Der Klimawandel ist eine sehr große, ernste Bedrohung. Das wissen die meisten Menschen und wünschen sich strengere Maßnahmen von ihren Regierungen. Doch wenn es konkret wird, formiert sich Widerstand. Die Autorin und Energiemanagerin Marie-Luise Wolff erklärt, warum dies so ist. Als Insiderin der Energieszene legt sie dar, dass die Weltgemeinschaft die Klimaziele von Paris verfehlen wird. Stattdessen steuern wir ungebremst auf eine globale Erwärmung von +2,8 Grad zu - mit verheerenden Auswirkungen. Doch das Ausmaß der Klimarisiken ist noch nicht einmal annähernd kommuniziert worden, eine klare Krisenkommunikation ist eines der größten Versäumnisse aktueller Politik. Es muss endlich anerkannt werden, dass die bisher vereinbarten Regelungen nicht genügen. Für eine wirksame Klimapolitik ist es dringend notwendig, die Dinge endlich beim Namen zu nennen. Wolff entwirft einen konkreten Plan für eine rasche und radikale CO2 -Senkung, der nicht weniger als eine Renaissance des Freiheitsbegriffs einschließt.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.12.2023Ein Appell im Kampf gegen den Klimawandel
DARMSTADT In ihrem Buch plädiert Entega-Chefin Wolff dafür, in den Krisenmodus umzuschalten
Das Schreiben ihres dritten Buches "2,8 Grad - Endspiel für die Menschheit" hat nur wenige Wochen gedauert, aber das Thema beschäftigt Marie Luise-Wolff schon seit Jahrzehnten. In diesen Tagen, da in Dubai die Vertragsstaatenkonferenz der UN-Klimarahmenkonvention abgehalten wird, versetzt es sie geradezu in Rage. Denn im Wüstenstaat wird wohl wieder passieren, was die Vorstandsvorsitzende des Darmstädter Energieversorgers Entega, die zugleich Präsidentin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft ist, nicht mehr hinnehmen möchte. Dabei beschreiben dort Wissenschaftler und Vertreter einzelner Länder in klaren Worten den Zustand und vor allem die bedrückenden Zukunftsaussichten des vom Klimawandel gezeichneten Planeten. Dazu hört man viele mahnende Worte, sieht Staatsmänner mit besorgten Minen - und trotzdem wird die Menschheit wohl auch diesmal nicht in einen Klimakrisenmodus umschalten, wie ihn Wolff für geboten hält.
"Wir haben immer noch nicht begriffen, dass wir mit jedem Gramm CO2, das wir ausstoßen, den nächsten Generationen ein Stück Freiheit für mindestens tausend Jahre wegnehmen", empört sie sich in ihrem Buch und fordert darin Aufrichtigkeit und Klartext zur tatsächlichen Bedrohung des Planeten sowie ab sofort entschlossenes Handeln, um das "Klimaunheil", wie Wolff es nennt, wenn schon nicht mehr aufzuhalten, so doch abzumildern. Viel Zeit bleibe dafür nicht mehr.
Mäßigung lautet für Wolff das Gebot der Stunde, es müsse ein radikales Umdenken geben, um den Kohlendioxid-ausstoß so schnell und weit wie möglich zu senken. "Und auch wenn es immer wieder behauptet wird, dafür müssen wir nicht zurück in die Steinzeit", betonte sie bei einem Gespräch über ihr Buch im Westend-Verlag. Dieser hat zum dritten Mal einen Titel der Energiemanagerin herausgebracht.
Der Jahresbericht des Weltklimarates im März, die Erkenntnis, dass das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, nicht mehr erreichbar ist, und der Roman "Blue Skies" von T. C. Boyle, in dem die Natur sich gegen ihre Zerstörung zur Wehr setzt, seien Auslöser gewesen, sich wieder als Autorin zu betätigen, erzählt sie. Das war noch vor dem Sommer, in dem der Süden Europas von Dürren, Waldbränden und Überflutungen heimgesucht wurde. Das sei ein "kleiner Vorgeschmack" auf das gewesen, was kommen werde, sagt Wolff.
Sie zeichnet ein düsteres Bild vom Kommenden, erklärt aber auch die Vergangenheit, etwa die Entscheidung, beim Kampf gegen den Klimawandel auf Marktmechanismen und Freiwilligkeit zu setzen, für gescheitert. Europa müsse sich entschlossener ans Werk machen, sich Regeln und Verbote verordnen, um die großen Hebel zur CO2-Einsparung zu bedienen. Bis zum Jahr 2030 müsse mit der Kohleverstromung Schluss, 2035 das Ende der Nutzung fossiler Energieträger gekommen sein, die Mobilität müsse eine andere werden, Wegwerfplastik tabu sein, die Nutzung von mit hohem Energieaufwand hergestelltem Beton sollte reduziert werden und die Viehzucht auslaufen. Statt eine immer aufwendigere Infrastruktur zu errichten, müsse diese auf ein nützliches Maß zurückgestutzt werden.
Für den Weg dorthin plädiert Wolff für ein Zusammenwirken von Wissenschaft, Politik und Wirtschaft nach dem Vorbild der Gaspreiskommission, die im vergangenen Jahr die Maßnahmen zur Abwehr einer Mangellage erarbeitet hatte und in der auch sie saß. Solche Gremien bräuchte es für jeden Aspekt des Klimaschutzes, sagt Wolff, und hat noch Hoffnung: "Der letzte Winter hat gezeigt, dass wir es doch können." ing.
Marie-Luise Wolff: 2,8 Grad - Endspiel für die Menschheit, Westend-Verlag, 176 Seiten,
20 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
DARMSTADT In ihrem Buch plädiert Entega-Chefin Wolff dafür, in den Krisenmodus umzuschalten
Das Schreiben ihres dritten Buches "2,8 Grad - Endspiel für die Menschheit" hat nur wenige Wochen gedauert, aber das Thema beschäftigt Marie Luise-Wolff schon seit Jahrzehnten. In diesen Tagen, da in Dubai die Vertragsstaatenkonferenz der UN-Klimarahmenkonvention abgehalten wird, versetzt es sie geradezu in Rage. Denn im Wüstenstaat wird wohl wieder passieren, was die Vorstandsvorsitzende des Darmstädter Energieversorgers Entega, die zugleich Präsidentin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft ist, nicht mehr hinnehmen möchte. Dabei beschreiben dort Wissenschaftler und Vertreter einzelner Länder in klaren Worten den Zustand und vor allem die bedrückenden Zukunftsaussichten des vom Klimawandel gezeichneten Planeten. Dazu hört man viele mahnende Worte, sieht Staatsmänner mit besorgten Minen - und trotzdem wird die Menschheit wohl auch diesmal nicht in einen Klimakrisenmodus umschalten, wie ihn Wolff für geboten hält.
"Wir haben immer noch nicht begriffen, dass wir mit jedem Gramm CO2, das wir ausstoßen, den nächsten Generationen ein Stück Freiheit für mindestens tausend Jahre wegnehmen", empört sie sich in ihrem Buch und fordert darin Aufrichtigkeit und Klartext zur tatsächlichen Bedrohung des Planeten sowie ab sofort entschlossenes Handeln, um das "Klimaunheil", wie Wolff es nennt, wenn schon nicht mehr aufzuhalten, so doch abzumildern. Viel Zeit bleibe dafür nicht mehr.
Mäßigung lautet für Wolff das Gebot der Stunde, es müsse ein radikales Umdenken geben, um den Kohlendioxid-ausstoß so schnell und weit wie möglich zu senken. "Und auch wenn es immer wieder behauptet wird, dafür müssen wir nicht zurück in die Steinzeit", betonte sie bei einem Gespräch über ihr Buch im Westend-Verlag. Dieser hat zum dritten Mal einen Titel der Energiemanagerin herausgebracht.
Der Jahresbericht des Weltklimarates im März, die Erkenntnis, dass das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, nicht mehr erreichbar ist, und der Roman "Blue Skies" von T. C. Boyle, in dem die Natur sich gegen ihre Zerstörung zur Wehr setzt, seien Auslöser gewesen, sich wieder als Autorin zu betätigen, erzählt sie. Das war noch vor dem Sommer, in dem der Süden Europas von Dürren, Waldbränden und Überflutungen heimgesucht wurde. Das sei ein "kleiner Vorgeschmack" auf das gewesen, was kommen werde, sagt Wolff.
Sie zeichnet ein düsteres Bild vom Kommenden, erklärt aber auch die Vergangenheit, etwa die Entscheidung, beim Kampf gegen den Klimawandel auf Marktmechanismen und Freiwilligkeit zu setzen, für gescheitert. Europa müsse sich entschlossener ans Werk machen, sich Regeln und Verbote verordnen, um die großen Hebel zur CO2-Einsparung zu bedienen. Bis zum Jahr 2030 müsse mit der Kohleverstromung Schluss, 2035 das Ende der Nutzung fossiler Energieträger gekommen sein, die Mobilität müsse eine andere werden, Wegwerfplastik tabu sein, die Nutzung von mit hohem Energieaufwand hergestelltem Beton sollte reduziert werden und die Viehzucht auslaufen. Statt eine immer aufwendigere Infrastruktur zu errichten, müsse diese auf ein nützliches Maß zurückgestutzt werden.
Für den Weg dorthin plädiert Wolff für ein Zusammenwirken von Wissenschaft, Politik und Wirtschaft nach dem Vorbild der Gaspreiskommission, die im vergangenen Jahr die Maßnahmen zur Abwehr einer Mangellage erarbeitet hatte und in der auch sie saß. Solche Gremien bräuchte es für jeden Aspekt des Klimaschutzes, sagt Wolff, und hat noch Hoffnung: "Der letzte Winter hat gezeigt, dass wir es doch können." ing.
Marie-Luise Wolff: 2,8 Grad - Endspiel für die Menschheit, Westend-Verlag, 176 Seiten,
20 Euro.
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