In dieser Arbeit wurde erstmalig die 3D Imaging-Technik zur Aufklärung einer bimolekularen Reaktion eingesetzt. Durch den Einsatz einer neuartigen Untersuchungsmethode gelang es, die vollständige Geschwindigkeitsvektorenverteilung der in der Reaktion von O(1D) mit N2O gebildeten NO(v,J)-Moleküle selektiv für einzelne Quantenzustände zu bestimmen. Aus den auf diese Weise gewonnenen Informationen über die Verteilung der kinetischen sowie inneren Energie kann auf den dabei ablaufenden Mechanismus geschlossen werden. Die im Rahmen dieser Arbeit entwickelte und apparativ umgesetzte 3D Velocity Mapping- Technik zeichnet sich durch die bekannten Vorteile des 3D Imagings, auf dessen Grundlage sie basiert, aus. So erfolgt der Nachweis der Reaktionsprodukte massenspektrometrisch nach
resonanzverstärkter Multiphotonenionisation, wodurch sich eine zustands- und massenselektive Detektion mit einer Nachweiswahrscheinlichkeit nahe Eins ergibt. Da die Bestimmung der Geschwindigkeitsvektoren direkt erfolgt, entfällt die Notwendigkeit eines fehlerbehafteten Rekonstruktionsalgorithmus. Des Weiteren ist die innere Energie der Edukte durch den Einsatz der Molekularstrahltechnik festgelegt, wodurch die Energiebilanz des Systems zugänglich wird. Die Anwendung der 3D Imaging-Technik auf reaktionsdynamische Fragestellungen konnte durch die Weiterentwicklung der Methode erreicht werden. Zu den wichtigsten Erweiterungen zählen die neuartige Signalauswertung, die das System um Multi-Hit-Fähigkeit erweitert, und die Integration einer gepulsten Molekularstrahldüse, die den für die Bildung des Reaktandenpaars
notwendigen Dichtebereich zugänglich gemacht hat. Ebenso musste ein zweites Lasersystem zur Initialisierung der Reaktion sowie eine Möglichkeit zur exakten Positionierung des entsprechenden Anregungsvolumens integriert werden. Eine weitere zur Charakterisierung der Reaktion unerlässliche Optimierung besteht in der durch den Einsatz einer Ionenoptik erreichten Auslösungsverbesserung. Um die einzelnen Komponenten zu charakterisieren wurde eine Vielzahl von Voruntersuchungen
durchgeführt: Anhand von Photodissoziationexperimenten mit verschiedenen
Trägergasen wurde die Qualität des Molekularstrahls sowie die Homogenität des TOF-
Beschleunigungsfeldes charakterisiert. Weiterhin wurden diese Versuche genutzt, um die optimalen Parameter zum Betrieb des Gesamtsystems zu ermitteln. Beispielhaft seien hier die Synchronisation der gepulsten Molekularstrahldüse sowie die Optimierung der in der neu entwickelten Analysesoftware verwendeten Parameter genannt.
Des Weiteren wurden Photodissoziationsexperimente zur Charakterisierung der Ionenlinse durchgeführt. Anhand der Fragmentierung von HCl konnte bestätigt werden, dass der Detektionsort eines Ions im Velocity Mapping-Modus ausschließlich von dessen Geschwindigkeitsvektor abhängig ist, die Position des Teilchens zum Zeitpunkt der Ionisation also keinen Einfluss hat. Wie gezeigt werden konnte, führt die auf diese Weise erreichte Kompensation des endlichen Anregungsvolumens zu einer signifikanten Erhöhung der Auflösung. Die Charakterisierung der bimolekularen Reaktion von O(1D) mit N2O konnte durch eine Vielzahl von Messungen erfolgreich durchgeführt werden. Die Rotationsanregung der gebildeten NO-Produkte in Abhängigkeit von ihrem Schwingungszustand konnte durch die Aufnahme der entsprechenden Spektren erreicht werden. Auf diese Weise gelang es auch, die Bildung von Produkten in den Niveaus v = 0,3,4,5,7 eindeutig zu bestätigen. Unter Berücksichtigung der entsprechenden Frank-Condon-Faktoren lässt sich aus den relativen Intensitäten für die verschiedenen Schwingungsübergänge der Schluss ziehen, dass v = 0 im Vergleich zu den höheren Zuständen wesentlich stärker populiert ist. Durch eine Reihe von 3D-Messungen wurden die Produktgeschwindigkeitsvektoren im Laborkoordinatensystem für einzelne rovibronische Zustände bestimmt. Die daraus ermittelten dreidimensionalen Verteilungen zeigen keine Anisotropie und unterscheiden sich, genau wie die aus ihnen extrahierten Geschwindigkeitsverteilungen, für die einzelnen Zustände nur sehr wenig. Vergleichsmessungen mit signifikant höheren Pulsenergien der Dissoziationswellenlänge ermöglichten es, eine zweite Geschwindigkeitsverteilung nichtresonanter Produktzustände zu bestimmen. Durch die Kombination der einzelnen Ergebnisse gelang es, einen Reaktionsmechanismus für die Reaktion von O(1D) mit N2O in der "constrained geometry" des Reaktandenpaars zu bestimmen. Die bei dem vorgeschlagenen Stripping-Mechanismus auftretende Vorwärts-/ Rückwärtsstreuung der NO-Produkte führt zu den gleichen Ergebnissen wie die Transformation der experimentell bestimmten Geschwindigkeitsvektorenverteilung vom Labor- in das
Schwerpunktskoordinatensystem. Sowohl die isotrope Produktverteilung als auch die
ermittelte Geschwindigkeitsverteilung für die resonanten Schwingungszustände stimmen mit den Erwartungen für diesen Reaktionsablauf überein. Eine nach dem Monte-Carlo Verfahren durchgeführte Simulation konnte durch die sehr gute Übereinstimmung mit den experimentellen Daten die Gültigkeit des vorgeschlagenen Modells bestätigen.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die im Rahmen dieser Arbeit entwickelte Untersuchungsmethode des 3D Velocity Mappings erfolgreich auf reaktionsdynamische Fragestellungen angewendet werden kann. Die Versuche zur Charakterisierung der einzelnen Komponenten zeigten, dass die Leistungsfähigkeit der Methode für Photofragmentationen in allen Bereichen über der des 3D Imaging liegt, während bimolekulare Reaktionen erst durch die neue Methode zugänglich geworden sind. Die erfolgreiche Charakterisierung der untersuchten Reaktion ist ein Beweis für die Fähigkeit der 3D Velocity Mapping-Technik, bimolekulare Reaktionen unter definierten Bedingungen zu induzieren und die dabei entstehenden Produkte sowohl hinsichtlich ihrer rovibronischen Anregung als auch bezüglich ihrer Winkel- und Geschwindigkeitsverteilung und somit vollständig zu untersuchen.
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