Politische Kommunikation ist immer auch ästhetische Kommunikation. Das Ästhetische ist die "Machart", in der sich das, was als politisch verstanden werden soll, zeigt, zeigen muss. Ohne das Ästhetische geht es also nicht. Es ist keinesfalls nur die schöne Fassade des Politischen. Wolfgang Braungart formuliert dazu 14 Thesen und erläutert sie an Beispielen, die von der Antike bis in die politische Gegenwart reichen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.07.2012Politik sondieren
Zahllose Texte zum Verhältnis von Ästhetik und Politik sind einseitige Manifeste, die sich um die Widersprüche und Unwägbarkeiten ihres Untersuchungsgegenstands recht wenig kümmern. Wolfgang Braungarts Buch ist da ein glücklicher Sonderfall. In vierzehn systematisch angelegten Thesen leistet Braungart eine vorsichtige und ideologiefreie Sondierung des thematischen Terrains. Politisch sei all das, so die Grundannahme, "was in kommunikativen Prozessen als politisch gilt". Das Ästhetische wiederum sei die "Machart" politischer Kommunikation und als solche weit mehr als "die bloße Außenseite des Repräsentierten". Eine festgezurrte, allgemeingültige Ästhetik des Politischen gebe es jedoch nicht, denn das "Politische tritt immer nur in konkreter geschichtlicher ,Gestalt' auf". Braungart weiß um die Schwierigkeiten seines Unternehmens: Politische Systeme sind auf die Dimension ästhetischer Erfahrbarkeit angewiesen. Jede ästhetische Erfahrung ist allerdings immer subjektiv und niemals vollständig durch Begriffe einholbar. Deswegen nähert sich Braungart seinen findig gewählten Beispielen mit tastender Behutsamkeit, nicht mit apodiktischer Rechthaberei. Dabei lautet das Credo: Im Detail steckt der Unterschied ums Ganze. Eine politische Botschaft geringfügig anders sagen heißt: eine andere politische Botschaft sagen. Der Individualität des einzelnen Phänomens, seinen Paradoxien und Widerständigkeiten, gilt hier das uneingeschränkte Interesse. So entstehen keine überzeitlichen Wahrheiten, wohl aber solide Interpretationen, die obendrein gut lesbar und heuristisch anregend sind. (Wolfgang Braungart: "Ästhetik der Politik, Ästhetik des Politischen". Ein Versuch in Thesen. Wallstein Verlag, Göttingen 2012. 190 S., br., 9,90 [Euro].)
span
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Zahllose Texte zum Verhältnis von Ästhetik und Politik sind einseitige Manifeste, die sich um die Widersprüche und Unwägbarkeiten ihres Untersuchungsgegenstands recht wenig kümmern. Wolfgang Braungarts Buch ist da ein glücklicher Sonderfall. In vierzehn systematisch angelegten Thesen leistet Braungart eine vorsichtige und ideologiefreie Sondierung des thematischen Terrains. Politisch sei all das, so die Grundannahme, "was in kommunikativen Prozessen als politisch gilt". Das Ästhetische wiederum sei die "Machart" politischer Kommunikation und als solche weit mehr als "die bloße Außenseite des Repräsentierten". Eine festgezurrte, allgemeingültige Ästhetik des Politischen gebe es jedoch nicht, denn das "Politische tritt immer nur in konkreter geschichtlicher ,Gestalt' auf". Braungart weiß um die Schwierigkeiten seines Unternehmens: Politische Systeme sind auf die Dimension ästhetischer Erfahrbarkeit angewiesen. Jede ästhetische Erfahrung ist allerdings immer subjektiv und niemals vollständig durch Begriffe einholbar. Deswegen nähert sich Braungart seinen findig gewählten Beispielen mit tastender Behutsamkeit, nicht mit apodiktischer Rechthaberei. Dabei lautet das Credo: Im Detail steckt der Unterschied ums Ganze. Eine politische Botschaft geringfügig anders sagen heißt: eine andere politische Botschaft sagen. Der Individualität des einzelnen Phänomens, seinen Paradoxien und Widerständigkeiten, gilt hier das uneingeschränkte Interesse. So entstehen keine überzeitlichen Wahrheiten, wohl aber solide Interpretationen, die obendrein gut lesbar und heuristisch anregend sind. (Wolfgang Braungart: "Ästhetik der Politik, Ästhetik des Politischen". Ein Versuch in Thesen. Wallstein Verlag, Göttingen 2012. 190 S., br., 9,90 [Euro].)
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