Jacob Taubes, 1923 in Wien geboren und 1987 in Berlin verstorben, der heute weltweit als "Religionsphilosoph" gilt, ist wohl richtiger als Judaist und Religionssoziologe zu bezeichnen. Seinem großen Freundes- und Bekanntenkreis war er vor allem ein kritischer Diskussionspartner und eine unerschöpfliche Quelle von Hinweisen und Anregungen. Taubes dachte fast durchgängig in (absoluten) Gegensätzen - von Antipoden her und auf sie hin, und betrachtete seit den Baseler und Züricher Studientagen Carl Schmitt als seinen Feind "par excellence" und dieser für ihn eine geradezu magische Anziehungskraft hatte. Im ersten der hier vorgelegten Essays von Richard Faber, der von Taubes promoviert wurde und Anfang der 1980er Jahre sein Hochschulassistent war, hat die Rolle des Antipoden der (gleich Schmitt) konservativ-revolutionäre Hans-Joachim Schoeps. Stand dieser für eine schöpfungstheologische "Theokratie von oben", so steht der bekennende Antinomist Taubes für eine messianische "Theokratie von unten". Neben dem Essay "Walter Benjamin und das 'Vater unser'", in dem es implizit um eine Auseinandersetzung mit Gershom Scholem geht, mit dem er seit dem Bruch in den frühen 50er Jahren in einem Dauerzwist lebte, legt Faber den Essay "Moderne Gnosis" vor. In ihm zeigt er, dass für Taubes noch in seinen gleichsam testamentarischen Heidelberger Vorlesungen zu Paulus (einem seiner Lieblingsthemen) dieser in aller Regel nur der Deckname für den "Erzketzer Marcion ist - und dieser für ihn der wahre "Apostel". Faber schließt den Band mit einer Sammlung politisch-religiöser Witze "Das ist die Synagoge, in die ich nicht gehe" - im Sinne von Jacob Taubes: die ich gerade deshalb benötige, um mich zu identifizieren, zu definieren und von meinen Feinden abzugrenzen.
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