Eigentümlich frei wird also 20 Jahre alt.
Anlässlich dieses Geburtstags der wohl liberalsten Zeitschrift, die Deutschland zu bieten hat, folgt man als Leser dem Journalisten und Bestseller-Autor Oliver Uschmann nun durch die Republik. Angesteuert werden hierbei die Adressen elf "eigentümlich
freier" Geister, die der Zeitschrift nahestehen und voneinander so unterschiedlich sind, wie man dies…mehrEigentümlich frei wird also 20 Jahre alt.
Anlässlich dieses Geburtstags der wohl liberalsten Zeitschrift, die Deutschland zu bieten hat, folgt man als Leser dem Journalisten und Bestseller-Autor Oliver Uschmann nun durch die Republik. Angesteuert werden hierbei die Adressen elf "eigentümlich freier" Geister, die der Zeitschrift nahestehen und voneinander so unterschiedlich sind, wie man dies wohl in keiner anderen politischen Subkultur vorfindet. Da treffen konservative Minimalstaatler auf radikale Anarchisten, gut betuchte Anwälte auf entspannte Biergartengänger und jugendliche Jetsetter auf Bürgerrechtlerinnen der DDR - was auch dazu führt, dass neben dem Politischen nahezu alles abgegrast wird, das es an Gesprächsthemen so gibt. Auch bei der stets durchschimmerden Weltsicht ist der gemeinsame Nenner überrascht klein - es ist, erwartungsgemäß, das Ideal der individuellen Freiheit. Wie weit darf man in diesem Unterfangen gehen, und wie viel Staat ist nötig, um sie zu beschützen? Oder handelt es sich hierbei, bei der Rede des "beschützenden Staates", schon um einen innerlichen Widerspruch? Die Antworten auf diese Frage sind ebenso vielfältig wie die Lebensläufe der Elf, was den ganz besonderen Charm dieses Buches ausmacht. Es ist weniger ein libertäres Grundsatzprogramm als vielmehr ein gelassenes Revoupassieren der letzten zwei Jahrzehnte.
Diese Distanz bringt es auch mit sich, dass gelacht werden kann, von den portraitierten Freiheitsfreunden ebenso wie dem Leser. Beispiel gefällig?
Uschmann: "Dann sind aus Ihrer Sicht die real existierenden Flickenteppiche von Clans, Stämmen und Warlords in den gescheiterten Staaten wie Afghanistan, Libyen oder dem Irak sogar noch besser als das Rechtsmonopol unserer Gesellschaft?"
Dürr: "Ja, sicher, zumindest weniger schlimm (..)"
Ein anderer Höhepunkt ist sicher das Gespräch mit dem ef-Lektor Ulrich Wille. Im "Alten Bahnhof Oberkassel" werden hier die Anfänge des Internets wieder ins Gedächtnis gerufen und es wird über mögliche Verbündete sinniert, die es im Kampf für die Freiheit geben kann. Dazu Wille mit gewohnter Nüchternheit: "Ich mag diese libertär-konservative Allianz auch nicht." Auch durchgespielt werden die Szenarien einer staatenlosen Gesellschaft, und das mit beachtenswertem Fingerspitzengefühl. Warum also Friedman oder Rothbard lesen, wenn man Wille hat?
Ein ganz besonderes Lob verdient sich auch Oliver Uschmann. Stets behält er die nötige Distanz zu seinen Gesprächspartnern, hinterfragt Prämissen und reichert die Gespräche mit humorvollen Monologen an. Wer seinen beruflichen Werdegang kennt, der weiß, dass die Gesprächsführung, die tatsächlichen Interviews, ohnehin über jeder Kritik stehen.
Alles in allem bietet dieses Buch seinem Leser einen facettenreichen Einblick in die libertäre Szene, die mit ihren Argumenten auch in Deutschland immer mehr Menschen anzieht. Menschen, die erst an der Oberfläche dieser Ideologie (oder besser: Nicht-Ideologie) gekratzt haben, werden sicher ebenso ihren Spaß haben wie eingefleischte Libertäre und ef-Abonnenten des ersten Tages. Was normalerweise in 400 Seiten umfassenden Werken zur Konzeption der Moral, zur Ökonomie oder der Kultur geschrieben wird, kommt hier kompakter daher, verständlicher und ist stets eingebettet ins joviale Gespräch.
Was soll man sagen? Fünf von fünf Sternen.