Ehrlich gesagt, hat es etwas gedauert, mit dem Text warm zu werden. Doch dies hat sich gelohnt. Denn die Geschichte ist hoch aktuell wie brisant.
Worum geht's?
Der Wiener Werbetexter Adrian Keller erschafft im Auftrag seiner Firma die Werbefigur Max Beier. Dieser ist der geborene Karrierist und
ein Digital Native. Dementsprechend gibt es für ihn nur ein Leitmotiv, nämlich höher, schneller,…mehrEhrlich gesagt, hat es etwas gedauert, mit dem Text warm zu werden. Doch dies hat sich gelohnt. Denn die Geschichte ist hoch aktuell wie brisant.
Worum geht's?
Der Wiener Werbetexter Adrian Keller erschafft im Auftrag seiner Firma die Werbefigur Max Beier. Dieser ist der geborene Karrierist und ein Digital Native. Dementsprechend gibt es für ihn nur ein Leitmotiv, nämlich höher, schneller, weiter. Adrian überblickt die Wirkmacht dieser Kampagnenfigur auf sein eigenes, fast schon spießiges Leben anfangs nicht. Und so lässt er sich auf das Abenteuer ein, sieben Tage, abgeschottet von der Außenwelt, in einem Smart Home zu verbringen, um sich dort für neue Werbefilme mit Max Beier inspirieren zu lassen. Ein waghalsiges Unterfangen, dass Adrian bald mit seiner eigenen Identität hadern lässt.
Meinung
Angelika Stallhofers Prosawerk "Adrian oder die unzählbaren Dinge" bietet dem literarisch feinsinnigen Leser allerhand Grund zur Freude. Denn einerseits ist die Sprache reich an poetischen Bildern sowie Metaphern und andererseits wechselt die Szenerie kontinuierlich. Auf den insgesamt 192 Buchseiten wird kaleidoskopartig auf Adrians Leben geschaut. Der Ich-Erzähler und Hauptprotagonist ist ein fleißiger Charakter, der seine Freundin Anna für ihre Fabulierkunst bewundert. Die Schriftstellerin kämpft wie er täglich ums richtige Wort. Doch gemeinsame Zeit ist rar gesät und beschränkt sich nur auf wenige Stunden bzw. Chats. Zudem muss sich Adrian auch noch um seinen ungeliebten Vater kümmern, dessen Heimkosten er bezahlt. Kurzum, Adrians Leben ist festgefahren. Die Figur Max Beier und die anschließende Einsiedelei im Smart Home bietet ihm ungeahnte Möglichkeiten zu sich selbst zu finden. Doch wer ist Adrian Keller wirklich? Was folgt, ist ein Verwirrspiel aus Realität und Illusion, dem Adrian auf der Stelle erliegt. Denn der vermeintliche Freund kann sich später auch als windiger Spion entpuppen.
Mich hat vor allem die Stärke der Sprache, die in diesem Roman wie eine Waffe gebraucht wird (vgl. Kurt Tucholsky), beeindruckt. Stallhofers literarische Kennerschaft und ihre poetische Ader mochte ich auf Anhieb. Obgleich ich mit dem Plot zu Beginn zu kämpfen hatte, nahm er mich gefangen und führte dazu, dass ich das Buch nicht weglegen konnte. Dies lag auch an der aktuellen Thematik. Denn die negativen Auswirkungen der digitalen Medien auf unser selbstbestimmtes Leben sind m. E. nicht zu unterschätzen. Wer sich willfährig alles nur noch von Computern abnehmen lässt, der wird weichgespült und der eigenen Handlungsmacht beraubt (s. Adrian). Dementsprechend verstehe ich diese z. T. recht surreale Lektüre als Warnung für das eigene Leben. Darüber hinaus fand ich die Einbindung des Covers - Botticellis "Frühling" in Puzzleform - in die Handlung sehr gelungen und reizvoll. Alles in allem hat Stallhofer nicht nur damit guten Geschmack bewiesen.
Fazit
Ein literarisch anspruchsvolles Werk, das herausfordert und nicht mehr loslässt.