntergrund verlegt wird, und Pflastersteine eine beliebte Waffe im Straßenkampf waren und sind. Die französische Version "Sous les pavés, la plage" ist bei den Pariser Unruhen im Mai 1968 populär geworden. Rudi Dutschke, der wichtigste Wortführer der deutschen Studentenbewegung, sprach von einer "Vergeudungsgesellschaft". In einem Interview mit dem Spiegel, das seinerzeit für viel Aufsehen sorgte, sagte er 1967: "Die für profit- und herrschaftsorientierte Gesellschaftsordnungen typischen Konsumtionsexzesse – Kriege sowie die ungeheuren toten Kosten; Rüstung, unnütze Verwaltung und Bürokratie, unausgenutzte Industriekapazitäten, Reklame – bedeuten eine systematische Kapitalvernichtung. Die wiederum macht es unmöglich, den Garten Eden historisch zu verwirklichen." Der Garten Eden der Studentenbewegung, der Strand unter dem Pflaster, wurde programmatisch im Namen der Zeitschrift Pflasterstrand (1976-1990), des Sprachrohrs der linken Sponti-Szene in Frankfurt am Main und Vorläuferin des heutigen Stadtmagazins Journal Frankfurt. Daniel Cohn-Bendit war einer der Protagonisten, Joschka Fischer und Claus Leggewie schrieben für Pflasterstrand, ebenso wie Thomas Schmid und Alexander Gauland. Die Revolte hat in Rudi Dutschke sehr früh ihren wichtigsten und charismatischsten Kopf verloren. Im April 1968 wurde das Attentat auf ihn verübt, an dessen Folgen er 1979 gestorben ist. "Die Zeit hat uns geprägt, und wir haben die Zeit geprägt" – das schreibt Gretchen Dutschke, seine Witwe, im Epilog ihres neuen Buchs "1968 – Worauf wir stolz sein dürfen". Und sie fährt fort: "Darauf können wir und all die Millionen Menschen in Deutschland, die etwas von dem damals Erreichten verstanden haben und ihr Leben frei, bewusst, auch kritisch gestalten, [...] stolz sein; stolz auf dieses Land – Deutschland." Weniger ambivalent als diese kurze episodische Skizze gibt sich die heutige Bewertung von '68: In den politischen Zielen weitestgehend gescheitert, aber höchst erfolgreich in ihrem Beitrag zu kultureller Liberalisierung, gesellschaftlichem Wertewandel und demokratischer Erziehung und Bildung – und darum geht es in dieser Ausgabe des Journal. Bei der Demokratisierung der Bildung ging es um eine bewusste (Re-)Politisierung der Bildungsarbeit, die im einzelnen Lernsubjekt fundieren sollte (Oskar Negt). Aus dem demokratischen Aufbruch der 68er-Bewegung haben sich in den 1970er Jahren u. a. die Neuen Sozialen Bewegungen entwickelt, beispielsweise die Umwelt-, Friedens- und Frauenbewegung. Diese Bewegungen hatten in mehrfacher Hinsicht auch einen pädagogischen Impetus: Sie wollten politisches Bewusstsein schaffen, aufrütteln und zur Teilnahme aufrufen. "Unter dem Pflaster ist der Strand" war das filmische Debüt der Regisseurin Helma Sanders-Brahms aus dem Jahr 1975. Es wurde zu einem zentralen Film der deutschen Frauenbewegung und '68 im Allgemeinen.
Autorenporträt
Dr. Hannelore Chiout, Studium der Germanistik und Politischen Wissenschaft, war von 1975 bis 2007 Referentin für Kommissionen und Internationale Bildungsarbeit im Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten (AdB). Dr. phil. Paul Ciupke, Diplompädagoge, war bis Sommer 2018 im Leitungsteam des Bildungswerks der Humanistischen Union NRW und ist Mitherausgeber der Fachzeitschrift Außerschulische Bildung. Zahlreiche Veröffentlichung zur Bildungsgeschichte, zum Selbstverständnis der außerschulischen politischen Bildung und zum historisch-politischen Lernen. Hendrik Harteman hat nach einer Ausbildung als Erzieher Sozialwesen an der Hochschule Wiesbaden studiert und arbeitet seit 2004 als Bildungsreferent. Angefangen hat die Tätigkeit in der historisch-politischen Bildung mit Workshops, Seminaren und Bildungsreisen für verschiedene Organisationen, unter anderen ARBEIT UND LEBEN, den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und die Landeshauptstadt Wiesbaden. Schwerpunkt war von Anfang an die Verknüpfung von Erinnerungskultur mit politischer Bildungsarbeit. Seit 2008 ist er im Aktiven Museum Spiegelgasse für deutsch-jüdische Geschichte in Wiesbaden angestellt und leitet die Jugendinitiative Spiegelbild. Hanna-Lena Neuser ist Politikwissenschaftlerin und Erwachsenenpädagogin. Seit 2015 leitet sie den Bereich Jugend & Europa an der Evangelischen Akademie Frankfurt. Sie ist u. a. für die Junge Akademie verantwortlich. Lena Wach promoviert am Zentrum für Demokratieforschung der Leuphana Universität Lüneburg, für das sie rund drei Jahre als Wissenschaftsmanagerin arbeitete. Dort war sie zudem als Lehrbeauftragte tätig und hatte ein Promotionsstipendium der Friedrich-Ebert-Stiftung inne. Benedikt Widmaier ist Direktor der Akademie "Haus am Maiberg" in Heppenheim und Mitglied der Journal-Redaktion. Tina Zapf studierte den Master "Moving Cultures – Transcultural Encounters" in Frankfurt/M. und Buenos Aires und arbeitet seit 2018 in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Förderverein PRO ASYL e. V. in Frankfurt/M. 2018 war sie Stipendiatin der Jungen Akademie Frankfurt, wo sie mit vier anderen jungen Frauen ein politisches Kunstprojekt durchgeführt hat.