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Restrictions on academic freedom, persecution and armed conflict have forced many scholars into exile. So far, the professional trajectories of these scholars and their contributions to knowledge exchange have not been studied comprehensively. The contributors to this volume address the situations and networks of scholars in exile, the challenges they face in their host countries and the opportunities they use. These issues are highly relevant to discussions about the moral economies of higher education institutions and support programs. Although the contributions largely focus on Germany as a…mehr

Produktbeschreibung
Restrictions on academic freedom, persecution and armed conflict have forced many scholars into exile. So far, the professional trajectories of these scholars and their contributions to knowledge exchange have not been studied comprehensively. The contributors to this volume address the situations and networks of scholars in exile, the challenges they face in their host countries and the opportunities they use. These issues are highly relevant to discussions about the moral economies of higher education institutions and support programs. Although the contributions largely focus on Germany as a host country, they also offer telling examples of forced mobility in the Global South, including both contemporary and historical perspectives.
Autorenporträt
Vera Axyonova is a Marie Curie REWIRE fellow at the University of Vienna and principal investigator of the project »Expert Knowledge in Times of Crisis«. Previously, she worked in research, science management and policy consulting. She is co-founder of the ECPR Research Network on Statehood, Sovereignty and Conflict. Her research interests include expert knowledge production, international conflict management and norm transfer as well as the role of civil society actors in policy processes, focusing mainly on the post-Soviet space. Florian Kohstall (Dr.) heads the Global Responsibility Unit at the Center for International Cooperation at Freie Universität Berlin. In 2016, he founded Academics in Solidarity, a transnational peer-to-peer mentoring program for displaced scholars. Since 2020, he is responsible for the Berlin Center for Global Engagement, the platform of the Berlin University Alliance. From 2010 to 2015 he directed Freie Universität Berlin's Cairo Office. His research focuses on varieties of internationalization and the politics of higher education reform in the Middle East and North Africa. He has taught political science in Aix-en-Provence, Cairo and Lyon. He is a former research fellow of CEDEJ, the French research center in Cairo, and an alumnus of AGYA, the Arab-German Young Academy of Sciences and Humanities. His recent publications include: "Academics in Exile: Networks, Knowledge Exchange and New Forms of Internationalization", co-edited with Vera Axyonova and Carola Richter, transcript 2022. Carola Richter is a professor for international communication at Freie Universität Berlin. In her research, she focuses on media systems and communication cultures in the MENA region (Middle East and North Africa), foreign news coverage, media and migration as well as on public diplomacy. She is the co-founder of AREACORE, the Arab-European Association of Media and Communication Researchers, and director of the Center for Media and Information Literacy (CeMIL) at Freie Universität Berlin.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Claus Leggewie entdeckt den Kosmopolitismus akademsicher Lehre und Forschung in dem von V. Axyonova, F. Kohstall und C. Richter herausgegebenen Band. Allerdings muss er sich erst durch die wenig rosigen Erfahrungsberichte von Exilautoren und die Fallstudien über die indonesische, die türkische oder die syrische Diaspora lesen. Letztere lehren ihn die Mühen des Exil-Alltags, aber auch, wie schwierig sich das akademische Milieu mitunter tut, sich Geflüchteten zu öffnen. Dass es dennoch auch anders geht, davon erzählt im Band etwa ein Text von Nahed Ghazzoul über akademische Netzwerke zwischen Syrien, Jordanien, Libanon und der Türkei, freut sich Leggewie.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.02.2023

Die wissenschaftliche Gemeinschaft hat ihre Tücken
Es muss nicht Harvard, London oder Berlin sein: Ein international angelegter Sammelband über die Erfahrungen exilierter Akademiker

Weltweit beschränken Autokraten und Diktatoren die Freizügigkeit von Studierenden und Forschenden. Freie Geister werden diffamiert und eingesperrt, außer Landes verwiesen und ermordet; zuletzt hat der nationalistische Wahn russische Forschungseinrichtungen gepackt und Hunderte ukrainischer Forscher ins Exil getrieben. Diese Zwangsmobilisierung führt zu dem Paradox, dass die internationale Freizügigkeit verfolgter Wissenschaftler die im eigenen Land verweigerte Freiheit kompensiert - um den Preis, den exemplarisch der aus Palästina in die USA emigrierte Edward Said benannt hat: "Das Exil ist seltsam fesselnd, wenn man darüber nachdenkt, aber schrecklich, wenn man es erlebt. Es ist der unheilbare Riss, der sich zwischen einem Menschen und seinem Heimatort auftut, zwischen dem Selbst und seiner wahren Heimat: Seine wesentliche Traurigkeit kann nie überwunden werden. In Literatur und Geschichte werden heroische, romantische, glorreiche und sogar triumphale Episoden im Leben eines Exilanten erzählt, aber das sind nur Versuche, den lähmenden Schmerz der Entfremdung zu überwinden."

Das Zitat könnte ein Motto für die Fallstudien in dem Sammelband "Academics in Exile" sein. Historische Erfahrungen in den USA und der Türkei schildern darin Azade Seyhan, Rika Theo/Maggi W.H. Leung den weniger bekannten Fall der 1965 ins Exil getriebenen Indonesier. Die privilegierte Aufnahme, die liberale Gesellschaften vertriebenen Akademikern in diversen Programmen bieten, wird dadurch getrübt, dass sie "einfachen Migranten" mit oftmals schwererem Schicksal verweigert wird. Aber auch sie bleibt stets prekär, wie aktuelle Überlegungen der Europäischen Union zeigen, aus der Ukraine geflüchteten Studierenden aus dem globalen Süden den dauerhaften Aufenthalt zu erschweren; "Drittstaatler" aus sicher eingestuften Herkunftsländern haben keinen Anspruch darauf beziehungsweise können die monetären Sicherheiten kaum aufbringen.

Ein Lehrstück war die "Academy in Exile", die nach der Radikalisierung des Erdogan-Regimes 2016 in mehreren Varianten für türkische Akademiker in Deutschland ins Leben gerufen wurde, wie die Beiträge von Ergün Özgür und Olga Hünler zeigen. So generös und engagiert deren Aufnahme war, so beschwerlich und zeitaufwendig sind die "Niederungen" des Exils mit Anmeldung, Krankenversicherung, Sozialhilfe, Wohnungssuche Kinderbetreuung und so fort, die in den Berichten über historische Vorbilder (wie dem deutsch-jüdischen Exil nach 1933) meist in Randbemerkungen versteckt blieben. Am Exil gab und gibt es nichts zu heroisieren, ein gleiches Schicksal führt hier zu solidarischer Gemeinschaft und dort zu elenden Kleinkriegen und Beziehungsdramen. Exil ist eine "Wasserscheide", wie die Autoren auch an Exilierungen nach dem Scheitern des "Arabischen Frühlings" und, sonst kaum einmal thematisiert, aus Venezuela bis zu jüngsten Fällen aus Belarus und der Ukraine demonstrieren.

Der springende Punkt ist die mehr oder weniger große Bereitschaft des akademischen Milieus in den Aufnahmeländern, die sich Geflüchteten öffnen, sie aber möglichst in ihr business as usual einfügen, ohne sich selbst angesichts menschlicher Traumata und professioneller Katastrophen groß verändern zu wollen. Am niederländischen Beispiel zeigen Lizzy Anjel-van Dijk und Maggi Leung den Zusammenprall der akademischen Standards in Ländern des "globalen Südens" (und Ostens) mit einem neoliberalen, auf Exzellenz und Konkurrenz gepolten Universitätssystem angloamerikanischer und nordwesteuropäischer Provenienz. Im Zweifel kommen da viele Exilierte nicht mit oder unterziehen sich einer Anpassung, die eine Rückkehr in die Heimatinstitute erschwert oder ausschließt. Das Gefälle spiegelt nicht unbedingt tatsächliche Qualifikationsunterschiede, eher das Anlegen einseitiger Maßstäbe an einen respektablen und per se internationalen Wissens- und Erfahrungsschatz, den vertriebene Forscher mitbringen. Oft bilden sie, mit kurzfristigen Zeitverträgen alimentiert, exotisch-akademische Reservearmeen und befördern ungewollt unerwünschten "brain drain", der die asymmetrischen Nord-Süd-Beziehungen strukturell kennzeichnet (Asli Vatansever). Und anders als die idealisierte Gelehrtenrepublik von einst ist die heutige globale "scientific community" in aller Regel hochgradig spezialisiert, dezidiert unpolitisch und wenig gesellig.

Aber es geht auch anders. Über das temporäre Exil können sich dauerhafte Netzwerke über die ökonomisch-kulturelle Kluft hinweg bilden, bestenfalls dringen "südliche" epistemische Elemente so selbstverständlich in den Norden vor wie bisher in umgekehrter Richtung. Es bilden sich "dritte", selbstorganisierte Orte und Räume, an denen Exilierte Wissen archivieren und lebendig halten, das sonst auf der Flucht und in der Fremde verloren zu gehen drohte. Die in der Türkei entstandene Off-University, die am historischen Exil-Ort an der New Yorker New School entstandene New University in Exile Consortium und das Mapping Funds Project werden von Asli Telli als Modelle für eine stärkere Süd-Süd-Kooperation genannt. Das Ziel muss nicht Harvard, London oder Berlin sein. Nahed Ghazzoul beschreibt Netzwerke von "academics at risk" aus Syrien in den Nachbarländern Jordanien, Libanon - und in der Türkei.

Nur in autonomen Netzwerken kann die brutale Zäsur ansatzweise überwunden werden, die das oft von einem auf den anderen Tag erfolgte Exil für jeden Geflüchteten darstellt, dem damit die eigene Endlichkeit vor Augen steht. Akademische Arbeit ist im Normalfall auf Kontinuität ausgerichtet, was schon der tiefere Sinn des von Kaiser Barbarossa verliehenen Scholarenprivilegs (Authentica habita) im 12. Jahrhundert war, auf dem die europäischen Universitäten aufbauten. In den Routinen dieser Institution wurde eine interpersonale und transgenerationelle Übergabe möglich; heute wäre es gut, wenn Universitäten ihren Normalmodus reflektieren und den Ausnahmezustand bedenken, der in angedrohten oder vollzogenen Einschränkungen akademischer Freiheit auch in Europa und Nordamerika bemerkbar wird. Nur dann bleibt der in akademischer Forschung und Lehre angelegte Kosmopolitismus real. Der vorliegende, im akademischen Englisch nicht leicht zu lesende Sammelband ist dank seiner migrantischen und Exilautorinnen selbst ein gutes Beispiel dafür. CLAUS LEGGEWIE

"Academics in Exile". Networks, Knowledge Exchange and New Forms of Internationalization.

Hrsg. von V. Axyonova, F. Kohstall, C. Richter. transcript Verlag, Bielefeld 2022. 278 S., br., 34,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Besprochen in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.02.2023, Claus Leggewie Perlentaucher - Bücherschau des Tages, 03.02.2023