Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Politik - Internationale Politik - Thema: Deutsche Außenpolitik, Note: 1,0, Johannes Gutenberg-Universität Mainz (Institut für Politikwissenschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: 1989 war eines der seltenen, geschichtlich bedeutsamen Jahre europäischer Politik, dem man ohne Übertreibung das Prädikat "epochale Wende" verleihen kann. Mehr noch als zur Revolution von 1848, mit der die Ereignisse von 1989/90 des öfteren verglichen wurden, bestehen Parallelen zu 1789, 1918 und 1945, in denen ganze politische Systeme sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene grundlegende Veränderungen erfuhren. Denn im Gegensatz zu 1848 wurden die Menschen 1989 Zeugen einer fast gleichzeitigen, fundamentalen Machtveränderung in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft in Polen, der Tschechoslowakei, Ungarn, der DDR, Rumänien, Bulgarien sowie in Ansätzen bereits auch in der Sowjetunion. 1 Die Tatsache, daß im Vergleich zu den anderen Revolutionen nur die deutsche als "Frage" tituliert worden ist, zeigt sehr deutlich, daß es sich hierbei um ein Problem besonderer Komplexität und politischer Brisanz handelt. Die Bezeichnung "Frage" zeugt von einer tiefen Angst, einem fundamentalen Zweifel und einem schier unlösbaren Identitäts- und Strukturkomplex, der weit über das Instrumentale eines gewöhnlichen Problems hinausreicht. 2 Seit Jahrzehnten war außer Zweifel, daß der Schlüssel für eine Lösung der Deutschen Frage in der Sowjetunion lag, die einer deutschen Wiedervereinigung im Wege stand, auch wenn sie gelegentlich nicht ernsthaft gemeinte Initiativen in diese Richtung startete oder lancierte. Als dann am 9. November 1989 mit dem Fall der Berliner Mauer die Deutsche Frage auf die politische Tagesordnung rückte, löste dies bei den westeuropäischen Partnern Deutschlands nicht nur Freude aus. 3 Daß Moskau dem Zerfall der DDR nicht sehr frohmütig entgegnen und sich einer Deutschen Einheit vorerst versagen würde, überraschte niemanden; die Tatsache, daß die größten Bedenken gegen die Einheit jedoch in London und Paris vorgetragen wurden, dagegen schon. Der französische Staatspräsident François Mitterand hatte bei einem Besuch in Ost-Berlin Hans Modrow zur Fortsetzung der Existenz der DDR überreden wollen, während die britische Premierministerin Margaret Thatcher von London aus ebenfalls wenig freundliche Töne von sich gab. Es ist überaus bemerkenswert, daß ausgerechnet Frankreich und Großbritannien als enge Partner Deutschlands in Europa solch eine ablehnende Haltung einnahmen.
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